Samstag, 14. März 2009

White Lies, Köln, 13.03.09


Konzert: White Lies (& Haunts)
Ort: Luxor, Köln
Datum: 13.03.2009
Zuschauer: seit langem ausverkauft
Dauer: White Lies 45 min, Haunts 32 min


Als ich nach dem Konzert Einslive einschaltete, liefen gerade die Killers. Daß mein Unterbewußtsein solch einen großen Einfluß hat! Schließlich kam ich gerade von einer Band, die wegen ihres Bombast-Sounds gerne mit dieser Gruppe aus Las Vegas
verglichen wird. Ganz zufällig lief das schreckliche Human im Radio aber nicht, denn heute war Killers-Mottotag; die Pelz-Bolerojäcken-tragenden Amerikaner spielten - wie passend - in Düsseldorf.

White Lies haben letztes Jahr beim Haldern Festival gespielt, ich erinnere mich aber nicht, sie da bewußt wahrgenommen zu haben. Wie ich Olivers Kommentar entnehme, habe ich sie da aber zumindest kurz gesehen und nicht gemocht. Ich glaube das.

Einlaß 18.30 h, Beginn 19.30 h hieß es. Die Wochenend-Ansetzungen in Köln lassen mich immer wieder schmunzeln. Beginnen während der Woche Hauptgruppen gerne um 23 h, sind wegen der Discos im Anschluß Freitag uns Samstag Konzerte um zehn meist vorbei, Pariser Verhältnisse. Das Debütalbum der White Lies To lose my life... erreichte Platz eins der regulären englischen Albumcharts, daher verwunderte es
wenig, daß das Luxor seit einiger Zeit ausverkauft war. Ein volles Luxor ist in aller Regel eklig, wenn man schlecht steht. Also waren wir früh da, um das zu vermeiden. Haunts hatten den Plan allerdings nicht, denn der recht weiße Minivan des Londoner Supports war gerade erst angekommen, als eigentlich Einlaß sein sollte. Während die Band ihr Equipment auspackte, kündigten die netten Securities an, es werde sich um zwanzig Minuten verschieben. Als dann der Vorraum geöffnet wurde, lief gerade der Soundcheck der Spätkommer.

Mit zwanzig Minuten Verspätung begannen Haunts dann auch wirklich. Mir sagte die Band bislang nichts, obwohl sie in England schon einige Anerkennung erfahren hat (u.a. als Headliner einer Club NME Show). Haunts bestehen aus Sänger & Gitarrist (& Keyboarder) Kevin Banks, Gitarrist Alex Woodcock (da geht das Kölner Herz auf), Bassist Mitch Mitchener und Schlagzeuger Gareth Grover. Kevin Banks, der den Abend unter einer Kaputze verbrachte, hat auch als Produzent einen guten Namen, das Debüt der Gallows geht auf seine Kappe.

Die Haunts bezeichnen ihre Musik als New wave. Ich bin mir da nicht sicher, denn eigentlich sind die Stücke schon recht popig, zumindest die Melodieverläufe. Düster
werden sie durch Kevins sensationelle Stimme. Der Frontmann singt mit unglaublich punkigem Timbre (Jello Biafra fiel mir wieder einmal als Vergleich ein). Im Gegensatz dazu haben seine drei Kollegen eher Chorknabenstimmen. Da alle drei aber in jedem Lied Background singen, entsteht eine ganz interessante Mischung. Diese oh-ohs erinnerten mich manchmal wieder an die Futureheads. Ähnlich wie mit den Stimmen verhielt sich auch die Optik der Musiker, Banks eher der punkige Typ, seine Kollegen viel mehr Pop als Wave. Gitarrist Alex (links) gewinnt zum Beispiel locker jeden Andrew Ridgeley Lookalike-Wettbewerb.

Die 30 Minuten der Band gingen flott vorbei und auch wenn ich immer mal wieder dachte, daß ein Lied zwar gut begann, dann aber komisch in den Pop abglitt, ist mein Fazit unterm Strich durchaus positiv. Mir gefielen Bomz II drop oder London's burning (dieses Organ Keyboard!) besonders. Eine Vorgruppe die wirklich gut war. Ob auf Platte durch die üblicherweise glattere Produktion von dem Reiz noch etwas übrig bleibt, oder bloß noch Radiomusik bleibt, werde ich bestimmt einmal überprüfen.

