Montag, 7. Januar 2008

Konzerte des Jahres 2007 (Oliver) : Top 20


Alle Versuche, meine Lieblingskonzerte des Jahres wie Christoph auf 15 zu reduzieren, sind gescheitert, da es einfach zu viele erwähnenswerte Gigs gab (sorry Partner!). Hier also meine Auswahl:

Platz 20: The Twang (La Boule Noire, Paris):

Wenn eine Band, die in England oft vor mindestens 3000 Zuschauern auftritt, in Paris vor 30 Leuten ebensoviel Spielfreude vermittelt wie in ihrer Heimat, sagt das schon eine Menge über den Enthusiasmus der hochsympathischen Proleten aus Birmingham aus. Die Newcomer, die in Großbritannien alle bedeutenden Festivals gerockt haben, waren auch beim Festival des Inrocks nicht zu stoppen und hüpften zu später Stunde vor wenigen, aber dafür einsatzfreudigen Fans wie kleine hyperaktive Jungen durch die Gegend und schnorrten sich von den anwesenden Musikerkollegen von Hard-Fi und den Subways Zigaretten. Ihr Dauergrinsen bekommen Sänger Phil und Martin wohl nie aus dem Gesicht und auch ich denke gerne an den gelungenen Auftritt von The Twang zurück.

Platz 19: Battles (La Maroquinerie, Paris):

Bei Battles denke ich als erstes an den unglaublichen Schlagzeuger John Stanier, der auch schon die Schießbude bei Helmet bediente und zudem noch bei Tomahawk im Einsatz ist. Wahnsinn, wie der kräftige Bursche auf sein Instrument einprügelte und zur Krönung des Ganzen zur Mitte des Konzertes von seinem Platz aufsprang, um sein Becken zu vermöbeln! Dazu kam noch der schlumpfige Gesang von Tyondai Braxton, der Killersong "Atlas" und der kaugummikauende Ian Williams, der mit auf dem Rücken geschnallter Gitarre Keyboard spielte. Abgefahren!

Platz 18: Kooks (L'Olympia, Paris):

Einmal von so vielen Weibern angehimmelt werden wie Luke "The Kooks" Pritchard, das wär's! Ich habe heute noch den Tinnitus in den Ohren , den kreischende Girlies verursacht haben, als ihre britischen Helden Hits wie den "Sofa Song", "She Moves In Her Own Way", oder "Ooh La" abfeuerten...

Platz 17: Shins (La Cigale, Paris):

Auch die Shins wurden von den Mädchen gefeiert, allerdings war ihr (zum Großteil amerikanisches) Publikum weniger trendy und passte auch nicht in ganz so enge Jeans wie die süßen Dinger bei den Kooks. Dafür gab es einen Querschnitt aller drei Alben der Amerikaner, die nicht nur das Leben von Natalie Portman zum Positiven gewendet haben.

Platz 16: Blood Red Shoes (Le Baron, Paris):

"Sind sie der Manager?" - Der Typ, der die schwere silberne Tür zum Privatclub Le Baron öffnete, hatte offensichtlich keine Peilung. Nein, ich bin nicht der Manager dieses winzigen puffigen Ladens und ich war auch viel zu früh dran. Später gab's dann aber mächtig was auf die Ohren und zwar aus nächster Nähe. Die blutjungen Mary-Lou Carter und Steven Ansell mischten mit Knüllern wie "It's Getting Boring By The Sea" den beknackten schicki-micki-Club mal so richtig auf. Den blondierten Tussen, die später in ihrem Stammlokal aufkreuzten, fielen ob dieser ungewohnt punkigen Klänge fast die Silikonbrüste aus dem Dekolleté...

Platz 15: The Go! Team (La Cigale, Paris):

Eine ordentliche Überraschung bereitete mir das britische Go! Team beim Festival des Inrocks. Eigentlich stehe ich nämlich nicht auf Hip Hop Einlagen, selbst wenn sie bei der Band mit Indie-Rock vermischt wird. Die ganze Cigale tanzte ausgelassen zu dem energiegeladenen Set des mehrköpfigen Teams. Nach Gossip der zweitbeste Act des Festivals!

Platz 14: Alamo Race Track (La Maroquinerie, Paris):

Wer glaubt, Holland hätte nur Käse, Fußball und Tulpen zu bieten, täuscht sich gewaltig! Alamo Race Track sind nämlich zu Unrecht nur in Frankreich und den Beneluxländern einigermaßen bekannt. Die Band, die das beste Album des Jahres lieferte (Ja, genau! - "Black Cat John Brown"), ist auch live dufte!

Platz 13: Yo La Tengo (Le Trabendo, Paris):

Eine der besten, vielseitigsten und langlebigsten Bands der Indie-Szene und immer noch nicht Stadienfüller wie Sonic Youth. Ungerecht, oder? Thurston Moore und Kim Gordon durften schon im nahegelegenen riesigen Zénith auftreten, Ira Kaplan und Georgia Hubley war das jedoch nicht vergönnt. Stattdessen blieb ihnen das von mir wenig geliebte unschmucke Trabendo, während Schnulzenkönig Elton John im Zénith seine unzähligen Scheußlichkeiten zum Besten gab.

