Montag, 1. Dezember 2014

Owen Pallett, Karlsruhe, 30.11.14


Konzert: Owen Pallett mit Support Foxes in Fiction
Ort: Jubez in Karlsruhe
Datum: 30. November 2014
Dauer: 90 min + 35 min
Zuschauer: knapp 100



Owen Pallett ist - auch Dank meiner Kollegen hier im Konzerttagebuch - schon sehr lange auf meinem musikalischen Horizont. Aber den Ausschlag dafür, dass ich mir das Konzert im Jubez ansehen wollte, war der Kommentar unseres kanadischen Gastes David Simard: He blew my mind (wir hatten an unserem gemeinsamen Abend im Jubez das Plakat gesehen). So war an diesem Samstag vor dem ersten Advent für mich Konzert-Schicht #2 angesagt. Christoph hat über das freitägliche Konzert in Köln als alter Hase berichtet. Ich war einen Tag später als totales Greenhorn dabei und weiß nun auch nicht so richtig, wie ich über das Gehörte vernünftig reden und nicht nur mit glücklichen Augen stammeln soll...


Der Abend begann sehr pünktlich mit Foxes in Fiction. Warren Hildebrand an der Gitarre und mit Hauptgesangspart wurde an vielen Keys, Elektronik & Omnichord von Emily Reo begleitet. Und ganz zurückgenommen stand auch Owen Pallett mit seiner Geige als dritter im Bunde schon auf der Bühne. Im Bericht zum Album nennt das klienicum den jungen Kanadier kindgesichtig. Ganz so empfand ich auch das Konzert. Das Adjektiv gibt die Inbrunst sehr treffend wieder und die Tiefe, aber auch das noch suchende im Ausdruck. 


Und Owen griff auch quasi väterlich (aber ganz zurückhaltend) mehrfach ein, um den Sound zu verbessern. Einmal stellte er das Mikro resolut viel tiefer und hatte ansonsten oft den Blick zum Soundmenschen hinten mit Signalen (leider gab es am Anfang einige Rückkopplungen vom Gesangsmikro). Die jungen Leute sind ganz schön umtriebig und gar nicht so grün hinter den Ohren, wie ich im Konzert dachte, aber (erst recht im Vergleich zu Owen Pallett anschließend) so recht überzeugt haben sie mich noch nicht. Da fehlen mir wohl die Ecken und Kanten so ein wenig.


Gegen 21:30 Uhr trat Owen Pallett von vorn auf die Bühne, rückte ein bisschen, prüfte das Mikro und fing einfach mit dem Konzert an. Er hatte ein unauffälliges T-Shirt und Hose an und war sozusagen der Gegenentwurf zum Stargeiger. Mit seinen ersten drei Stücken blieb er solo und es zeigte sich, dass er über die Bandstrecken der Setliste des Vorabends folgte.


Das Karlsruher Publikum wurde sehr nett begrüßt. Es sei wohl die kleinste Schar auf der Tour und so könnte er ja mit jedem reden. Tatsächlich gab es später mehrfach die Möglichkeit, Fragen zu rufen, die alle sehr nett beantwortet wurden.  Die durchlaufende Lobesphrase war you are kind, denn natürlich wurde aufmerksam zugehört und frenetisch applaudiert.
 


Im dritten Stück wurden die Geigenseiten sogar längs gespielt und im Scheinwerfer-Gegenlich sah man wie Qualm aufstieg. Irgendwie passte das in dem Moment sehr gut zu dem Feuer, das die Musik entfachte. Für das vierte Stück kamen Schlagzeug und Bass (mit sechs Saiten!) auf die Bühne. Die Stimmung wechselte zu sehr dunklen Tönen und wurde dann mit Soldiers Rock immer durchgeknallter. Irgendwann brach Owen auch ganz kurz ab und bat seinen Kollegen Matt Smith am Bass, doch mal den Filter anzumachen (das bezog sich auf das Keyboard, das der auch noch bediente). Einige Fasern am Bogen waren danach zerfetzt und wurden einfach ohne viel Federlesens abgerissen.



