Montag, 17. September 2012

Tu Fawning, Köln, 16.09.12


Konzert: Tu Fawning
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 16.09.2012
Zuschauer: gut 100
Dauer: Tu Fawning 70 min, Empire Escape 30 min



Ach, das war heute nicht leicht... In Köln spielte Graham Coxon, in Brüssel Malcolm Middleton das einzig halbwegs erreichbare Konzert seines Projekts Human Don't Be Angry (und am Tanzbrunnen die Brings zum Jubiläum des Verkehrsverbunds). Gesetzt waren aber Tu Fawning im Gebäude 9, weil ich die Auftritte der Amerikaner liebe, und weil mich ihre Vorgruppe Empire Escape aus Berlin extrem gereizt hatte.

Seit ich vor ein paar Wochen das Video ihres Stücks Magnolia gesehen habe, geht mir das Lied nicht mehr aus dem Kopf. Die großartigen Gitarren und der düstere Grundton erinnern mich an die frühen Editors oder I Like Trains. Also war die Berliner Band Entscheidungshilfe für mein Sonntagsprogramm und damit gegen Graham Coxon (man kann wohl wieder "Ex-Blur" schreiben?), zumal ich Empire Escape 2011 schon einmal hätte sehen können, als sie die großartigen Pete & The Pirates im Studio 672 supportet hatten. Da kam ich zu spät und hatte nur die letzten Reste ihres Sets mitbekommen.

Die starke Konkurrenz des Abends machte sich leider am Zuspruch bemerkbar. Als wir in Deutz ankamen, war es in meinem Lieblingsclub noch sehr übersichtlich. Um kurz vor zehn, als Tu Fawning auf die Bühne kamen, mögen 100 Zuschauer dagewesen sein, viel zu wenig für das exzellente Programm (und Muse war innerhalb von vier Minuten ausverkauft...).

Kurz nach neun begannen aber zunächst Empire Escape. Die Band besteht aus vier Musikern (Hendrik Schäfer, Gitarre und Gesang, Julius Rothlaender, Gitarre, Micha Jobs, Schlagzeug und Ihno Homma, Bass) und wird live von Keyboarderin Katja Hubrich begleitet. Wegen einer katastrophalen Stau-Anreise blieb der Gruppe keine Zeit für einen Soundcheck, was sich bei den ersten beiden Stücken und später immer mal wieder rächte, wenn der Bass kurz brummte. Das beeinträchtigte das halbstündige Konzert aber wenig, abgesehen davon war es nämlich hervorragend und kurzweilig und kam sehr gut an. Neben Magnolia gefiel mit Depart ganz besonders. Die Stücke - und auch der Rest des Programms - klangen ganz und gar nicht nach einer Band, die seit 2011 besteht. Die Lieder sind hochmelodiös, haben tolle Gitarren und klingen catchy. Mittlerweile finde ich Vorgruppen meist lästig, wenn sie so gut wie Empire Escape oder Ahuizotl (bei Bleech neulich) sind, komme ich sehr gerne pünktlich!

Ich hoffe sehr, daß es bald Platten oder EPs von Empire Escape zu kaufen gibt und werde sie mir ganz sicher wieder ansehen!

Setlist Empire Escape, Gebäude 9, Köln:


01: Oui
02: Silhouettes
03: New York movie
04: Divine
05: Magnolia
06: The chemistry of colours
07: Depart

Tu Fawning kannte ich im Gegensatz zum Support schon besser, es war heute mein fünftes Konzert der Band aus Portland. Ich war vorher nicht ganz sicher, ob sie mir nicht langsam aus dem Hals raushängen würden, wurde aber schnell beruhigt. Tu Fawning hatten mich sofort wieder!

