Dienstag, 29. April 2014

Zoë Boekbinder, Karlsruhe, 28.04.14

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Konzert mit Zoë Boekbinder
Datum: 28. April 2014
Dauer: 70 min
Zuschauer: knapp 30


Es ist ja doch immer etwas spannend (bis gefährlich), seinen Idolen persönlich zu begegenen. In meiner Einladung zu diesem Konzert hatte ich geschrieben, dass ich fast in Ohnmacht gefallen bin, als Zoë Boekbinder mich angefragt hat, ob ich sie in meinem Wohnzimmer empfangen würde. Ihre Musik begleitet mich schon so lang und nun würden wir uns also persönlich treffen?


Am Vorabend gab es für mich schon ein erstes herantasten an das Liveerlebnis und ich konnte auch die beiden Tourbegleiterinnen kennenlernen. Anschließend hatten die drei bei uns Quartier bezogen und so hatten wir vor dem Konzert schon vergleichsweise viel Zeit miteinander verbracht. 


Für mich war es sehr beruhigend, dass viele Freunde diesen Abend mit uns teilen wollten. Und es gab am Nachmittag schon Bilder von einem Schokokuchen, der im Laufe das Abends bei allen Gästen gut ankam und als Werbeträger für das Konzert eingesetzt wurde (hatten wir auch noch nicht...).


Die Musikerinnen begannen ihr Set ein bisschen aus der Hüfte, wir hatten erst im allerletzten Moment umgeräumt und die Instrumente aufgebaut und so war noch nicht alles ganz perfekt. Aber es war irgendwie auch passend, weil sich z.B. die erste Zuschauerreihe mit Behelfssitzen anfreunden musste und gerade noch herausfand, wie es am bequemsten ist.


In meiner Begrüßung hatte ich einen unvergesslichen Abend versprochen und in der nächsten reichlichen Stunde entfaltete sich tatsächlich ein intimes, herzliches und bisweilen Funken sprühendes Verhältnis zwischen Zoë und den Zuhörern. Viele sagten mir im Abschied, dass sich mein Versprechen erfüllt habe. Was für ein Geschenk! Im Vergleich zum Vorabend in der Kellerhalle war es meiner Meinung nach sehr viel lebendiger und kommunikativer. Tatsächlich ergab es sich aus der Laune des Moments dass das von mir sehr gewünschte Lied I don't need a machine in zwei Versionen gespielt wurde und das Publikum über die bessere Version abstimmen durfte (die punkige Version war der Publikumsliebling!).


Zoë erzählte von ihrem innig geliebten alten Haus in New Orleans, in dem die Vergänglichkeit der Dinge in der Zeit so schön sichtbar ist. Und von ihren Schmerzen, dass sie wohl keine andere Wahl haben wird, als diesen schönen Ort wieder zu verlassen.


Beiden Abenden gemeinsam war, dass mich die Lieder aus dem Gefängnis am meisten beeindruckt haben. So viel wahres - so poetisch und in der Musik noch verdichtet! 


Und auch im letzten Moment des Konzertes beschenkte sie uns noch einmal extra mit unveröffentlichten Material aus ihrer Folkoper. Wortreich um Nachsicht bittend, weil das natürlich nicht so geplant und folglich auch nicht geübt war, aber letztlich mit einer musikalisch stimmigen letzten Nummer. 


Was für ein wunderbares Konzert!

Fotos gibt es noch mehr in Hülle und Fülle - Michael Roth war ein aufmerksamer Fotograph für den ganzen Abend (vielen herzlichen Dank!). Und Simundo ein ein zuverlässiger Berichterstatter.


