Samstag, 14. April 2007

Blumfeld, Köln, 13.04.07

Konzert: Blumfeld
Ort: Bürgerhaus Stollwerck Köln
Datum: 13.04.2007
Zuschauer: randvoll

Wahrscheinlich hätte ich mir keine Karte für Blumfeld in Köln gekauft, wenn es nicht die Abschiedstournee der Hamburger Band wäre, die sie heute ins Bürgerhaus Stollwerck geführt hat. Ich mag Blumfeld lange schon, höre auch immer wieder ihre ausgezeichnete Musik, hätte aber vermutlich gedacht, die kannst Du irgendwann noch mal sehen, zur Zeit gibt es Spannenderes.

Eine Mischung aus Torschlußpanik und Katastrophentourismus ließ mich dann aber doch frühzeitig eine Karte bestellen, eine gute Idee, denn das Stollwerck war sehr schnell sehr voll.

Im Saal war der Bühnenaufbau bereits abgeschlossen und alles deutete darauf hin, daß keine Vorgruppe auftreten würde. Und so sollte es dann auch sein. Gegen neun kamen die Bandmitglieder im Saal an, um halb zehn traten Jochen Distelmeyer und Kollegen auf die Bühne, die dankenswerterweise wieder nicht durch Gitter geschützt war. Das war aber auch vollkommen unnötig, denn das Publikum war gereifteren Alters und alles andere als auf Krawall gebürstet. So war das nämlich vermutlich auch mein erstes größeres Konzert, bei dem viele der Besucher Rotwein tranken, den es an den beiden Theken im Stollwerck gab.

Ich hatte nichts Näheres über die Gründe der kommenden Auflösung der Lieblingsband aller deutschen Musikkritiker gelesen, hatte aber vermutet, daß solche Auflösungen meist nach Streitereien in Bands erfolgen. Das Verhalten der vier Bandmitglieder (Sänger Distelmeyer, Bassist Precht, Keyboarder Albrecht und Schlagzeuger Rattay) ließ allerdings auch nicht ansatzweise auf Streit schließen. Alle vier wirkten ausgesprochen fröhlich, besonders Jochen Distelmeyer und Lars Precht schienen viel Spaß zu haben und grinsten sich permanent an. Jochen Distelmeyer vergaß aber nicht, deutlich darauf hinzuweisen, daß wir alle aus einem traurigen Grund heute da seien, uns Blumfeld aber auf Platte erhalten bleibe. Allerdings sagte er auch irgendwann: [...] "sollte das die letzte Blumfeldtour sein"... Also, wer weiß, was da noch kommt.

Wie unglaublich viel Talent in der Musik der Hamburger steckt, wurde heute
eindrucksvoll klar. Distelmeyers einprägsame Stimme und die darauf abgestimmte Musik erzeugen allerbesten Indiepop, den ich in einem Atemzug mit beispielsweise Sufjan Stevens nennen würde.

Das reguläre Set bestand aus 15 Titeln aus allen Phasen der Band, von "Draußen auf Kaution" bis "Tics". Besonders gut kamen meiner Meinung nach "Diktatur der Angepaßten" und "Armer Irrer" an. Vor "Armer Irrer" (wie auch in anderen Pausen)
brüllten Leute ununterbrochen Titelwünsche, was Jochen Distelmeyer grinsend die Stimmpausen verfluchen ließ!

Daß das heute keine lästige Pflicht für die Band sein würde, war schnell klar. Also hatte auch niemand Bedenken, daß es keine Zugaben geben könnte. Die Band tauchte auch schnell wieder auf, um dann insgesamt neun (!) zusätzliche Lieder in zwei Zugaben zu spielen, eigentlich also ein zweites Konzert direkt im Anschluß. Bei "Graue Wolken", Lied 20
immerhin, sagte Distelmeyer, er sei jetzt warmgespielt... Später, bei einer der letzten Zugaben, war ihm allerdings schon so warm, daß der immer wieder kurz auftretende zusätzliche Gitarrist (und Gitarrenstimmer) ihm während des Stücks den Schweiß von der Stirn wischte!

Die erste Zugabe endete mit "Verstärker" und den Zeilen: "Everytime we say goodbye, I die a little bit." Ein so trauriges Ende hätte dem Konzert aber vollkommen
widersprochen, also kamen noch zwei zusätzliche Lieder, "Schmetterlings Gang" und "Die Welt ist schön". Und ja, die Welt war heute abend im Bürgerhaus Stollwerck schön. Sehr schön sogar.

Ich wäre ein Idiot gewesen, hätte ich das verpaßt. So dachten das sicher auch die zahlreichen Zuschauer, u.a. Visions Chefredakteur Carsten Schumacher. 135 Minuten Konzert, eine Band die sich zweimal verbeugend aber auch klatschend von ihrem Publikum verabschiedete, "Danke" und "Kommt wieder" Rufe aus dem Saal, es war ein feierlicher und sehr würdiger Abschied. Aus einem traurigen Anlaß wurde etwas, was die Leute guter Laune nach Hause gehen ließ. Zuletzt habe ich so etwas im Mai 1998 auch in Köln erlebt. Da stieg der 1. FC Köln vor feiernden Fans und Trude Herrs "Niemals geht man so ganz" erstmals ab...


Mehr Fotos hier.

Setlist Blumfeld:

01: Draußen auf Kaution
02: Mein System kennt keine Gnade
03: 2 oder 3 Dinge, die ich von Dir weiß
04: Weil es Liebe ist
05: Ich - Wie es wirklich war
06: Tics
07: Der Apfelmann
08: Wir sind frei
09: Eintragung ins Nichts
10: In der Wirklichkeit
11: Armer Irrer
12: Der Sturm
13: Sonntag
14: Die Diktatur der Angepaßten
15: So lebe ich

16: Tausend Tränen tief (Z)
17: Immer wieder Liebeslieder (Z)
18: Penismonolog (Z)
19: Zeittotschläger (Z)
20: Graue Wolken (Z)
21: Kommst Du mit in den Alltag? (Z)
22: Verstärker (Z)

23: Schmetterlings Gang (Z)
24: Die Welt ist schön (Z)

Last Chance to see:

16.04.07: Frankfurt
17
.04.07: Heidelberg
18
.04.07: Freiburg
20
.04.07: Konstanz
21
.04.07: Dornbirn (A)
25
.04.07: München
29
.04.07: Berlin
30
.04.07: Berlin
20.05.07: Würzburg
24.05.07: Hamburg
25.05.07: Hamburg



2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Ja, sehr gutes Konzert von Blumfeld. Der zusätzliche Gitarrenstimmer war übrigens Thomas Wenzel von "Die Sterne".

Christoph hat gesagt…

Ah, ok! Vielen Dank!

 

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