Donnerstag, 23. Mai 2013

Dear Reader, Freiburg, 21.05.13


Konzert: Dear Reader mit Support Mine
Datum:  21. Mai 2013
Ort: Schmitz Katze in Freiburg (i. Br.)
Dauer: 40 min + 80 min
Zuschauer: etwa 150


Gestern ertappte ich mich etwas verwundert dabei, wie ich nach viel zu wenigen Stunden Nachtschlaf durch den (inzwischen intensiv verhassten) Regen zur Arbeit radelte und dabei still vergnügt (!) vor mich hinsang: Will you be my giding star...

Was war denn da passiert?
 
Dear Reader verfolge ich nun schon einige Jahre. Die erste CD - ein grandioses Überraschungsdebut hatte mich 2009 zum Livererlebnis im Weinheimer Cafe Central verführt (das war in dem Teil meines Lebens, wo es nur 1-2 Indie-Konzerte pro Jahr in meinem Abendprogramm gab). Danach gab es ein beglückendes Wiedersehen zwei Jahre später am gleichen Ort. Im vergangenen Jahr trafen wir uns in Düsseldorf zum New Fall Festival und im Rahmen der TVNoir Tour mit Herrenmagazin in Freiburger Jazzhaus. Jedes Mal war die bunte Truppe um Cherilyn MacNeil neu gemischt, aber die ansteckend gut gelaunte und temperamentvolle Musikerin aus Südafrika im Zentrum Garant für beste Unterhaltung.


Da die Rivonia-Tour (wieder!) einen Bogen um Karlsruhe macht, stand ich erneut vor der Entscheidung, wohin ich mich wenden sollte. Freiburg kam mir schon zeitig als geeignet vor, dann sah es für Pfingstsonntag und Saarbrücken sehr gut aus, aber schließlich wurde es doch der Ausflug nach Freiburg.

Schmitz Katze besuchte ich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal und vergebe volle Punktzahl: Genutzt wird hier die Werkstatt einer ehemaligen Tankstelle. Der Hof lud mit improvisierten Sitzgelegenheiten zum verweilen ein, Einlass und Bar waren mit sehr zuvorkommenden Personen besetzt, die Größe des Clubs passte mir gut und schon vor dem Konzert gab es Gelegenheit, "alle" persönlich zu treffen. Nämlich 


1)  Mine, die ich für den Abend gar nicht erwartet hatte (wohl aber für Sonntag in der Guten Stube in Darmstadt)  und der ich ein persönliches Toi Toi Toi mitgeben konnte,

2) Cherilyn MacNeil herself und Emma Greenfield beim zurechtzupfen vor dem Spiegel - wir konnten ein bisschen unsere Vorfreude teilen,

3) den freundlichen Tourmanager, dem ich noch ein extra Dankeschön schuldig war und 

4) Sam Vance-Law  (der Mann mit diesem samtigen Bariton auf der aktuellen Dear Reader Scheibe) im Venue mit seinem Laptop auf dem Schoß. 


Überdies hatte ich nette und überraschende Begleitung. Was will man mehr?

Es sollte laut Venue um 20 Uhr mit Musik losgehen. Zu diesem Zeitpunkt nutzten aber die meisten noch das verhältnismäßig schöne Wetter zum draußen sitzen und schwatzen. Als Beginn wurde am Einlass 20:30 Uhr gehandelt. Jedoch schon 20:20 Uhr betrat Mine ganz unprätentiös die Bühne, begann mit Hinterher ziemlich rasant ihr Set und hatte - obwohl sicher kaum jemandem bekannt - damit das Publikum sofort und 100% auf ihrer Seite.  Das allgemeine Gefühl der positiven Überraschung war förmlich mit Händen zu greifen!


Im unvermeidlichen Vergleich mit dem Karlsruher Auftritt vor 10 Tagen war das Set etwas umfangreicher und die Künstlerin wirkte noch souveräner auf der Bühne. Ich stand diesmal viel näher und hatte sehr viel Spaß daran, ihre Spielfreude und die musikalische Begeisterung hautnah zu erleben. Meine Vorfreude auf das Konzert am 15. Juni in Mannheim ist damit noch ein Stück weit gestiegen. Es fällt mir schwer, besondere Momente ihres Programms herauszupicken, weil jedes Stück seine eigenen Stärken hatte. Großen Spaß gab es wieder mit dem Synthesizer. Trotz der Warnung dass es etwas gewöhnungsbedürftig klingen wird, ging mit den ersten Akkorden kaum unterdrücktes hysterisches Gekicher durch die Reihen, bis man sich auf den Song eingelassen hatte. Natürlich gab es auch hier am Schluss tosenden Applaus.


Für Dear Reader wurde in der Pause einiges auf der Bühne neu sortiert bevor es 21:30 Uhr weitergehen konnte. Der Zuschauerraum war inzwischen richtig gut gefüllt und die Spannung mit Händen zu greifen. Auch ich war sehr gespannt. Die ersten Proben vom Album Rivonia hatte ich schon 2012 in Düsseldorf und dann in Freiburg in sehr akustischer Besetzung gehört - zusammen mit den zugehörigen Geschichten. Inzwischen ist die CD erschienen und hat bei mir voll eingeschlagen. 