Setlist
01: Poison (neu)
02: Sour Lemons (Darling specimens)
03: Baby Bandit (Baby bandit)
04: Antarctica (Baby bandit)
05: I'm not sad at all (100 songs, Baby bandit)
06: Anything Forever (Darling specimens)
07: Grass or the ground (100 songs, Baby bandits)
08: Fade (100 songs, Baby bandit)
09: Salt Water (Darling Specimens)
10: I don't need a machine (new)
11: Monster (Prison project)
12: All over (Prison project)

13: Flowers (Z, solo, Prison Project) 
14: Excerpt from Folk opera (Z, solo, new)


Aus unserem Archiv:
Zoe Boekbinder, Karlsruhe, 27.04.14
Tourankündigung


aktualisierte Tourdaten:

 29.04.     House Show  / Stuttgart   *
 02.05.     N9 Villa /  Eecloo    
 03.05.     Oliver Peel Session / Paris  * 
 04.05.     Cafe du Cinema  / Nantes       
 24.05.     Bierhalle  / Balgach   
 25.05.     White Rabbit  / Freiburg    
 26.05.     Les Amis  / Bern   
 28.05.     Treffpunkt  / Herisau
 29.05.     La Catrina  / Zürich    
 31.05.     Mo.ë  / Wien
 02.06.     tba  / Prag        
 07.06.     tba  / Dresden

 08.06.     tba  / Berlin


Montag, 28. April 2014

Les concerts de la semaine du 28 avril au 4 mai 2014

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Les concerts de la semaine du 28 avril au 4 mai 2014



Quelques beaux concerts nous attendent aussi cette semaine. Ce lundi soir à L'Espace B va être très shoegaze avec les italiens Be Forest et les français Dead Sea, j'ai hâte de voir ça! Puis les américains San Fermin (pop à la Sufjan Stevens) sont très attendu à la Maroquinerie également. Le mois de mai va vous enchanter avec deux home shows notamment, June Madrona à Aubervilliers, puis Zoe Boekbinder, Baptiste Hamon et Alma Forrer lors d'une Oliver Peel Session!

28.04.2014: Metronomy (avec Woman's Hour et Swim Deep), Le Zenith, complet
28.04.2014: Be Forest et Dead Sea, Espace B
28.04.2014: Sleepy Sun, Point Ephémère
29.04.2014: Ventru, Blondino, Luciole, Les Trois Baudets
29.04.2014: Glass Animals et Gruff Rhys, Nouveau Casino
29.04.2014: Russian Red, Café de la Danse 
29.04.2014: Ava Luna et Aqua Roja, Espace B
30.04.2014: The Strypes, La Gaité Lyrique, complet
30.04.2014: BRNS et Piano Chat, Point Ephémère 
30.04.2014: San Fermin, La Maroquinerie 
30.04.2014: Kasabian, Bataclan, complet 
30.04.2014: The Jones et Margot Cotten, Gibus Café
30.04.2014: Seilman Bellinsky et Drache et Percevalmusic, Espace B

Mai

01.05.2014: Barzin, Espace B
01.05.2014: Joseph Fisher, Le Pop In
02.05.2014: Amatorski et Patterns, La Fléche d'or 
02.05.2014: June Madrona, home show chez Rivkah
03.05.2014: Oliver Peel Session avec Zoe Boekbinder 
03.05.2014: Superets, Espace B


Zoë Boekbinder, Karlsruhe, 27.04.14

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Konzert: Zoë Boekbinder mit Support Taylor Ross
Ort: Kellerhalle in Karlsruhe
Datum: 27. April 2014
Dauer: 20 min + 55 min
Zuschauer: 60-70


Der 27. April 2014 war der Tag, an dem ich endlich auch persönlich einmal die Kellerhalle in Karlsruhe kennenlernen konnte. Als ich nach einer Auftrittsmöglichkeit für Zoë Boekbinder am Sonntag suchte, war ich auf diesen Veranstaltungsort aufmerksam geworden. Es ist doch immer wieder lustig, wie sehr man sich gegenseitig übersehen kann, obwohl man fast mit der Nasenspitze aufeinander sitzt. Na, das ist nun vorbei und vermutlich wird das nicht mein letzter Besuch im Indie-Konzertkeller der Oststadt bleiben!


