Donnerstag, 13. Juni 2013

La vela puerca, Karlsruhe, 12.06.13

Konzert: La vela puerca
Ort: Tollhaus in Karlsruhe
Datum: 12. Juni 2013
Zuhörer: knapp 500
Dauer: 95 min



Das Album A Contraluz von La vela puerca hat mich vor etwa 10 Jahren schwer begeistert und steht immer noch neben Ska-P und anderen eher freiheitsbegeisterten spanischsprachigen Platten in meinem Regal. Insofern freute ich mich sehr darüber, sie im Tollhaus live erleben zu dürfen. Gleichzeitig wurde mir klar, dass wir uns etwas aus den Augen verloren hatten in den letzten Jahren und dass ich außer einem "irgendwo aus Lateinamerika" keine klare Vorstellung davon hatte, wo sie eigentlich zu Hause sind.


Der Abend begann mit einem verdutzten: 1) Oh, das ist ja ein ganzer Reisebus und 2) Oh, 10 Minuten vor Konzertbeginn ist noch kein Publikum da - freie Auswahl für mich am Bühnenrand! Das hieß aber nichts schlimmes. Im Garten war es einfach noch zu schön und der etwas kleinere Saal des Tollhauses füllte sich pünktlich zu Beginn bis ziemlich an seine Fassungsgrenze. Auf der Bühne waren noch die letzten Vorbereitungen im Gange. Für so viele Leute muss halt auch allerhand vorbereitet werden.



Ich musste ja über den gezeigten Humor (DJ Il Canario regierte die Vorbereitungen mit Schnaps und Rotwein vom rechten Bühnenrand aus) etwas schmunzeln. Das würde wohl ein rustikaler Abend werden. Tatsächlich kamen dann acht Musiker auf die Bühne:

    Sebastián Teysera 'Enano' : Gesang
    Sebastián Cebreiro 'Cebolla' : Gesang
    Nicolás Lieutier 'Mandril' : Baß
    Carlos Quijano 'Coli' : Saxophon
    Alejandro Picone 'Ale' : Trompete
    Santiago Butler 'Santi' : Gitarre
    Rafael Di Bello 'Rafa' : Gitarre
    José Canedo 'Pepe' : Schlagzeug



Da auch die Sänger oft Gitarre spielten, waren bis zu vier Gitarren auf der Bühne beschäftigt. Und das Schlagzeug äußerst druckvoll - man hatte PP auf der rechten Seite und von vorn in einen Glaskäfig gesperrt. Wer da vor wem geschützt werden sollte, hätte ich gern erfahren.




Schon im Hineingehen war klar, hier wurde mehr als ein wenig Spanisch gesprochen. Das Publikum war zum großen Teil aus Leuten zusammengesetzt, die entweder aus Lokalpatriotismus oder als langjährig treue Fans diesen Abend von der ersten bis zur letzten Minute durchfeiern würden. Dazu Tollhauspublikum, das einfach darauf vertraute, dass hier stets eine gute Abendunterhaltung geboten wird und man dem Programmheft trauen darf.



Ich sah die Uruguayische Fahne und Leute in Shirts mit den hellblau-weißen Streifen der Uruguayer. Die immerhin wußten, dass La vela puerca zu Hause seit mehr als 10 Jahren ein Gigant ist, der locker Stadien füllt. Wieso sie in Deutschland einige Bekanntheit erlangten, erklären sie selbst so:

Antes de lanzar el disco, vuelven a Europa para tocar en varios países. En Alemania son invitados por el grupo local Die Ärzte - uno de los más importantes del país - para compartir cartel en varios shows. La Vela devolvió la gentileza meses más adelante, invitando a Die Ärzte a tocar en Uruguay y Argentina (*).



Ich war auf einen lauten Abend gefasst, leider gingen aber in der Abmischung des Abends gerade die Sänger unter (die mir eigentlich so gut gefallen mit ihren bewegten Texten). Außerdem wurde es nach einiger Zeit vorn sehr ungemütlich, weil sich dort ein regelrechter Moschpit entwickelte. Eine kleine Lateinamerikanerin neben mir, war völlig fassungslos, als sie das erste Mal derb gegen den Bühenrand geschubst wurde. Ich habe mir dann auch lieber diese Begeisterung von ganz hinten angesehen. Einige haben offensichtlich noch ein bisschen Rock am Ring nachfeiern müssen (auf dem ersten Bild oben sieht man auch einen Crowdsurfer).



Musikalisch gab es (außer der genannten schlechten Abmischung der Stimmen) nix zu meckern für mich. Von allen Alben wurden Songs gebracht und die Bläser setzten strahlende Akzente auf die rockige Musik. Am liebsten waren mir persönlich die Stücke, die mehr Richtung Ska tendieren, weil ich davon immer so fröhlich werde. Es sind auch diese Stücke, die in meinem Umfeld wahrhafte Tanzkunststücke auslösten. Hüftschwünge, die echt schön anzusehen sind!