Nun würde ich also die live-Umsetzung erleben. Auf die Bühne kamen neben Cherilyn und Sam (die Besetzung, die ich zuletzt zweimal gesehen hatte) noch Emma und zwei Herren an Schlagzeug und Bass. Eine richtig "normale" Bandbesetzung. Cherilyn begann das Set mit einer überschwänglichen Begrüßung und der Geschichte zu Man of the Book. Später streute sie ebenfalls immer wieder Geschichten ein, wobei ihre Augen eigentlich am meisten erzählt haben: von Freude über das Publikum, Freude, die Musik zu teilen und Freude am Zusammenspiel mit den anderen Musikern. Ihr Enthusiasmus ist einfach ansteckend! 


Das Programm würde erwartungsgemäß natürlich vor allem Rivonia-Stücke umfassen, aber die gewohnten und ja auch lieb gehaltenen Stücken würden gewiss nicht ganz fehlen. Die vorab photographisch stibitzte Setliste bestätigte diese Erwartung. Als schließlich die Basslinie von Dearheart einsetzte, merkte man wie eine Welle durch das Publikum lief. Bisher waren alle freundlich mitgegangen und hatten auch die Ansagen beschmunzelt. Aber nun lochte Cherilyn final ein. Ähnlich euphorisch reagierte das Publikum auch auf Man und Whale vom Album Idealistic Animals und Great White Bear vom Debutalbum.


Aber natürlich fanden auch die Rivonia Stücke ihr Publikum. Nur war hier nicht die Vertrautheit und die "ich weiß was jetzt schönes kommt" Stimmung zu erwarten. Musikalisch war es rund und erfrischend. Die Stimmen von Emma und Sam mischten sich ganz wunderbar mit Cherilyns, die Trompete setzte immer wieder glänzende Akzente und als großes und sehr anrührendes Finale gab es (wie auf der CD) das a-capella Stück Victory, wo auch der Mann am Bass als Bass einstimmte und das Gesangsquartett professionell vervollständigte. Mir standen Tränen in den Augen.


Freilich kam die Band nicht um Zugaben herum. Cherilyn flaxte ein bisschen, ob man sich vielleicht mit nur zwei Stücken zufrieden geben könnte, da es inzwischen unglaublich warm geworden war und wir alle zusammen schon seit einer halben Stunde wie in der Sauna schwitzten. Klar, dass die Wärme kein Argument war, um auch nur fünf Minuten eines solchen Konzertes zu verpassen. So gab es noch ein Stück von Rivonia und anschließend Bend und den unnachahmlichen Monkey als Rausschmeißer.


Im Vergleich aller fünf Konzerte war dies tatsächlich der rundeste Abend für mich. Wieder gab es sehr viel zu lachen und zu schmunzeln und die gute Atmosphäre in der Band war förmlich mit Händen zu greifen. Aber es war auch alles in allem reifer und fertiger und tief anrührend. 

Wie es sich wohl anfühlt als Südafrikanerin in Berlin ein neues zu Hause zu finden? Ein Stück weit erzählen dies das neue Album und die Konzerte von  Dear Reader.

Für uns in jedem Fall ein großes Glück, sie so nah und unter uns zu haben - ich bin nach dem Konzert so beschwingt nach Hause gefahren, dass ich noch am nächsten Morgen die Euphorie nicht ganz abgelegt hatte.


Setlist, Mine in Freiburg:

01: Hinterher
02: Nicht für mich
03: Du scheinst
04: Mein Freund
05: Raus Raus Raus
06: Herzverleih
07: Kann sie es tragen
08: Lauter
09: Der Mond lacht


Setlist, Dear Reader in Freiburg:

01: Man Of The Book
02: Took Them Away
03: Dearheart
04: Good Hope
05: 27.04.1994
06: Down Under, Mining
07: Whale (BooHoo)
08: Cruelty On Beauty On
09: From Now On
10: Man (Idealistic Animal)
11: Back From The Dead
12: Already Are
13: Great White Bear
14: Victory

15: Teller Of Truths (Z)
16: Bend (Z)
17: Monkey (Go Home Now) (Z)

 
Multimediafutter:

Mehr Fotos aus Freiburg auf flickr
Bericht Dear Reader Mai 2013 in Stuttgart mit allen Archivlinks 

Bericht Mine  in Karlsruhe 

Das GANZE Konzert in München als Videomitschnitt
(alle links zu Videos oben von dort - Danke MissMoreMusic)


Weitere Tourtermine Dear Reader 2013:

23.05 Paris, Le Nouveau Casino
24.05 Köln, Gebäude 9
26.05 Münster, Gleis 22
27.05 Hamburg, Uebel & Gefährlich
28.05 Berlin, Lido
13.07. Rüsselsheim, Phono Pop Festival
02.08. Jena, Kulturarena



2 Kommentare :

Jens hat gesagt…

Wie schön, dass wir uns bezüglich der Klasse dieser Besetzung so einig sind.
Sehr schöner Bericht, liebe Gudrun!

Gudrun hat gesagt…

Ja, ich habe schon im Konzert auch selbst gedacht, dass ich mit Deiner Beschreibung sehr konform gehe. Und Danke für das Lob.

 

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