Zum Glück hatte am Sonntag alles so problemlos geklappt, dass ich schon 19:30 Uhr vor Ort sein konnte. Nach ein bisschen suchen und raten, wie die Beschilderung gemeint ist, hatte ich es doch recht problemlos gefunden und fand schon viele erwartungsfrohe Besucher vor, lachende Gesichter - ein paar davon sogar bekannt - einen dampfenden Grill, einen Getränkestand mit meinem Lieblingsbier und tatsächlich auch  Zoë mitsamt ihren zwei Mitmusikerinnen für den Abend Taylor Ross (Drums, Gesang und Banjo) und Danah Olivetree (Cello und Gesang). Der Raum war mit Stühlen und Sofas gemütlich ausgestattet, an den Wänden glitzerten viele kleine Lichter - sehr schön und einladend war das!!


Wir kamen leicht ins Gespräch, besprachen ein paar organisatorische Details für den Abend und werteten die bisherigen Tourerlebnisse in Deutschland aus. Gegen 20:30 Uhr betraten die drei die Bühne für ein letztes Checkup des Aufbaus und anschließend eröffnetet Taylor mit vier Stücken den Abend. Sie ist eine beeindruckende Frau, die anscheindend kaum stillstehen kann. Abwechselnd mit Banjo und Gitarre begleitete sie die Lieder, die alle irgendwie mit weggehen zu tun hatten. Ihre Stimme ist rauh und herb, aber doch einladend und verführerisch. Sie band meine Aufmerksamkeit mit Leichtigkeit. Das restliche Publikum war auch vom ersten Moment an sehr aufmerksam dabei und klatschte enthusiastisch.



Nach etwa 20 min betraten auch die beiden anderen Musikerinnen die Bühne und führten das Set ohne Pause mit Musik von Zoë Boekbinder fort. Es war schon eine besondere Atmosphäre zu spüren. Sie eröffneten einerseits etwas nervös - andererseits aber auch mutig - mit einem neuen, gerade erst geübten Song Poison. Der typische Satzgesang hatte es hier ganz schön in sich, aber es lief sauber durch. 


Anschließend gab es für den Ablauf immer mal kleine Anpassungen im Aufbau, weil der Tonabnehmer für das Cello kaputt war und sie so (mindestens) in Mikro zu wenig hatten. Es wurde zwischen Dana und Taylor auch ganz schön viel geflüstert und gekichert. Etwa in der Mitte des Sets dämpfte Taylor die Drums noch mit zur Verfügung stehenden Objekten. Dafür musste auch Zoë ihr Sweatshirt spenden...


Musikalisch war es für mich am stimmigsten in den letzten vier Songs der Setlist. Die waren alle sehr getragen und fast schon melancholisch und ich war selbst ganz überrascht, dass diese mein Herz am meisten beeindruckt hatten, da ich doch gerade die etwas schräge Rhythmik sonst an Zoë Boekbinders Musik so schätze. Thematisch ging es in den Songs aus dem Projekt im Folsom Prison um das Scheitern und nicht in der Gesellschaft ankommen können. Sowohl Monster als auch All over packten mich sehr in der Art, wie diese Lebenssituation geschildert wurde.


Es wurde stets enthusiastisch applaudiert, gelacht und auch zwischendurch gerufen, wenn die Ansagen von der Bühne eine Antwort provozierten. Kurz vor 22 Uhr war das Konzert inklusive der Zugabe schon vorbei und so gab es noch Ruhe und Gelegenheit, ein paar neue Gesichter kennen zu lernen und Pläne zu machen. Ein sehr schöner Sommerabend nahm so ein rundes und mich tief zufrieden zurücklassendes Ende!



