Montag, 28. Mai 2012

Tu Fawning, Frankfurt, 27.05.12


Konzert: Tu Fawning
Ort: Zoom, Frankfurt
Datum: 27.05.2012
Zuschauer: gut 100
Dauer: 75 min


Beim ersten Festival des Jahres, dem Mannheimer Maifeld Derby, begeisterten mich Tu Fawning ganz besonders. Die Band aus Portland macht das zwar regelmäßig, mein erstes Konzert mit der zweiten Platte war aber wegen der herausragenden neuen Stücke ganz besonders gut. So ein Festivalauftritt hat aber bekanntlich den Nachteil, zu kurz zu sein, also gab es keine Alternative dazu, am Pfingstsonntag ins Zoom in Frankfurt zu fahren.

Das Zoom ist kein neuer Club, es ist der neueröffnete Sinkkasten, direkt an der Fußgängerzone. Der alte Laden war sehr speziell. Mit seinen Sitzecken und der tieferliegenden Tanzfläche erinnerte er an das, was man eine Erlebniskneipe nennt (sofern man auf merkwürdige Erlebnisse steht). Der umgebaute Laden ist dunkel angestrichen und sieht schon damit viel mehr nach einem Musikclub als nach einer Engtanz-Disco aus. Mir gefiel es da wirklich gut.

Als ich ankam, war bereits für Tu Fawning aufgebaut - keine Vorgruppe also. Im Sinkkasten hatte man uns vor Malajube vor ein paar Jahren zwei sehr anstrengende lokale Supports vorgesetzt, vor denen ich heute noch Angst habe. Sie blieben mir also diesmal erpart.

Eine halbe Stunde später trat das Quartett aus Oregon auf. Tu Fawning bestehen aus Corrina Repp (Gesang, Gitarre, Schlagzeug), Joe Haege (Schlagzeug, Gitarre, Gesang), Liza Rietz (Geige, Keyboard) und Toussaint Perrault (Blasinstrumente, Gitarre, Schlagzeug, Synthie).* Das inoffizelle "fünfte Mitglied"** Fritz Brückner (Tourmanager, Soundmann...) spielte erst später eine tragende Rolle.

Vor leider nur gut 50 Zuschauern begannen die Amerikaner mit A pose for no one vom aktuellen (zweiten) Album A monument mit Corrina an der Gitarre und Joe am Schlagzeug. Auch wenn auch Toussaint beide Instrumente spielt, finden die meisten Wechsel zwischen Drums und Gitarren zwischen der kleinen blonden Sängerin und dem 31knots Mann Haege mit dem altbackenen Kleidungsstil statt. Die ersten beiden Lieder trommelte Joe, danach übernahm Corrina für zwei Titel, bevor Joe wieder übernahm.

A pose for no one ist vielleicht nicht das auffälligste Tu Fawning Lied, es ist aber sehr typisch für die Band, weil es alle Elemente enthält, die ihren nicht sinnvoll zu beschreibenden Stil prägen. So viele Instrumente und kleine Effekte entdeckt man, wenn man die Albumversion des Songs intensiv hört. Dabei aber live zuzusehen, macht den wahren Reiz aus. Liza Rietz steht sicher hinter ihrem Keyboard im Schatten der Bühnenpräsenz der beiden Frontleute Corrina und Joe, sie trägt aber mit allerlei Geigentricks und Klanghölzern faszinierend zum Auftritt bei, statt nur ein paar Pianoklänge zu spielen. Bei Toussaint fällt die Beobachtung schwerer, weil er hinten oben aufgebaut ist und vieles im Verborgenen bewegt. Das muß man wirklich live gesehen haben (ruhig immer wieder!).

Bei meinen bisherigen Konzerten der Amerikaner haben sie nicht viel gesprochen zwischen den Stücken. In Frankfurt waren sie in Plauderlaune. Joe stellte erst fest, daß sein Dank an uns, an einem Sonntagabend gekommen zu sein, etwas übertrieben wäre, weil Montag Feiertag sei und unser Besuch dadurch weniger eindrucksvoll wäre. Liza, die sonst sehr zurückhaltend war, bemerkt wie unglaublich ruhig wir zwischen den Liedern seien. Samstag bei einem Zeltfestival in Österreich (Seewiesenfestival) war das wohl anders. Toussaint bedankte sich bei uns, daß wir keine jungen, sehr betrunkenen Österreicher seien. Joe erkärte das genauer: einer der besonders betrunkenen Zuschauer hatte seine nicht mehr ganz schöne Unterhose auf Corrinas Mikro geworfen. "The direct way into a woman's heart!" - "We went out on a date later!" Glücklicher betrunkener Österreicher.

Kurz danach beim zum ersten Mal auf Tour gespielten Skin & bone schlug Joe die Snaredrum kaputt. Offenbar stellte das ein so großes Problem dar, daß es ein wenig hektisch wurde. Fritz kam nach vorne, nahm die Trommel und suchte Ersatz oder Reparaturmöglichkeit. To break into war danach wohl geplant und kam ohne Schlagzeug aus. Im Anschluß wurde die Setlist dann aber umgestellt. Trommelfrei (bzw. vom Drumcomputer erledigt) konnte Multiply a house gespielt werden. Während des Lieds kam Fritz mit funktionierender Snare zurück. "He's amazing, he's a miracle, he's Fritz!"

Die nächste Pause nutzte Liza zu einer Bandbesprechung. Breit grinsend fragte sie Joe: "What else did you break on tour?" Ein Thema, daß dem trommelnden Sänger wohl nicht sehr angenehm war. Wie schade, daß die Musiker bei den vorherigen Konzerten so wenig geredet haben, denn das zwischen den Liedern machte fast genauso viel Spaß wie die Musik!

Aber es geht ja vor allem um die Musik und die ist bei Tu Fawning schlichtweg grandios! Weil die zweite Platte auch mindestens genauso großartig wie das Debüt ist, wird sich daran auch sehr wahrscheinlich zukünftig nichts ändern. Tu Fawning haben ihr Feuer noch nicht verschossen und werden auch bei uns weiter eine riesige Rolle spielen.

Setlist Tu Fawning, Zoom, Frankfurt:

01: A pose for no one
02: Diamond in the forest
03: Wager
04: I'm gone
05: Blood stains
06: Anchor
07: Skin & bone
08: To break into
09: Multiply a house
10: I know you now
11: The felt sense
12: Bones

13: Sad story (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Tu Fawning, Wien, 21.05.12
- Tu Fawning, Mannheim, 19.05.12
- Tu Fawning, Paris, 16.05.12
- Tu Fawning, Berlin, 05.05.12
- Tu Fawning, Köln, 21.07.11
- Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
- Tu Fawning, Paris, 19.02.11

* für die, die bisher - wieso auch immer - keinen unserer Tu Fawning Berichte gelesen haben.
** laut Joe




 

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