Vor meinem ersten Tu Fawning Konzert vor anderthalb Jahren in Duisburg hatte ich noch Bedenken, die Band könne mir zu anstrengend arty sein, solch gewollte Kunststudenten-Musik, die alle gut finden wollen, insgeheim aber als schrecklich nervtötend empfinden. Die Portlander bringen alles dafür mit, in diese Schublade zu fallen. Sänger Joe Haege trägt immer bunte Hochwasserhosen und gerne ein kleines Strickmützchen und tänzelt komisch über die Bühne, als habe er in die knallige Hose gemacht. Keyboarderin Liza, im Nebenberuf Modedesignerin, macht gerne Ausdruckstänze hinter ihrem Instrument, Sängerin Corrina hat eine doofe Vornamen-Schreibweise und wirkt immer wieder angsteinflößend, wenn sie singt oder trommelt und Trompeter Toussaint spielt alle Streberinstrumente dieser Welt, als wolle er sich für Other Lives oder Efterklang bewerben. Blöderweise ist das aber alles gar nicht nervend, es ist bezaubernd und macht, daß ich diese Band immer wieder sehen muß. 2012 habe ich sie beriets beim hervorragenden Maifeld Derby und kurz danach in Frankfurt gesehen, trotzdem war vieles heute wieder komplett neu.

Tu Fawning scheinen ihr Set etwas sortiert zu haben. Die Wechsel am Schlagzeug waren seltener, dadurch ging weniger Fluß verloren. Erstdrummer ist Joe, immer wieder tauscht er aber den Platz mit Corrina. Ich habe Konzerte in Erinnerung, während denen die beiden häufig wechselten, heute dauerte es fünf Lieder, bis Corrina erstmals trommelte.

Nicht neu war die Großartigkeit des zweiten Stücks Diamond in the forest (von der ersten EP ursprünglich), das immer wieder einer meiner Lieblinge ist. Daneben gefielen mir heute Wager, Anchor und Skin & bone (mit Toussaint an der Gitarre) besonders gut. To break into, das ich bisher nicht als Knüller wahrgenommen habe, war es - und wie! Das sehr ruhige Stück (Rockballade!) wurde immer lauter und intensiver, und war grandios! Dabei spielten Joe und Corrina Gitarre. Der große Sänger (mit großer Nase) tanzte am Ende immer enger um seine Kollegin herum, als wolle er Regen beschwören - einer von vielen wundervollen Momenten! Wenn ich das hier so nur lesen würde und dabei das Bild der beiden extravagant gekleideten Musiker vor Augen hätte (er mit senfgelber Hose, sie mit blaßgelben Leggins), ich würde ausschließen, daß mir das gefallen könnte. Es gefällt mir aber überaus gut!

Ganz ganz toll war auch eine weitere Kleinigkeit. Bones fängt mit einem von Klanghölzern erzeugten Rhythmus an. Diesen erzeugte Liza, sie schlug die Hölzer allerdings abwechselnd auf beiden Seiten an und erzeugte mit solch einem einfachen Instrument einen echten Hingucker!

Nach einer guten Stunde war Schluß mit dem eigenen Programm. Als Zugabe kündigte Joe ein Cover an, auch das war mir neu, bisher hatte ich nur Tu Fawning Lieder gesehen. Love will tear us apart war dieses Cover, für mich zum dritten Mal in diesem Jahr live (nach Peter Hook und New Order). Die Tu Fawning Version hatte auch Charme, war aber wegen der starken Samba Schlagzeugrhythmen bei weitem nicht so gut wie die, die New Order zur Zeit spielen. Trotzdem war das Stück ein perfekter Abschluß eines tollen Konzertabends.

Setlist Tu Fawning, Gebäude 9, Köln:


01: A pose for no one
02: Diamond in the forest
03: The felt sense
04: Anchor
05: Bones
06: Sad story
07: I'm gone
08: Wager
09: To break into
10: Skin & bone
11: Blood stains

12: Love will tear us apart (Joy Division Cover)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Tu Fawning, Frankfurt, 27.05.12
- Tu Fawning, Wien, 21.05.12
- Tu Fawning, Mannheim, 19.05.12
- Tu Fawning, Paris, 16.05.12
- Tu Fawning, Berlin, 05.05.12
- Tu Fawning, Köln, 21.07.11
- Tu Fawning, Duisburg, 08.03.11
- Tu Fawning, Paris, 19.02.11



1 Kommentare :

E. hat gesagt…

feiner bericht, christoph, vor allem schön, die vorband so gewürdigt zu sehen.

 

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