Setlist
01: Poison (neu)
02: Sour Lemons (Darling specimens)
03: Baby Bandit (Baby bandit)
04: Antarctica (Baby bandit)
05: I'm not sad at all (100 songs, Baby bandit)
06: Anything Forever (Darling specimens)
07: Twine (Baby bandit)
08: Salt Water (Darling Specimens)
09: Fade (100 songs, Baby bandit)
10: Grass or the ground (100 songs, Baby bandits)
11: Monster (Prison project)
12: All over (Prison project)

13: Flowers (Z, solo, Prison Project) 


Tourankündigung

aktualisierte Daten:

 28.04.     Konzertagebuch / Karlsruhe  *   
 29.04.     House Show  / Stuttgart   *
 02.05.     N9 Villa /  Eecloo    
 03.05.     Oliver Peel Session / Paris  * 
 04.05.     Cafe du Cinema  / Nantes       
 24.05.     Bierhalle  / Balgach   
 25.05.     White Rabbit  / Freiburg    
 26.05.     Les Amis  / Bern   
 28.05.     Treffpunkt  / Herisau
 29.05.     La Catrina  / Zürich    
 31.05.     Mo.ë  / Wien
 02.06.     tba  / Prag        
 07.06.     tba  / Dresden

 08.06.     tba  / Berlin 

Wunderbare Bilder von Michael Roth (aka MicialMedia)

Mehr von meinen Fotos:

 



Sonntag, 27. April 2014

Honig und Hello Piedpiper, Reutlingen, 22.04.14

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Konzert: Stefan Honig und Hello Piedpiper
Ort: Franz K. in Reutlingen
Datum: 22.04. 2014
Dauer: 45 min + 65 min
Zuschauer: etwa 50


Excuse me for a while
While I'm wide eyed


Als bekannt wurde, dass Stefan Honig und Fabio aka Hello Piedpiper (wieder) zusammen touren, fand ich die Vorstellung spontan sehr charmant. Offensichtlich war durch dieses Besetzung für jedes der Konzerte ein herrlicher Abend für das Publikum vorprogrammiert. Beim auswerten der Orte wurde aber schnell klar, dass es für mich höchstens in Reutlingen möglich sein würde, selbst dabei zu sein. Und Reutlingen... das ist schon ganz schön hinter den Bergen bei den sieben Zwergen, wenn man in Karlsruhe wohnt. 


Geklappt hat es dann auch nur in der Kombination aus Stuttgarter Freundin anstiften und so nebenbei eine Mitfahrgelegenheit inkl. Übernachtungsmöglichkeit in Stuttgart  zu erhalten. Und auch so blieb es ein bisschen verrückt.


Die Hinfahrt war ein wenig vergurkt. Die Straßenbahn war genau so zu spät, dass mir der IC vor der Nase wegfuhr. Zum Glück (und einmalig zu dieser Tageszeit) kommt wenig später ein TGV aus Paris nach Stuttgart, für den ich aber erst noch eine andere Fahrkarte besorgen musste, die es nur am Schalter gibt. 5 Minuten vor Abfahrt des TGV war mir das tatsächlich auch gelungen und bis Stuttgart würde ich so nun wenigstens kommen.  Natürlich musste es dann in Stuttgart mit dem umsteigen in den Regionalexpress noch etwa spannend werden, aber dann war eigentlich schon sofort alles gut. 


Die ganze Aufregung fiel von mir ab, die Abendsonne ließ ihren Charme spielen und die betont leutseligen Ansagen des Zugführers in tiefster Ortsfärbung taten sicher auch ihren Teil dazu. In Reutlingen selbst sind es nur drei Schritte und schon beim ersten davon sah ich meine Verabredung 50 m vor mir dem gleichen Ziel zustreben, wo wir so ziemlich kurz vor knapp vor Beginn eintrafen, mit dem "Wissen" erfahrener Indie-Konzert-Besucher, dass es ja eh noch ewig dauern würde, bis es wirklich los geht.


Aber wir hatten gerade unser Bier in der Hand, als Fabio die Bühne betrat und der musikalische Teil des Abends schon begann. Was nicht wirklich stimmt, denn für das erste Stück hatte Fabio Unterstützung durch Stefan und beide zeigten schon mit diesem Auftakt, dass meine Baucheinschätzung eines garantiert lohnenden Konzertabends absolut zutreffend gewesen war.


