Samstag, 23. August 2008

Klee, Köln, 22.08.08


Konzert: Klee Privatkonzert
Ort: KulturKirche Köln
Datum: 22.08.2008
Zuschauer: 500 vielleicht
Dauer: ca. 120 min


Es gibt viel zu erzählen...

Daß Klee eine besondere Band ist, habe ich hier schon oft geschrieben. Suzie Kerstgens und Kollegen sind nicht nur die deutsche Popgruppe mit den besten Liedern, sie spielen auch die sympathischsten Konzerte. Das sind alte Hüte für alle,
die hier schon einmal einen Bericht über einen Klee-Auftritt gelesen oder selbst einen erlebt haben. Nur ist leider wie bei vielem Gutem die Anerkennung nicht die, die die Band verdient hätte. Als "große" deutsche Popgruppen werden Silbermond oder Juli wahrgenommen - (oder schlimmere, hätte ich fast geschrieben). Klee, von denen jede B-Seite mehr Charme hat, als Silbermond-Hits, waren vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums leider einem viel zu kleinen Publikum ein Begriff, obwohl Lieder wie Erinner Dich, Die Stadt, Zwei Herzen, Gold, Zwei Fragen, Tausendfach, Du und Ich oder Für alle, die alle in die Top 10 der besten deutschen Popsongs aller Zeiten* gehören**. Ich verheddere mich gerade. Das tat Suzie in der Kulturkirche auch, das kommt aber später.

Auf alles Tollsein bisher setzten die Kölner jetzt aber noch eine Krone. Sie luden die Käufer ihrer neuen Single Zwei Herzen als Dankeschön zu einem Fankonzert in eine
der schönsten Kölner Konzertstätten ein, in die Nippeser KulturKirche. Der Eintritt zu diesem besonderen Auftritt war frei, es reichte als Ticketersatz der Aufkleber, der sich auf der Single befand.

In den letzten Wochen war die Vorfreude überall riesig, zu diesem besonderen Konzert zu gehen. So war es wirklich kein Wunder, daß die KulturKirche recht schnell ausverkauft (ausverschenkt?) war.

Gemeindepfarrer Thomas Diederichs begrüßte uns - eine schöne Einrichtung in der KulturKirche, die ich auch schon bei anderen Konzerten erlebt hatte. Kleetypisch machte das aber Suzie selbst dann noch ein wenig pointierter, als die Band auf die Bühne gekommen war: "Oh mein Gott!" Sie schien ernsthaft gerührt zu sein von der feierlichen und gespannten Stimmung.

Da Klee vor allem neue Lieder spielen wollten, wunderte es nicht, daß mit
7 Schritte eines der Stücke vom neuen Album als Startsong kam. Danach folgten aber gleich zwei alte Lieblinge (2 Fragen und Tausendfach). Suzie erklärte das in ihrer unvergleichbaren Art: "Wir haben uns überlegt, es wäre langweilig, wenn wir nur Nummern vom neuen Album spielen würden, deshalb haben wir uns gedacht..." - Sten: "... wir spielen nur Lieder von alten Alben!" - "Ne, wir machen das so, wie bei einer Mortadella" - Pause - "Kinderwurst. Wir spicken das ganze Drumherum. Der Mäusespeck sind die neuen Nummern. Und das Drumherum ist das, was schmeckt!"

Diese köstlichen Ansagen, vor denen der restlichen Band wohl manchmal graut, weil sie nicht weiß, was kommen mag, machen auch einen Teil des Reizes von Klee-Konzerten aus. Heute, bei diesem besonderen Anlaß, war Suzie auch in besonderer Redelaune.

Die beiden nächsten Stücke Mäusespeck folgten anschließend: Zwischen Glauben und Vertrauen, urprünglich ein Lied über Barcelona, und der Titelsong des Albums Berge versetzen. Schon nach wenigen Malen Hören erscheinen beide vollkommen vertraut und wundervoll. Bei Berge versetzen diente Tourmanager Pese als zweiter Gitarrist.

Daß es ein Fankonzert war mit mehrheitlich Zuhörern, die Klee gut kennen und besonders schätzen, wurde beim nachfolgenden Lied klar. Judy Garland ist nämlich nur auf der Deluxe-Edition der CD erschienen, war trotzdem aber den meisten Kirchgängern bekannt. Nicht so Suzie... Die Sängerin vergaß nämlich offenbar den Text. Weil Judy Garland so neu war und Suzie Angst davor hatte, den Text nicht mehr zu wissen, hatte sie wohl mit Keyboarder Sten abgesprochen, sich gegenseitig
anzusehen, vermutlich als Zeichen, wann der Einsatz kommt. "Dann gucke ich ihn an und er guckt weg!"

Kurz später hatte sie Probleme mit den Stiefeln... "Die sind eine Nummer zu groß. In meiner Größe gab es die nicht, ich wollte sie aber unbedingt haben."