Einen besonderen Moment bereitete uns allen (Band und Zuhörern) der Song Zafar.  Eigentlich eher ruhig und innig, wurde durch die ersten beiden Akkorden eine wahre Eruption des Saales ausgelöst. Der Sänger hatte sich gesetzt und sang in ergreifender Innigkeit den ersten Teil des Songs. Durch etwas weniger rums von der Bühne, waren die 100en mitsingenden Stimmen ringsum besonders gut zu hören. Ein toller Moment!


Es gab zwei musikalische Gäste. Einmal wurden die Gitarren durch Alex aus Berlin verstärkt und gegen Ende gab es einen langhaarigen Sänger. Falls er vorgestellt wurde, ist das für mich untergegangen. Er fiel dadurch auf, dass er im Gegensatz zu den doch sehr Testosteron-gesteuerten Rockern fast etwas tuntig wirkte und mit eng anliegenden Leggings auf der Bühne mit dem Publikum kokketierte.


Die Ansagen von La vela puerca erfolgten erstaunlich wortgewandt auf Deutsch (sehr sympatisch) und Spanisch und es machte schon den Eindruck, als hätten sie Spaß daran, sich vor dem Publikum in Deutschland zu präsentieren. Es wurden auch ausführlich (etwa 15 min) Zugaben gegeben und in diesem Block ihr Superhit El viejo (dt.: der Alte) endlich gebracht. Mit einem überglücklichen "Muchas graciaaaaaaaaaaaas" der beiden Sebastiáns war dann endgültig Schluss.



Nach dem Konzert radelte ich wieder am eindrucksvollen Tourbus vorbei, wo der Saxophonist gerade eine Zigarette genoss. Ich rief ihm kurz einen spanischen Dank für das Konzert zu, woraufhin er mich als die Frau vom Bühnenrand erkannte und sich danach erkundigte, was ich da eigentlich in mein Heft geschrieben hatte. Escrivo sobre su concierto en mi blog. Keine Ahnung, was blog auf spanisch heißt - zu meiner Schulzeit gab es so etwas noch nicht. Aber er hatte mich verstanden und nachdem ich versprochen hatte, ihm den link zum deutschen Konzertbericht zu schicken, durfte ich nach Hause fahren.

(*) Bevor die CD dort herauskam, kamen wir nach Europa, um in verschiedenen Ländern zu spielen. In Deutschland waren wir durch die dortige Band "Die Ärzte" eingeladen worden - eine der wichtigsten Bands des Landes - um in ihren Shows Support zu spielen. La vela erwiderte diese freundliche Geste mit einer Gegeneinladung einige Monate später und lud Die Ärzte ein in Uruguay und Argentinien zu spielen.

Setlist:
(Die Teile davon, die auf spotify verfügbar sind)


... y así vivir (Piel y huesco 2011)
Colabore (El impulso 2007)
Haciéndose pasar por luz (A contraluz 2004)
Sobre la sien (Piel y huesco 2011)
Por dentro (De Bichos y flores 2001)
Rebuscado (De Bichos y flores 2001)
Doble filo  (A contraluz 2004)
La teoría (Piel y huesco 2011)
La sin razón (El impulso 2007)
Zafar  (A contraluz 2004)
Va a escampar  (A contraluz 2004)
Todo el karma (Piel y huesco 2011)
De atar  (A contraluz 2004)
El ojo moro (De Bichos y flores 2001)
De tal palo tal astilla (Deskarado 1999)
Se despierta (Piel y huesco 2011)
Sigo creyendo (Piel y huesco 2011)
Manana (De Bichos y flores 2001)
Llenos de magia  (A contraluz 2004)

Por la ciudad (De Bichos y flores 2001)
Vuelan palos (Deskarado 1999)
El viejo (De Bichos y flores 2001)
El profeta (De Bichos y flores 2001)


Tourdaten Deutschland 2013:
 
07.06. Hannover, Expo Plaza Open Air (mit Die Toten Hosen)
08.06. Twistringen, Ziegelei Open Air
10.06. Konstanz, Kulturladen
11.06. München, Olympiahalle  (mit Die Toten Hosen)
12.06. Karlsruhe, Tollhaus
13.06. Erlangen, E-Werk
14.06 München, Free & Easy @ Muffathalle
15.06. Annaberg, Buchholz, Alte Brauerei


Musikplayer (mp3) von La vela puerca

Mehr Bilder vom Abend:





2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Mir hat dein Bericht sehr gut gefallen. Ich habe la vela in Düsseldorf gesehen -- endlich! Leider bin ich des Spanischen nicht mächtig. Vielleicht könntest du mit der ein oder anderen Übersetzung aushelfen? (z.B. El viejo)
Das wäre schön
mit vielen Grüßen aus Koblenz
Kay

Gudrun hat gesagt…

Liebe/r Kay, danke für das Lob. Ich habe jetzt die spanischen Teile übersetzt.

 

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