Es fällt mir ein bisschen schwer, einzelne Facetten des Sets besonders hervor zu heben, weil ich mir nichts aufgeschrieben habe (weil ich nicht kommentierend dabei sein wollte, sondern lieber ins Geschehen versinken). Zum Glück (auch wenn ich das in dem Moment noch nicht wissen konnte), hat Ursula ja getreu bekundet, was musikalisch in Gießen geboten wurde und in Reutlingen wurde zwar adaptiert und neu sortiert, aber die Grundidee beibehalten. 




Dass sich beide Musiker schön ergänzen, war für den Abend bezeichnend. Und das Publikum war vom ersten Moment an begeistert dabei. Sehr aufmerksam und still während der Songs und begeisternd klatschend danach. Ein Reutlinger Fan brachte im Set von Stefan Honig einen Strauß Flieder auf die Bühne. Anscheinend schon eine Tradition in Honig Konzerten in Reutlingen.



Ich persönlich kann mir ja auch keine andere Reaktion auf die Musik und den Charme von Fabio und Stefan auf der Bühne vorstellen... Gegen 22 Uhr war trotz reichlich bemessener Zugaben das Konzert schon vorbei und wir nutzten die Gunst der Stunde, noch ausführlich zu reden und die Seele baumeln zu lassen und ein paar Pläne zu machen.


Was für ein schöner Abend das wieder war! Und wie empfehlenswert das Franz K. in Reutlingen ist. Und wie schön, wenn man so schöne Erlebnisse mit lieben Freunden teilen kann.

Setlist Hello Piedpiper
(Danke an Fabian, der aufgepasst hat)

01. neu (mit Stefan Honig)
02. The Fear (akustisch am Bühnenrand)
03. Ennio
04. The pawn that beats the drake (mit Stefan Honig)
05. War
06. The taciturn fool
07. Not waving but drowning

08. Life in autarky (Z)



Setlist Honig (unsortiert)
Leave me now
Hometowns
Look what the tide brought in
Overboard
This old house
Burning down bookshops
Song for Julie
Swimming lessons
Brand new bike
In my drunken head
Lemon law
Golden circle
For thoses lost at sea
Homesick (Radical Face cover) 
John Wayne Gacy, Jr. (Sufjan Stevens cover)

Strong (London Grammar cover) zweite Zugabe


Aus unserem Archiv
Hello Piedpiper und Honig, Gießen, 21.04.14
Hello Piedpiper, Sindelfingen, 14.09.13
Hello Piedpiper, Karlsruhe, 07.06.13
Honig, Bonn, 27.03.14

Honig, Ludwigsburg, 30.11.13
Honig, Reutlingen, 27.07.13
Honig und Hello Piedpiper, Köln, 22.10.12
Honig, Haldern, 11.08.12
Honig, Köln, 30.11.09



Samstag, 26. April 2014

Birth of Joy, Stuttgart, 17.04.2014

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Konzert: Birth of Joy
Vorband: The Recalls
Ort: Club Zwölfzehn, Stuttgart
Datum: 17.04.2014
Dauer: Birth of Joy 75 Minuten; The Recalls 32 Minuten
Zuschauer: etwa 50



„Wir sind Birth of Joy aus Holland und gekommen, um zu rocken.“ Kevin Stunnenberg steht breitbeinig in der Bühnenmitte, scheut sich nicht im geringsten vor überzogenen Rockstar-Posen, wagt vollmundige Versprechen und macht doch alles richtig. 
Bands, in denen der Rhythmus nicht vom Bass sondern der Orgel getragen wird, sind seit den mittleren 60ern nicht ohne Tradition. Während man The Doors gerne als Paradebeispiel nennt, wird meist vergessen, dass Sky Saxon mit seiner Gruppe The Seeds eben diesen den erfolgreichen Weg ebnete. Birth of Joy aus Utrecht bewegen sich geschickt in altbekannten Gewässern und sorgen mit rotziger Hard-Rock-Attitüde und leichten Stoner-Rock-Anleihen für neue Farcetten: Jim Morrison trifft auf Josh Homme und ein bisschen Jack White. Das macht Spaß, ist mitreißend und äußerst stilvoll. Dass dem eine regelrecht retromanische Performance vorangeht, passt da nur gut ins Bild. 


Eröffnet wird der Abend im Zwölfzehn nämlich von The Recalls, einer deutsch-chilenischen Formation aus Stuttgart. Dabei handelt es sich um eine ganz klassische Beat-Kombo in Paisley Hemden, mit Frisuren, die Paul Weller gefallen würden und das nicht nur, weil der Sänger aussieht wie sein eigener Keyboarder und The-Moons-Bandleader Andy Crofts. Deutsche Mod-Bands sind rar gesät, umso begeisternder ist der Auftritt des jungen Quartetts. 

Mit Titeln und Songtexten, die so herrlich einfach sind, wie es nur in den frühen 60ern richtig opportun war, ist das unterhaltsam und unverfälscht. Dazu kommen Kinks-Riffs und eine kollektive Trommeleinlage während des letzten Songs. Gerade erschien das aktuelle Album, „Wait for the Sun“, beim Szenelabel Time For Action Records. Zwischen Northern Soul und improvisierten Garagen-Sounds angelegt, ist die Musik ergreifend schlicht. Nach einer halben Stunde bin ich von der jungen Band überzeugt, die mit Leichtigkeit ihre Labelkollegen The Pikes aus Berlin übertrifft. 


Von der musikalischen Reise ins Jahr der Beatle-Mania entfernt sich der Hauptact Birth of Joy wieder. Passende Referenzen sind Bands der späten 60er. Auf dem Cover von „Life in Babalou“ wie Pink Floyd in Pompeji inszeniert, ist das Konzept allerdings mitnichten psychedelisch. Vielmehr spielen Stunnenberg, Bob Hogenelst (Schlagzeug) und Keyboarder Gertjan Gutman eine anachronistische Rockshow, die sich nicht für den zeitgeistigen Konsens interessiert. Das beginnt beim Rockstar-Gestus des Gitarristen und Sängers und zieht sich bis zu den Ansagen. Lino vom Gig-Blog hört „eine Soundmischung irgendwie aus Led Zeppelin und Kula Shaker mit ein wenig Vanilla Fudge“ und beschreibt mit ein wenig name dropping den akustischen Teil des Konzerterlebnis ziemlich treffend. 


„Teenybopping is everywhere around“, singt Stunnenberg im Timbre eines Jim Morrisons. Das Fehlen des Basses weckt erneut Assoziationen zu den Doors. Deren „Five To One“ wird dann tatsächlich als Zugabe gespielt. Das mag nicht sonderlich originell sein, vielleicht auch Offensichtliches allzu deutlich betonen, doch greift man nichtsdestotrotz erstaunlich kurz, möchte man Birth of Joy des reinen Doors-Epigonentums bezichtigen. Denn wo deren Songs von Manzareks Orgelkaskaden und der physischen Präsenz Morrisons getragen werden, ist das Bandgefüge bei den Niederländern anders aufgestellt. In der Mitte steht der unfassbar präzise Einsatz des Schlagzeugers, der so dominant wie herausragend spielt und den melodischen Instrumenten den nötigen Raum für längere Improvisationen an der Grenze zur Jam-Sessions lässt. „I am messing up“, wird zwar zu bluesigen Riffs skandiert, aber spätens als Stunnenberg im darauffolgenden Song, „Motel Money A Way“, in ehrfurchtsloser Steve-Cropper-Manier „Green Onions“ zitiert, beweist er beiläufig das Gegenteil. 

Atemlos geht es weiter, „Spread Your Wings Like An Eagle“, singt er. Es ist die breitbeinige Großspurigkeit des klassischen Hard Rocks, die dem Konzert und den Songs der Gruppe eine weitere köstliche Note verleiht. Stunneberg findet das alles „geil“, das Publikum auch. Der allererste Song der 2005 gegründeten Band wird den Recalls gewidmet und in die Länge gezogen. Jam-Rock von seiner besten Seite und aufrichtige Begeisterung der gut 50 Zuschauer sind das Resultat.

 „Grow“ heißt das anschließende musikalische Statement, das man am ehesten als Stoner Grunge beschreiben könnte. Nach zwölf Songs dann noch „Make Things Happen“ als Abschluss, schon jetzt eine Art signature tune, einer der besten niederländischen Bands. Anachronismus, Authentiziät und Leidenschaft machen das Konzert zu einem Erlebnis. Das erwähnte Doors-Cover als Zugabe, ein fiependes Feedback, gibt es obendrauf. Der Schluss nimmt noch einmal augenzwinkernd alle Assoziationen aufs Korn und beweist ganz nonchalant, dass auch das pointierte Spiel mit Klischees locker beherrscht wird. „Ballroom days are over“, der altbekannte Slogan, schließlich „Come together one more time“ und „Get together one more time", nocheinmal. Ein Mantra des selbsternannten Schamanen Morrison zum Schluss, nichts wäre passender.


Árstíðir, Gera, 25.04.14

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Konzert: Árstíðir im Rahmen der Geraer Songtage
Ort: Trinitatiskirche Gera
Datum: 25. April 2014
Dauer: 90 min
Zuschauer: etwas mehr als 200 

Foto (c) Valentin Boettcher

It's your turn now shine

Manchmal gebe ich nicht nur gute Ratschläge, sondern befolge sie selbst. Geht zu den Geraer Songtagen - habe ich gesagt. Schon letztes Jahr und dieses Jahr wieder - und nun war ich endlich selbst da. Árstíðir in einer Kirche - ich habe ehrlich gesagt nicht sehr lange überlegt, ob sich die Fahrt von Karlsruhe lohnt. Ich habe nur meinen Geraer Leuten Bescheid gesagt, dass wir da einen Termin haben.


Meine Liebe für die Musik der Formation entbrannte mit Ljóð í sand  von ihrem zweiten Album (das ich auf einem Grapevine-Sampler kennenlernte). Später kaufte ich das ganze Album direkt in Island - schöne neue Welt sei Dank, ist das ja oft nur ein paar Clicks entfernt. Es ist aber gar nicht so einfach, die jungen Männer im Konzert zu sehen in Deutschland. Markus hat es in Berlin schon geschafft und war restlos begeistert. Und Besucher des Rudolstädter Folkfestivals hatten 2013 auch schon das Vergnügen. Dort hatten die Veranstalter der Songtage im Konzert auch den Plan gefasst, das Ensemble nach Gera zu holen.

Foto (c) Falko Trojahn
An diesem heiteren Tag in Gera war allerdings erst einmal weiteres warten angesagt. Die Band hatte im Stau gestanden und war erst 20:15 Uhr angekommen (geplanter Beginn war 20:30 Uhr). Im Garten an der Kirche kam man aber schnell miteinander ins Gespräch und es war deutlich, dass es wohl gut gefüllt werden würde. Eine spürbar freudige Erwartung lag in der Luft, die nicht zuletzt auch von den Veranstaltern ausging. 
 
Foto (c) Valentin Boettcher

Etwas nach 21 Uhr ging dann die Tür auf und der Einlass wurde superfix abgewickelt. Nachdem alle Ticketinhaber saßen, wurde noch einmal zusammengerückt auf den Kirchenbänken, damit die letzten, die noch vor der Tür standen, auch ein Plätzchen finden konnten. Die Kirche erwies sich als echtes Kleinod.

Foto (c) Valentin Boettcher

Das Konzert begann acapella und setzte gleich den lyrischen Ton, der mir die Musik dieser Isländer so lieb macht. Die Band war mit vier Personen aus Island angereist und ein Cellist war dazugestoßen. Alle fünf sangen saubersten und innigsten Satzgesang unverstärkt. Die Kirchenakustik trug das perfekt in den letzten Winkel. Und der anschließende Applaus sagte, dass hier kein Herz unberührt geblieben war. Diese enthusiastische Freudenbekundung setzte sich (ganz zurecht!) während des ganzen Konzertes fort.

Foto (c) Valentin Boettcher
Im Altarraum war natürlich mehr vorbereitet für Guillaume Lagraviere (Cello), Karl Aldinsteinn Pestka (Violine), Daniel Auðunsson (Gitarre), Ragnar Ólafsson (Piano) und  Gunnar Már Jakobsson (Gitarre). Karl, der Geiger rechts außen regelte während des ganzen Konzerts mit seinen nackten Füßen auf Drehschaltern, Pads und Touchscreens den Klang und auch sonst gab es sehr viel kleine und große Gerätschaften auf der Bühne.

Foto (c) Valentin Boettcher
Was sich schon in dem ersten Stück angedeutet hatte: diese Musiker sind auf ganz besondere Weise aufeinander eingestimmt. Es ist - noch mehr als sonst - das gemeinschaftliche Tun, was diese Musik entstehen lässt und einen im Hören unversehens an einen heimatlichen Ofen holt - an einen Ort wo sich Leute versammeln und es gut miteinander haben.


Das Programm des Abends bot uns eine Sammlung von Stücken beider existierender Alben und von Stücken, die auf dem neusten Tonträger einen Platz finden sollen. Stücke, die mir schon am Herz liegen neben Material, was gerade noch geformt wird.


Und die Ansagen - sie sprühten nur so vor unverstelltem Charme. Sie waren einladend und entwaffnend und so musste ich die jungen Männer einfach von ganzem Herzen lieb haben. Nach etwa 40 min gab es eine Pause, die nur 10 min dauern sollte, aber dann 25 min brauchte, weil der Strom der Menschen, die hinten bei den pausierenden Musikern CDs und Platten kaufen wollten, nicht abriss.
Foto (c) Valentin Boettcher
Im zweiten Teil zeigten sie, warum ihr Name, der übersetzt  Jahreszeiten heißt, so sprechend für ihre Musik ist. Denn mit einem fast 10 minütigen Shades mit Tárin ohne Pause fortgesetzt ließen sie musikalisch einen Sturm aufziehen und wieder vergehen, so dass mir im Publikum wirklich die Luft wegblieb. Eine moderne Variante des Vivaldi-Klassikers.  So fiel es im Finish schwer, dieses Konzert zu beenden. Die Zeit war verflogen und als nach dem aufwühlenden Shades/Tárin ein Urgestein der Band Kill us die Wogen wieder mit hymnisch in den Abend gesandten und zuversichtlichen Harmonien glätten durfte, durfte doch noch nicht Schluß sein!


Klar, dass wir uns eine Zugabe erklatschten. Aber auch danach war die Begeisterung ungebrochen und mitgerissen vom Enthusiasmus des Geraer Publikums fand sich die Band (sichtlich ungeplant) noch einmal a capella vor der Bühne ein und verabschiedete uns mit einem Hymnus Heyr himna smiður der innig, fokussiert und jubilierend einen wunderbaren Abschluss eines absoluten Ausnahemabends bildete.


Es bleibt mir nur, den Organisatoren der Songtage von ganzem Herzen zu danken und zu gratulieren: das habt ihr wirklich sauber hingekriegt! Wunderbar, dass es solche Leute wie euch gibt!


Und es gibt die Möglichkeit, das dritte Album von Árstíðir mit zu finanzieren. Oder einfach nur das wunderbar gemachte Video zur Kampagne anzusehen (ehrlich - es ist wunderschön; der link findet sich weiter unten).


Foto (c) Valentin Boettcher


Setlist (von Stefanie Oepen)
01: Góða veislu gjöra skal
02: Látum okkur sjá
03: Heiðin
04: Cannon
05: You just have to know of me
06: Moonlight
07: Ró
08: Ljod i sand
09: Siðasta Kveðjan

10: Orð að eigin vali
11: Days and Nights
12: Shine
13: Shades
14: Tárin

15: Næturylur
16: Kill us


17: Nú gleymist ég (Z)


18: Heyr himna smiður (Z)


Aus unserem Archiv:  
Árstíðir, Berlin, 08.04.12 
Vorschau Geraer Songtage

Kickstarter Kampagne für das dritte Album


 

Konzerttagebuch © 2010

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