Samstag, 15. September 2012

Oxjam, Oxford, 13.09.12



Konzert: Bethany Weimers, Alphabet Backwards, Cat Matador, George Edward Chopping
Ort: Amphitheater Said Business School Oxford
Datum: 13. 9. 2012
Zuschauer: 150-200



Im Konzerttagebuch wird viel und manchmal exzessiv geschwitzt. Heute kommt endlich einmal ein Bericht wo stundenlang gefroren wird! Natürlich ganz stilvoll, denn

1) bei bester musikalischer Unterhaltung,
2) englisch (jedenfalls für mich sind die Briten die Experten, da sie auch im Winter Schuluniform mit Kniestrümpfen tragen...),
3) an einer tollen Location.


Und fast wäre mir dieses Kleinod entgangen! Ein Indiekonzert mit drei tollen Bands versteckte sich für den 13.9. hinter dem Pseudonym Oxjam. An anderer Stelle schon früher in der Kulturwoche Oxfords war dasselbe Wort Bezeichnung für eine Jazz-Session, so hatte ich für den Donnerstag zunächst darüber hinweggelesen. Nur, weil ich den Blues hatte - Rue Royale spielen in London - ich könnte hin und würde natürlich auch gern, aber es ist doch schon pervers, sich die halbe Nacht um die Ohren zu schlagen, nach London hin und wieder zurück zu fahren, nur um dann am nächsten Morgen früh zum Flughafen nach Heathrow aufzubrechen. Es müsste doch einen guten Grund geben, den Abend in Oxford zu verbringen!So ging ich allen Donnerstag-Gigs noch einmal einzeln nach, hörte dabei schließlich auch in die drei Bands hinein und kriegte den Mund nicht wieder zu: eine besser als die nächste! Ganz auf meiner Wellenlänge.


Der Hintergrund der Veranstaltung Oxjam ist es, Geld für die Organisation Oxfam einzunehmen. Es wird im Oktober eine Abend geben, wo in vielen Oxforder Venues Künstler für Oxfam auftreten (Oxford Takeover) und dieser September-Abend war ein Aufwärmevent dafür. Sicher haben sich die Organisatoren nicht vorgestellt, dass das Publikum und die Künstler dabein so frieren würden....


Der Ort ist mit der Satellitensicht von google gut zu sehen und eindrucksvoll: das Dach der Said Business School am Bahnhof von Oxford. Es ist ein richtiges kleines Amphitheater mit Blick auf einen grünen Hof. Und der Wetterbericht war auch günstig: Regenwahrscheinlichkeit 0% am Ende eines besonders schönen und recht warmen Sommertags.

Ich hatte ja in meinem letzten Bericht zwischen den Zeilen ein bisschen gespöttelt, dass in Oxford das Abendprogramm so früh beendet ist (obwohl ich das ja eigentlich für mich viel praktischer finde), aber die Indie-Leute sind dort auch nicht anders als anderswo: Beginn 19:30 Uhr war geplant und hätte Bethany Weimers einen eindrucksvollen Sonnuntergang als Bühne geboten.

Aber wie es auch in Deutschland geschehen wäre, wurde es natürlich 20:15 Uhr und es war längst dunkel und windig bevor George Chopping den Abend eröffnete.



Er ist Poet und führte mit seinen Gedichten und als Conferencier durch das Programm. Das habe ich nun wiederum in Deutschland noch nicht erlebt und es hat mich schwer begeistert und beeindruckt
(*). Poesie so selbstverständlich neben die Musik gestellt - und es wurde dabei viel gelacht, wenngleich auch manchmal britisch Schwarzhumorig, z.B. wenn in einem Gedicht geschildert wird, wie der Poet mit seiner Frau vom Boot auf dem sie leben den morgendlichen Rudersportfanatikern zuschaut. Deren Schicksal ist es schließlich, sich an einer über den Fluss gespannten Metallschnur sauber selbst zu enthaupten: "That will teach them to look forward - the next time".


Bethany Weimers hat kürzlich ihr Debüt Harpsicord Row veröffentlicht. Schon vor dem Konzert hatte ich mir die 7 Pfund zur Seite gelegt, um die CD nach Deutschland importieren zu können und die Künstlerin gebeten, nur ja ein paar Exemplare zum Konzert mitzubringen. Im Konzert präsentierte sie die Songs sehr überzeugend und reif. Mit den Ansagen erschlossen sich auch noch ein paar Bedeutungsräume, die die Musik allein nicht gehabt hätte. Freilich ist Frau mit Gitarre und Klavier nicht gerade selten in der heutigen Musikwelt. Aber Bethany Weimers hat darin einen prominenten Platz verdient. Die Musik geht mir nach und die Stimme folgt mir. Am stärksten vielleicht in Harpsichord Row, aber eigentlich durchgängig für das etwa 40 min Programm.


Setlist, Bethany Weimers, Oxford:

Protect
Desire
Harpsicord Row
Lucky day
William and his ghost
Silver moon
To the land

Nach einer kurzen Pause übernahm ein Mann mit Gitarre die Bühne, der Frontmann von Alphabet Backwards lieferte ein sympatisches Set ab, das auch Appetit auf das neue Album machte, das am 1. Oktober erscheinen wird. Trotzdem sah man, dass er eigentlich sonst eine Band hinter sich hat und heute vermisste. Insofern fiel es gegen die intensive Atmosphäre des Auftakts etwas ab. Vielleicht wäre es in der Situation des Abends besser gewesen, die Band aufspielen zu lassen und alle ordentlich zusammen abzutanzen!



Für die Headliner Cat Matador war es sicher ein Handycap, dass inzwischen sie selbst und alle Zuhörer total verfroren waren. Eigentlich ist die ruhige Musik der von Garda zu vergleichen. Sie ruht in sich, entfaltet doch aber so eine Energie der Stillen, die zusammenstehen. An diesem Abend war das ganz nett, hat aber nicht so gezündet, wie es vielleicht in einem anderen Zusammenhang funktioniert hätte. Es gab auch ein paar musikalische Patzer, die ich kalten Fingern und Stimmen zugute halte.

Summa summarum war ich mit meinem Abend auf dem Dach sehr zufrieden und glücklich und musste nun nicht mehr traurig sein, dass derweil Rue Royale ohne mich in London auftraten...
(*)Beweis: ich habe sogar das Audiobuch seines Poesiebandes geordert und freue mich schon total darauf!



 

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