Dienstag, 2. Dezember 2008

The Rascals, Paris, 01.12.08


Konzert: The Rascals

Ort: La Maroquzinerie, Paris
Datum: 01.12.2008
Zuschauer: vermutlich ausverkauft
Konzertdauer: 60-65 Minuten, also arg kurz



Miles Kane, der Sänger und Gitarrist der britischen Rockband The Rascals hat einen lausbübischen Charme, dem man sich kaum entziehen kann. Man kennt solche Typen ja noch aus der Schule. Machen selten ihre Hausaufgabe und gerne auch mal blau, aber wenn sie den Lehrer oder die Lehrerin mit ihrem Dackelblick und einem leicht schelmischen Grinsen anschauen, wird ihnen schnell jeder Unfug verziehen. Auch in der Klasse sind solche Charaktere beliebt, jeder mag sie, sie sind unkompliziert, nett und auf angenehme Weise etwas chaotisch.

Auch die jungen Mädchen in Paris mögen Miles Kane, zumindest warteten sie nach dem Konzert sehr geduldig, bis der schlaksige Frontmann endlich aus der Kabine gekrochen kam und sich im Flur der Maroquinerie blicken ließ. Irgendwie ist es immer das Gleiche wenn junge britische Bands spielen: Da sieht man fesch gekleidete Girlies mit Lederjacke und Converseschuhen, die nur darauf warten, dem Sänger (seltener dem Bassisten oder Schlagzeuger) ein Küßchen auf die Wange zu drücken, ein Erinnerungsfoto mit ihrem Handy zu schießen (das oft mehrfach wiederholt werden muß, weil sich die Mädels hinterher auf dem Foto immer zu dick finden. "Warte, ich muß noch ein Bild machen, auf dem ich kein Doppelkinn habe!", hört man sie dann oft schnattern) und ihm eine rote Rose zu überreichen (sehr beliebt in letzter Zeit!). Die ganz frechen und kessen dieser Mädels versuchen dann sogar ihre Handynummer weiterzureichen, oder zu erfragen, wo denn das Hotel sei, in dem die Band nächtigt (warum wollen die das bloß wissen?).

Ja, diese Szenen wiederholen sich ständig, ich hatte in der letzten Zeit desöfteren diese Déjà-Vu Erlebnisse, da ich innerhalb kurzer Zeit bei den Kooks, den Dirty Pretty Things, Pete Doherty und Razorlight war. Oft sind es die gleichen Mädchen, die da warten, was mich zum Schluß kommen lässt, daß es eigentlich unerheblich ist, ob der jeweilige 10 Minuten-Traumboy (oder länger, falls die Hoteladresse doch gefunden werden sollte!) Luke Pritchard, Carl Barât, Pete Doherty, Johnny Borrell oder eben Miles Kane heißt. Seltsam nur, daß keines dieser jungen Dinger vor ein paar Monaten auf John Bramwell von I Am Kloot, oder vor ein paar Jahren auf Guy Garvey von Elbow gewartet hat. Dabei machen die Letztgenannten die bessere Musik!

Aber egal, angesagt ist eben wer gerade am vorteilhaftesten die engen Slim-Jeans ausfüllt, die spitzeren Schuhe oder das szenigere Hütchen hat. Rockmusik war schon immer Lifestyle, Popkultur und Modenshow. Das war bereits bei den Punks so und auch bei Iggy Pop, den Beatles und David Bowie.

Kommen wir zum Kern der Sache. Genau...der Musik! Wie war das Konzert? Nun, Im Grunde genommen auch so ähnlich wie bei den meisten jungen britischen Bands. Eine knackig-zackige Stunde Gitarrengeschrammel, polternde Bässe und ein schmissiges Schlagzeug, keine Schnörkel, keine langen Ansagen oder gar Anekdoten und hinterher eine naßgeschwitzte aber zufriedene Meute, die berichtet: "War 'n dolles Konzert jewesen, so 'ne richtig knorke Sache!"

Aber selbst wenn ich die Rolle des Spielverderbers nicht sonderlich schätze, muss ich leider anmerken, daß mir irgendetwas fehlte. Klar, die ganze Sache kam mit viel Schwung und Leidenschaft rüber, ein paar Hits waren auch dabei (hervorzuheben: Is It Too Late? und Fear Invicted Into The Perfect Stranger) und das Publikum hat getanzt und Spaß gehabt. Aber wo war da die eigene Identität der Band, die auf den Namen The Rascals hört? Im Grunde genommen lieferten die drei Jungs eine Stunde lang Material ab, daß sich von Lied zu Lied kaum unterschied und zudem schon fast genauso von den Arctic Monkeys geboten wurde. Die Ähnlickeit der Stimmen von Miles Kane und Alex Turner ist wahrlich verblüffend! Auch der Sound ist nah dran an den arktischen Affen, aber bei den Rascals kommt noch ein kleiner Hauch psychedelisch-bollernder und bluesiger Stonerrock hinzu, den Josh Homme unter dem Namen Queens Of The Stone Age bekannt gemacht hat. Die ganze Sache wird schließlich abgerundet durch eine Brise 60 ies Pop, wie ihn The Coral zuvor schon einmal origineller hinbekommen haben. Letztlich also so gut wie gar nichts Neues an einer zweifelsohne sympathischen Band, die mich zwar keineswegs gelangweilt, aber doch wenig fasziniert hat.

Die einzige Zugabe war dann allerdings wirklich gelungen. Instant Karma von John Lennon wurde duch den rascalschen Fleischwolf gedreht, wuchtiger und wesentlich rockiger gemacht und trug auch nicht diese sülzige Note, die mich bei der Friedenstaube John Lennon immer genervt hat.

Miles Kane ist ein netter Kerl, ich kann ihm gar nicht übel nehmen, daß seine Band nicht genial ist, sondern nur gehobener Durchschnitt. Man verbringt mit ihm und seinen zwei Kollegen eine flotte Stunde, trinkt seine drei Bierchen, wünscht den Jungs hinterher noch viel Erfolg und geht zum nächsten Konzert über. Und diesmal keine Britpoper, uff! Morgen stehen nämlich Herman Dune auf dem Programm. Darauf freue ich mich schon jetzt!

Setlist The Rascals, La Maroquinerie, Paris:

01: Out Of Dreams
02: Bond Girl
03: Freakbeat Phantom
04: Does Your Husband Know, That You're On The Run?
05: How Do I End This?
06: People Watching
07: Stockings To Suit
08: Fear Invicted Into The Perfect Stranger
09: Chills And Fever (neu)
10: I'd Be Lying To You
11: Better In The Shadows
12: Diamond Trip
13: All That Jazz (Echo & The Bunnymen Cover)
14: I'll Give You Sympathy
15: Is It Too Late?

16: Instant Karma (John Lennon Cover) (Z)


Links:

- aus unserem Archiv
- The Rascals in Essen vor ein paar Tagen. Christoph war deutlich euphorischer.
- The Rascals in der Pariser Flèche d'or
- mehr Fotos von den Rascals (eigentlich nur Miles Kane, die anderen waren verdeckt)
- Video The Rascals Instant Karma live aus der Pariser Maroquinerie, von RockingParis.
- 9 Minuten Videomitschnitt aus der Pariser Maroquinerie vom Ende des Konzertes




2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

...dööfster (schreibt man das so?) Bericht seit langem.

Oliver Peel hat gesagt…

Ha, ich wußte, daß ich mich damit bei mir nicht beliebt mache, Christina!

Als Konzertblogger hat man manchmal kein leichtes Leben...

 

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