Setlist Haunts, Luxor, Köln:

01: London's burning
02: Bomz II drop
03: Underground
04: Grace (is home late)
05: Battle of Britain
06: Love is blind
07: Black eyed girl
08: Live fast die young

Um zehn vor neun (da saßen die Killers in Düsseldorf sicher noch bei Hairstylist und Visagist) war dann Hype-Stunde in Köln (Hype-Dreiviertelstunde, um genau zu sein). Ich kannte (und kenne) das Debüt der Londoner nicht. Im Gegensatz zu den meisten anderen.

Sänger Harry McVeigh hat eine dreckige, laute und sehr einpräsame Rockstimme. Allerdings passte das Männlein, aus dem die kam, so gar nicht zu ihr. Einzig eine
Ader am Hals, die mit Lautstärke anzuschwellen schien, überzeugte mich, daß er live sang. Micha von Sparklingphotos sagte vollkommen richtig, daß Harrys Gesang nach großen Hallen klänge, wenn man nicht auf die Bühne gucke. Mein Problem mit den White Lies war aber vorrangig ein anderes. Jedes der Lieder, manchmal nur kurze Passagen, erinnerte mich an irgendetwas, oft an Glasvegas, mal an die Paddingtons, an die Rifles, die Kilians (das entbehrt nicht einer gewissen Komik!) und oft an Sachen, auf die ich nicht kam. Man hatte also alles schon einmal gehört. Und die Kritik meines Pariser Kollegen Oliver nach dem Haldernauftritt ("die ganz in schwarz gekleideten Typen [...] zielen schon mit dem ersten Album auf ein Stadionpublikum ab") ist sicher richtig.

Ein paar Beispiele: E.S.T. kam mir unglaublich bekannt und vertraut vor, obwohl das Lied keine Single ist und ganz sicher niemals in einem Radiosender lief, den ich empfangen kann. Fifty of our foreheads könnte am Anfang von The National stammen (Rhythmus und Gesang), hüpft dann aber hopplahopp ins nächstgelegene Stadion. Ich kann mir dieses Lied blendend bei einem Festival auf der Hauptbühne vorstellen, mit tausenden Feuerzeugen im Nachthimmel. Aber ohne mich. Das "just hold my hand now" bei Farewell to the fairground kenne ich genauso aus einem anderen Lied.

Nach knapp vierzig Minuten kündigte Harry den letzten Titel an. Das Beklagen aus
dem Publikum kommentierte er ehrlich: "We haven't had time to learn any more..."

Selten tat ich mich mit einer Beurteilung so schwer wie heute. Mich nervte, daß so
vieles unoriginell klang, daß der Saal nicht zum Sound passte, überhaupt diese ganze Hypesache. Auf der anderen Seite waren die White Lies um Klassen besser als Glasvegas. Die Killers habe ich im Bombast rausgehört, nicht aber im Songwriting (Sieger White Lies), genauso wenig aber natürlich auf der anderen Seite des Spektrums auch die andere Lieblingsreferenz von Kritikern, Joy Division. Und mir hat der Abend gefallen, trotz all der Zweifel währenddessen. Fieser Stadionrock - aber unterhaltsam, auch wenn der Kopf etwas anderes sagt. Der Wind, der gerade um die Band gemacht wird (Mercury Preis Kandidaten...) ist maßlos übertrieben. Trotzdem werde ich mir das Album anhören und sehen, wie sie da klingen.

Setlist White Lies, Luxor, Köln:

01: Farewell to the fairground
02: To lose my life
03: From the stars
04: A place to hide
05: Unfinished business
06: E.S.T.
07: Fifty on our foreheads
08: The price of love
09: Death

Links:

- die White Lies in Haldern 2008
- Fotos aus dem Luxor





5 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Doch, Christoph, Du hast sie in Haldern gesehen.Du kamst gerade auf dem Gelände an und hast noch ein paar Lieder mitbekommen. Ich weiß noch haargenau wie ich Dich angeguckt habe und angesichts des stadionrockigen Vortrages den Daumen nach unten gesenkt habe. Jede Wette!

Oliver Peel hat gesagt…

Guter Bericht! Flott geschrieben und in der Sache zutreffend.

Anonym hat gesagt…

Ich wäre fast hingegangen, aber das hat sich dann doch schon vor Wochen zerschlagen: die machen nichts eigenes, sondern mischen Bekanntes so, dass es wenigstens auf CD gar nicht schlecht ist. Eine dieser Bands, an die sich nächstes Jahr niemand mehr erinnern wird.

Anonym hat gesagt…

...Stichwort "Stadionrock": das cover der CD sieht ernsthaft "verboten" aus!

Christoph hat gesagt…

Das Cover ist unfassbar!

 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates