Donnerstag, 22. November 2012

Allo Darlin', Köln, 21.11.12


Konzert: Allo Darlin' & Making Marks
Ort: Die hängenden Gärten von Ehrenfeld, Köln
Datum: 21.11.2012
Dauer: Allo Darlin' 80 min, Making Marks knapp 20 min
Zuschauer: 60 (ausverkauft)


2012 sind sicherlich viele tolle Platten erschienen. So genau weiß ich das aber nicht, weil bei mir vor allem Europe von Allo Darlin'* läuft. Wieder und wieder. Was soll ich da auch blöde Experimente machen, wenn ich doch weiß, was ich an der zweiten Platte der englischen Indie-Pop Gruppe habe?

Vor ein paar Monaten war ein Konzert der in London ansässigen Band in Münster angekündigt, kurz danach aber wieder gestrichen worden. Als Allo Darlin' dann schließlich bei Facebook nach einem Konzerttermin in Köln suchten und zu meiner Erleichterung schnell ein Auftritt angekündigt wurde (während ich noch überlegte, ob ich mir das zutrauen sollte), war alles gut! Die Band zur Platte des Jahres würde ich also doch noch live sehen. Als auf der Website der Kneipe, in der das Konzert stattfinden sollte, keine Vorverkaufsinfos folgten, dachte ich mir nichts Böses, bis ich kurz später bei lastfm lesen musste, daß das Konzert bereits ausverkauft wäre. Standortnachteil Landleben und riesengroße Katastrophe!


Ich schreibe einen Konzertbericht, man ahnt, es gab noch eine Karte für mich (dank einer guten Fee!), ich war mit selten großer Vorfreude zeitig in den hängenden Gärten vom Ehrenfeld, einer Bar mit kleiner Bühne im hinteren Teil, die ihren Namen durch an der Decke befestigte Rosen rechtfertigt. Sehr schön! Die Bühnenecke ist wie ein kleines Wohnzimmer (Typ: Oma mag es gemütlich) inklusive eines Sofas eingerichtet. Dort war bereits aufgebaut, als ich ankam.


Auch auf die Vorgruppe Making Marks, die früher einmal mylittlepomy hießen, hatte ich mich extrem gefreut. Die norwegische Tweepop-Band hatte ich im April 2011 als Vorprogramm von Asobi Seksu gesehen, die sie massiv an die Wand spielten. mylittlepony hatten damals gesagt, es sei ihre Strategie, im Frühjahr durch Deutschland und im Herbst durch Spanien zu touren; als Norweger hielten sie das aus klimatischen Gründen für clever. Ob die falsche Jahreszeit der Grund dafür war, daß Making Marks nur als Duo auftraten weiß ich nicht, jedenfalls betraten um halb neun nur Sängerin Nina und einer der beiden Gitarristen (Ola oder Simen, ich weiß es nicht) die Wohnzimmerbühne.

Die fünf gespielten Lieder der beiden gefielen mir sehr gut, wobei Making Marks in voller Bandbesetzung erst ihren ganzen Charme ausspielen. Außerdem waren die 19 Minuten ihres Konzerts wirklich nur ein Appetitanreger und kein volle Vorspeise. Eine mündige Bürgerin in der Nachbarschaft, die vermutlich eine zu gute Rechtschutzversicherung hat, erlaubt nur Konzerte bis halb elf, also wurde vorne gekürzt.

Allo Darlin' traten mit der kompletten Mannschaft an. Neben Sängerin Elizabeth Morris sind dies Schlagzeuger Paul Rains (Bart), Gitarrist Mikey Collins (Bart) und Bassist Bill Botting (Walross-Schnauzbart). 

"Making Marks haben uns eingelullt, wir beginnen daher auch ruhig", klang viel böser, als es sicher gemeint war, die ersten beiden Stücke des Konzerts Some people say und Let's go swimming waren aber langsam, erst mit Neil Armstrong begann der schmissige Teil des Sets. Allo Darlin' sind so sehr Indie-Pop, wie ihr Name, das Styling der Bandmitglieder und die Texte der Stücke vermuten lassen. Wundervoll! Wer singt schon Lieder über Pop-Kassetten im Auto? Biffy Clyro sicher nicht. An Allo Darlin' ist alles, wirklich bis in kleinste Detail liebenswert!

Christoph, sachlich bleiben!

Bei den ersten Stücken, auch denen die flotter sind, spielte die gebürtige Australierin Elizabeth Ukulele. Erst zum wundervollen** Capricornia schnallte sie sich eine E-Gitarre um, die nach drei Liedern wieder gegen die Ukulele ausgetauscht wurde.


Die Minigitarre hatte unter anderem den Vorteil, daß es sich mit ihr besser hüpfen lässt! Immer wieder hüpften Elizabeth und der proppere Bill synchron auf der Stelle.

Auch wenn er nicht sprang, war es herrlich, dem Bassisten zuzugucken, in dessen sehr charismatischen Gesicht eine scheinbar ausgezeichnete Laune abzulesen war, er strahlte rund um seinen Schnurrbart.

Ich fange gar nicht erst an, beste Lieder rauszupicken, sie waren es alle. Was soll ich auch zu Neil Armstrong oder If loneliness was art, Wonderland oder all den anderen sagen? Oder dem Polaroid Song?

Mittendrin kündigte Elizabeth ein Cover ihrer australischen Landsleute Go-Betweens an. Das war das gute fremde Lied des Abends. Mitten in Kiss your lips bauten Allo Darlin' das totgenudelte You can call me Al von Paul Simon an, das mir früher schon gehörig auf den Keks ging. So eingebettet in ein schönes Lied und gespielt im Stil einer fabelhaften Band, ging das nervöse Ding aber auch schon viel besser.

Vor den Zugaben verschwand die Band gar nicht erst, der Raum war zu klein, das Sofa auf der Bühne zu verlockend. Dort und auf dem Boden blieben die drei Männer sitzen, während Elizabeth nur mit Ukulele einen meiner Lieblinge anstimmte. "And you were searching something to sing to as the radio played another terrible song. But lucky for you, you found the tape with Tallulah on..." Blöderweise nutze das ein blonder Besucher für einen 15-Minuten-Ruhm Auftritt und unterbrach Elizabeth mit lautem Gesang der Bratwurst Zeile und einem Kazoo-Solo. Die Sängerin brachte das merklich aus dem Tritt, sie reagierte allerdings erstaunlich und vorbildlich gelassen, bat nur irgendwann, damit aufzuhören. Manchmal bin ich schon wahnsinnig glücklich, daß mir zum vollem Ausleben meiner rheinischen Frohnatur oft der Mut fehlt. Schade, schade um dieses wundervolle Lied.

Auf (guten) Zuruf hin (danke!) spielten alle vier Darlins dann noch ihre uralt-Single Henry Rollins don't dance, obwohl Bill vorher erklärte "we found out, he actually does!"

Nach 80 Minuten und fünf vor der Klage der Wutnachbarin, die laut Elizabeth mal feiern gehen solle, verließ die Sängerin die Bühne. Ihr Bassist erkärte, wenn sie einmal gehe, sei es vorbei. Ich hätte mir das noch stundenlang anhören können, aber so ist das nun mal bei Lieblingsbands.

Danke dafür, sie nach Köln geholt zu haben, gute Fee! Ohne wäre das Musikjahr nicht richtig gewesen.

Setlist Allo Darlin', Die hängenden Gärten von Ehrenfeld, Köln:

01: Some people say
02: Let's go swimming
03: Neil Armstrong
04: Europe
05: The Polaroid song
06: If loneliness was art
07: Capricornia
08: Wonderland
09: Dive for your memory (The Go-Betweens Cover)
10: Silver dollars
11: Kings and queens
12: Woody Allen
13: My heart is a drummer
14: Still young
15: Kiss your lips (mit You call me Al (Paul Simon Cover))

16: Tallulah (Z)
17: Henry Rollins don't dance (Z)

Links:

- Allo Darlin', Paris, 25.02.11
- Allo Darlin', Köln, 28.07.10
- Allo Darlin', Paris, 27.07.10


* Reihenfolge sehr wichtig!
** benutze ich hier oft. Aber sonst passt ja auch nichts.


1 Kommentare :

vego hat gesagt…

schade, dass Dir zum ausleben Deiner rheinischen frohnatur der mut fehlt. trau Dich nur. die band (zumindest der proppere bassist) fand´s lustig und den anderen konnte ich auch noch auf augenhöhe begegnen.

konzerte sind für mich geben und nehmen. ich find den song auch toll und so ist mir dass mitsingen rausgerutscht. allerdings gerne.
und ja, die haben sehr vorbildlich reagiert mit weiter-spaß-haben-und-verbreiten.

das kazoo-solo kam auch nicht im anschluss and die bratwurst-zeile und 15minuten hat das alles auch nicht gedauert.

- der blonde besucherin

 

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