Platz 12: Razorlight (Le Bataclan, Paris):

Razorshite werden sie in Großbritannien oft genannt und auch die deutschen Musikmedien lästern gerne über Großmaul Johnny Borrell und seine Band ab. Diese Form der Miesmache geht mir aber wirklich am Arsch vorbei, denn Razorlight sind definitiv eine der besten Livebands aus England. Kaum eine Formierung hat so viele Hits zu bieten und ist live so packend und kurzweilig.

Platz 11: Coco Rosie: (Le Grand Rex, Paris):

Schwer zu sagen, ob das Konzert der Cassady Schwestern im Grand Rex besser war als ein paar Monate später im Olympia. Beide Male verzauberten mich nämlich die in Paris lebenden Amerikanerinnen mit ihrer feenhaften Show, den herzerweichenden Liedern und der spektakulären Inszenierung.

Platz 10: Bonnie "Prince" Billy ( Le Trianon, Paris):

Da kommen mir doch glatt noch einmal die Tränen, wenn ich an die berührenden Songs von Will Oldham und an seine wunderschöne Stimme denke. Einer der ganz großen Singer/Songwriter unserer Zeit! Und der Mann hat Humor!

Platz 9: PJ Harvey (Le Grand Rex, Paris):

Auch dies Frau ein Ausnahmetalent! Und im Gegensatz zu Will, der ab und zu eine Geigerin einsetzte, kam die Lady ganz alleine, um eine höchst gelungene Show aus alten, gitarrenlastigen und neuen, am Piano vorgetragenen Stücken zu präsentieren. Außerdem hatte sie das schönste Kleid und den stilvollsten englischen Akzent...

Platz 8: Loney, Dear (La Boule Noire):

Der beste Exportartikel aus Schweden seit Björn Borg und Anna Ternheim. Und nicht so langweilig wie Ikea und Volvo, sondern mit ganz viel Leidenschaft ausgestattet! Emil Svanängen und seine wunderbar melancholischen Lieder muß man ganz einfach lieben. Spätestens wenn man den Blondschopf mal live erlebt hat, wird man ihm verfallen.

Platz 7: Kings Of Leon (Le Bataclan, Paris):

Auch hier war der Kreischfaktor bei den jungen Damen im Publikum sehr hoch. Und die Chicks sahen noch einen Zacken schärfer aus als bei den Kooks und waren zudem ein paar Jährchen älter. Lieber Gott im Himmel, schenk' mir die krächzige Stimme von Caleb Followill und seinen knackigen Körper, damit ich auch diesen Schlag bei den Weibern habe! Aber Spaß bei Seite, an jenem Tag im restlos ausverkauften Bataclan hatten auch harte Typen ihre Freude an den blues-rockenden Knüllern der immer tighter werdenden Band.

Platz 6: Gossip (La Cigale, Paris)

Beth Ditto ist wirklich ganz fett im Geschäft. Und dies nicht nur wegen ihrer Leibesfülle, sondern vor allem auf Grund ihrer soulig punkigen Stimme. Selten hat die Cigale so gebebt wie beim Auftritt des amerikanischen Trios. Beth Ditto, eine Traumfrau, trotz ihrer Pfunde!

Platz 5: Kaiser Chiefs (O2 Wireless Festival, London):

Ähnlich wie bei Razorlight wird in der Fachpresse oft über die Band um den hyperaktiven Ricky Wilson gelästert. Kirmesmusik heißt es da unter anderem. Scheiß drauf! Sollen sich die Kritiker doch bei Gruppen wie Mogwai (die ich auch mag) langweilen, während ich mit 20.000 Fans "Ruby" oder "Oh My God" gröhle.

Platz 4: Interpol (Highfield Festival bei Erfurt):

Meine Lieblingsband, ganz klar! Wie man in Hohenfelden sehen konnte, auch live eine Wucht! Und endlich gingen auch die Zuschauer bei Smashern wie "Say Hello To The Angles" mal richtig mit. Ein großes Lob an die Konzertgänger aus dem Osten! Highfield, ich komme wieder!

Platz 3: Joanna Newsom (La Cigale, Paris):

Wie bei Bonnie "Prince" Billy: ich brauche ein Taschentuch, wenn ich an den Auftritt der hochtalentierten Amerikanerin zurückdenke! Wie ihren zarten Finger durch die mächtige Harfe glitten und sie dazu "Emily", oder "Colleen" mit ihrer einzigartigen Stimme sang, einfach unglaublich! Was sagte ich da? Hochtalentiert? - Unsinn, diese Frau ist ein Genie!