Weil im Gegensatz zum Saal ihre Band nicht immer zuhörte, mußte die Kölsche Kylie nach einer ihrer Ansagen Bassist Pele und Schlagzeuger Daniel zurechtpfeifen. Die beiden waren nämlich gedanklich abwesend und bekamen sofort ihren Rauswurf angedroht: "Es gibt ja viele Bassisten und Schlagzeuger..."

Daß hinter Klee mehr als eine viel erzählende Frontfrau steckt, wird von Leuten, die bei der Band gleich abwinken und deren Musik als belanglos abtun, gerne übersehen. Dabei reicht eigentlich wenig, um festzustellen, daß die Lieder der Band nichts mit dem seichten Pop vieler Landsleute zu tun hat. In den Melodien findet man so viele Referenzen, Andeutungen, die für ein gigantisches musikalischen Wissen, Gespür und Talent der Band spricht. Einem Musikzeitungspraktikanten mit Emohintergrund mag sich das nicht erschließen, dem breiten (und geschmacklosen) Wetten-Dass guckenden Publikum auch nicht, einer steigenden Zahl anderer glücklicherweise aber schon. Beispiel für diesen nicht direkt ersichtlichen Tiefgang ist Du und Ich, das wundervolle Duett von Berge versetzen, bei dem Sten Suzies Gesangspartner ist. Das sehr persönliche aber überhaupt nicht kitschige Stück ist für mich einer der Glanzpunkte des neuen Albums. Suzie erzählte, wie nah ihr die Aufnahmen des Lieds gegangen seien.

Aber Suzie wäre nicht Suzie sondern irgendeine Susanne, wenn wenn sie danach nicht auch wieder für großen Spaß gesorgt hätte. Vor
Weil es Liebe ist warf die Sängerin einen Zylinder und einen Brautschleier ins Publikum mit der Aufforderung, bitte gefälligst ein Paar zu werden. Die beiden Fänger kamen auch brav nach oben, ob sie allerdings danach auch anbandelten, weiß ich nicht.

Suzie war richtig in Verteil-Laune geraten... Auch Rekordbesucher Ralf aus Bielefeld wurde beschenkt. Das KulturKirchen Konzert war sein 199. von Klee. Alles Türken habe nicht geholfen, es zum 200. zu machen. Also bekam Ralf eine Madaille. Das "200. Konzert" war mit einem Aufkleber überklebt, auf dem "199. Konzert" stand. Bei seinem nächsten Klee-Gig solle er den einfach ablösen. Dazu gab es 200 Rosen, von denen Suzie aber wieder eine entnahm. Klee eben...

Auch Gitarrist Tom hatte seinen Moment in einer der Pausen. Er spielte ein paar
bekannte Gitarrenpassagen (ich erinnere mich an Song 2, Seven nation army und Holiday in Cambodia (glaube ich zumindest)). "Daß Gitarristen immer das spielen müssen, was sie selbst gerne geschrieben hätten...", kommentierte Tom seine Einlage.

Obwohl die Band vorher wohl sehr aufgeregt war, war das
Konzert, vor allem die neuen Stücke fabelhaft. Ein schöner Abend!

Hoffentlich bescheren solche Konzerte und ihr intelligenter Pop Klee den lange verdienten Erfolg. Dann kann sich Suzie nämlich auch ein drahtloses Mikro leisten. "Ich habe mich verheddert", gestand sie irgendwann, was bei ihren Bandkollegen für große Freude sorgte. Aber das macht ja auch einen Teil des besonderen Charmes von Klee live aus. Große Melodien und große Unterhaltung.

Danke für dieses schöne Dankeschönkonzert!

Setlist Klee, KulturKirche Köln:

01: 7 Schritte
02: 2 Fragen
03: Tausendfach
04: Zwischen Glauben und Vertrauen
05: Berge versetzen
06: Judy Garland
07: Weine nicht
08: Die Stadt
09: Du und Ich
10: Weil es Liebe ist
11: Wie weit
12: Für alle, die
13: Die Königin
14: Zwei Herzen
15: Gold

16: Der größte Moment (Z)
17: Nicht immer aber jetzt (Z)
18: Lichtstrahl (Z)

19: Wunschfrei (Z)
20: Erinner Dich (Z)
21: Über mir die Sterne (Z)

* bis jetzt. Ich weiß ja nicht, was noch für Zeiten (und Klee-Lieder) kommen.
** ein weiterer Top 10-Titel ist Stella Maris, über das zehnte muß ich nachdenken.

Links:

- aus unserem Archiv:
- Klee, Melt!, 18.07.08
- Klee, Köln, 07.06.08
- Klee, Köln, 17.05.08
- Klee, Saarbrücken, 30.05.07
- Klee, Köln, 22.03.07
- Klee, Köln, 26.10.06


 

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