Donnerstag, 9. Mai 2013

Monophona, Mannheim, 07.05.13

Konzert: Monophona
Ort: Alte Feuerwache, Mannheim
Datum: 07.05.2013
Zuschauer: ca. 25
Dauer: 75min



Ich gehe ja wirklich gern und oft begeistert auf Konzerte, aber Supportbands sind für mich mehr so ein notwendiges Übel - an Wochentagskonzerten meist regelrecht ärgerlich. Zumal wenn die Stimmung dann durch ewigen Umbau und/oder Warten auf die Hauptband wieder ganz verpufft. 

Aber es gibt manchmal Ausnahmen. So geschah es mir letzten Juni in Köln, dass diese Elektroschnipsel- und Rhythmusfrickler vor Einar Stray mein Herz eroberten. Dabei ist das gar nicht mein gewohntes musikalisches Futter.


Monophona haben aber einerseits diese eindringlich unaufdringliche Frauenstimme und andererseits diese ganz eigentümliche Art, wie sie in all ihrem Minimalismus das Schlagzeug immer wieder für emotionale Ausbrüche genau richtig einsetzen. Und all das wird von den Samples gestützt und vorbereitet, die verwirrend und verwoben sind aber nicht selbstverliebt kompliziert.

Nun gab es eine Möglichkeit, die drei Künstler mit einem eigenen Programm in Mannheim zu sehen und dieser Einladung bin ich mit ziemlich großer Vorfreude gefolgt.


Auf den Abend war es auch noch ein schöner Sommertag geworden, wo das Reisen Spaß macht und gegenüber der Alten Feuerwache ging bei meiner Ankunft recht theatralisch die Sonne hinter den Mannheimer Schornsteinen unter. 

Ich war noch gar nicht so oft in der Alten Feuerwache, aber jedes Mal hatte es mir dort gut gefallen. Man kann sich auf Pünktlichkeit verlassen, der Raum wurde immer gut gestaltet und alle Personen waren ganz besonders nett. So war es auch diesmal. Aber ich war doch ein kleines bisschen erschreckt, als ich 20:30 Uhr der erste Besucher war (Beginn sollte 21 Uhr sein). So richtig strömten auch danach keine Besucher und es blieb bei nur 25 Zuhörern.  Da die Band es im Raum sehr dunkel ließ und wir alle die Musik, die es dann ab 21:15 Uhr zu hören gab, wirklich abfeierten, haben wir vielleicht eine größere Kulisse glaubhaft vorgegaukelt? 

Neu war für mich die visuelle Umsetzung der Stücke mit Mustern und Filmen und Videos, die hinter die Band auf den Vorhang projiziert wurden. Gefallen hat mir auch insbesondere, dass es nicht zu laut war - auch in den Phasen wo Jorsch Kass am Schlagzeug ganz aus sich herausging passte es in den Raum. Man kriegt höchstens eine wohlige Rückenmassage beim an die Säulen lehnen von den sich übertragenden sehr niedrigen Bassfrequenzen in den Samples von Philippe Schirrer...

Ein interessantes Instrument auf der Bühne war auch eine Schreibmaschine, die in Zwischenansagen und für Kommunikation mit dem Publikum als Vehikel diente aber auch als Rhythmusgerät (z.B. bei Warrior). 

Ich kriegte beim nachdenken über das, was ich in diesem sehr dunklen Raum und in der dort erzeugten Atmophäre hörte, die Beschreibung als haunting nicht aus dem Kopf. Weil dieses englische Wort so gut für die beiden widerstreitenden Pole steht, die gleichzeitig von der Musik in mir angeregt wurden: Es macht Angst und bedrückt, aber es verzaubert auch und berückt. (haunting = eindringlich, gespenstisch, packend, tief bewegend, unvergesslich).

Wenn man Claudine Muno auf der Strasse trifft, traut man ihr bestimmt nicht zu, solche Gefühle auslösen zu können. Auch in den Zwischenansagen war sie ganz einfach, direkt und sehr sympatisch. Sie erzählte von der Deutschland-Tour, die sie an ganz verschiedenartige Orte geführt hatte - in Punkclubs und auf Volksfestbühnen (am 1. Mai) und nun also nach Mannheim zu uns. Sie erzählte, wie sie gern so wie Curt Cobain gesungen hätte. Aber als Mädchen ist es schwer - man ist nie so laut. Daraus wurde Material für einen Song: Boy.


Für mich war der erste Höhepunkt Let me go. Das war der Moment wo ich mir sozusagen innerlich selbst auf die Schulter klopfen konnte und meinem inneren Zweifler zuflüstern: die Fahrt hat sich heut wieder gelohnt! Give up und Cracks brachten ebenfalls Momente, wo ich die Bodenhaftung für ganze Passagen verlor.



Anscheinend war ich damit nicht allein, denn ab dem zweiten Stück (Let me go) gab das Mannheimer Publikum reichlich und enthusiastischen Applaus und so mussten auch am Schluss  Zugaben spendiert werden. 

Ich bin reich beschenkt nach Hause gefahren und lass die schönen Momente seitdem immer wieder Revue passieren beim nachhören auf CD.



Eigentlich schreiben wir ja hier über Konzerte. Aber in diesem speziellen Fall muss ich auch zum Kauf der CD raten, die ganz minimalistisch eine Schönheit eigener Art bietet. Man öffnet die Hülle und wird überrascht!

Setlist:
(1) Unfold
(2) Let me go
(3) Ribcages
(4) Boy
(5) Thumb
(6) Sleep
(7) Give up
(8) Every day is like Sunday (Morrissey cover)
(9) Cracks
(10) Warrior
(11) Shades of grey

(Z1) Quiet
(Z2) The Spy 

Aus unserem Archiv:

Monophona, Köln, 20.06.2012
Monopona, Luxemburg, 10.11.2012



 

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