Platz 2: Arcade Fire: (L'Olympia, Paris):

Win Butler und Régine Chassagne sind vielleicht keine Genies (allerdings nahe dran), dafür aber dermaßen engagiert und mitreißend, daß einem Hören und Sehen vergeht. Zusammen mit fünf anderen Musikern, die der Stammbesetzung angehören und Künstlern, die live dabei sind, sorgen sie regelmäßig für ein gewaltiges Spektakel. Ich war 2007 gleich mehrfach Zeuge ihrer eindrucksvollen Darbietungen, behalte aber besonders den Gig im Olympia in würdiger Erinnerung. Unglaublich, wie sie den Ausfall von Drummer Jeremy Gara kompensierten! Man merkte kaum etwas davon, lediglich der Wutausbruch von Win Butler, der am Ende seine Gitarre zertrümmerte, zeugte von der immensen Anspannung...

Platz 1: My Brightest Diamond (Point Éphémère, Paris):

Ich hätte vorher nie daran gedacht, hier das Konzert des Jahres zu erleben! Wie die kleine, quirlige Amerikanerin aber das Pariser Publikum um ihre Finger wickelte, war schlicht und einfach nicht zu überbieten! Jeder in dem kleinen Saale hatte hinterher einen riesigen Klos im Hals. Auch ich war unglaublich gerührt, ob dieser fulminanten Darbietung. Immer wieder wurde die zierliche Künstlerin zu erneuten Zugaben herausgeklatscht, der Applaus wollte einfach nicht abreißen. Shara Worden beschloß das Konzert am Ende wohl nur deshalb, weil sie in ihrer Kabine Freudentränen verdrückte, die ihr schon bevor sie von der Bühne eilte, in die Augen geschossen waren! Das französische Publikum hatte sie vollkommen angenommen und dies nicht nur, weil sie zwei Zugaben auf französisch gab.




6 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Eigentlich hatte ich sogar eine Top 30 angefertigt. Auch die Konzerte zwischen 20 und 30 waren weit überdurchschnittlich und hätten sich durchaus weiter vorne platzieren könnnen.

21: Brand New beim Highfield Festival
22: !!! im Bataclan
23: Anna Ternheim bei France Inter
24: Wilco im Bataclan
25: Hushpuppies in der Cigale
26: Biffy Clyro in der Maroquinerie
27: New Pornographers in der Maroquinerie
28: Beirut im Olympia
29: Dinosaur Jr. beim Highfield
30: Iggy Pop und die Stooges bei der Fête de l'humanité

Vorgruppen des Jahres:

3: Blood Red Shoes (Maximo Park)
2: Herman Düne (Kooks)
1: Electrelane (Arcade Fire)

Enttäuschungen des Jahres:

3: Little Man Tate in der Boule Noire
2: Fratellis im Elysée Montmartre
1: Maximo Park im Bataclan

Live Songs des Jahres:

10: "Living Is A Problem Because Everything Dies" von Biffy Clyro (Maroquinerie, Paris)
9: "Ohh La" von den Kooks (Olympia, Paris)
8: "Black Cat John Brown" von Alamo Race Track (Maroquinerie, Paris)
7: "The Mountain" von PJ Harvey (Le Grand Rex, Paris)
6: "Rebellion" (Lies) von Arcade Fire (Arènes de Nimes)
5: "Colleen" von Joanna Newsom (Cigale, Paris)
4: "I See A Darkness" von Bonnie "Prince" Billy (Trianon, Paris
3: "Standing In The Way Of Control" von Gossip (Cigale, Paris)
2: "Slow Hands" von Interpol (Brüssel)
1: "Ruby" von den Kaiser Chiefs beim O2 Wireless Festival in London

E. hat gesagt…

meine ansprüche hinsichtlich bilateraler kommunikation sind nicht sehr hoch. aber hierzu bedarf es wenigstens einer zweisilbigen rückmeldung.
http://dasklienicum.blogspot.com/2007/12/listenterror-beste-blogs-2007.html

Christoph hat gesagt…

Wir sind noch in der Nach-Weihnachts-Trägheit! Daher danke für den Hinweis. Vor allem aber danke für diese wahnsinnig große Ehre! So gelobt zu werden, ist ein wundervoller Nebeneffekt unser aller versponnenen Leidenschaft.

Anonym hat gesagt…

Ah, endlich liest man mal wieder was von dir :) Ich wusste doch, dass irgendwas fehlte in den letzten Tagen.
Auch eine schöne Liste, auch wenn ich kaum eine der Bands (letztes Jahr) live gesehen habe und deswegen inhaltlich nicht viel zu sagen kann ;)
(aber es waren sehr viele überdurchschnittliche Konzerte in 2007, da hast du Recht!)

Oliver Peel hat gesagt…

Hey Christina! Frohes neues Jahr! Schön, wenn ich Dir fehle :))

Es stimmt schon, Künstler wie Bonnie "Prince" Billy, Joanna Newsom und PJ Harvey machen sich ziemlich rar, deshalb war es etwas Besonderes, sie 2007 zu erleben...

@ Eike: Meine CD-Liste folgt, lass mir bitte noch ein wenig Zeit.

Anonym hat gesagt…

Ich wünsche natürlich auch noch nachträglich ein frohes neues Jahr :)

 

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