In conflict war anschließend klickernd und treibend wieder anders unterwegs. Inzwischen tropfte Owen schon ganz schön der Schweiß. Tryst for Mephistopheles führte dann in regelrechte Rockerekstase - sogar am Schlagzeug - und ich konnte endgültig mein Urteil entsorgen, der Schlagzeugerjob sei hier wohl ein bisschen langweilig. Der Schluss am Keyboard holte uns dann alle runter und normalisierte auch die Atmung. Danach gab es eine verdiente Pause für die Drums und eine Frage ans Publikum: What do you do for fun?


In zwei Stücken waren nun die alten Hasen allein auf der Bühne und Scandal at the parkade zelebrierte ein sehr entschiedenes Geigen-Thema, das bei mir Assoziationen zu den Vier Jahreszeiten (das finale Presto im Sommer) weckte. Das zweite Stück The great elsewhere hatte ein Drehorgel Thema und eine traurige Clownsmelodie.
 



Schließlich kam auch der Drummer zurück für The great seven. Anschließend war wieder Fragestunde und ich hatte die Gelegenheit, ihn zu seinem Eindruck vom Kölner Festival zu befragen. Er erzählte daraufhin, dass dort die erste Show für Drummer gewesen sei. Eindrücke von Karlsruhe hatte er noch keine, weil sie im Dunkeln angekommen sind. Er müsse dann wohl am nächsten Morgen etwas tweeten (das ist er aber schuldig geblieben...)

Eingelöst wurde jedoch das Versprechen, noch vier Bandsongs in petto zu haben. Das waren das sehr kurze Infernal Fantasies und das zunächst Keyboard-zentrierte This is the dream of Win and Régine. Bei Riverbed wurde ein Rhythmus-Teppich ausgelegt wie für We will rock you. Das ganze Stück war über die gesamte Länge extrem drängend und hymnisch und führte sehr gut auf den abschließenden Hexensabbat und die Gefühlsexplosion von Lewis takes off his shirt hin.



Natürlich baten wir um Zugaben und erhielten noch drei Solonummern. Beim ersten bat er um Rücksicht: I never play this song. Er war innigst und vielleicht das für mich eindrucksvollste (wenngleich es wirklich schwer ist, so etwas zu sagen bei der Qualität des Programms). Das nächste Stück The Passions begann wieder am Keyboard und war ziemlich düster und bedrückt. Im Zwischenteil gab es so eine interessante Verschiebung von Tonart und damit auch der Hörerwartung, die mich total fasziniert hat. Better than worse beendete den Abend auf einer eher feierlichen Note: Gehet hin in Frieden.


Ein Abend, der mich ordentlich durchgeblasen und restlos glücklich gemacht hat.

Setlist:
01: That's when the audience died (solo)
02: This lamb sells condos (solo)
03: Song for five & six (solo)

04: Keep the dog quiet
05: Soldiers rock
06: In conflict
07: Tryst with Mephistopheles
08: Scandal at the parkade
09: The great elsewhere
10: The secret seven
11: Infernal fantasy
12: This is the dream of Win and Régine
13: The riverbed
14: Lewis takes off his shirt

15: ?? (Z, solo)
16: The passions (Z, solo)
17: Better than worse (Z, solo)
 
aktuelle Tourdaten
29.11. Köln WEEK-END Festival
30.11. Karlsruhe Jubez
01.12. München Feierwerk
02.12. Zürich Rote Fabrik
09.12. Leipzig Schauspiel
10.12. Wien brut (im Künstlerhaus)



Das klienicum zu Foxes in Fiction
Konzertmitschnitt Juli 2014 



Aus unserem Archiv: 
Owen Pallett, Köln, 29.10.14 
Owen Pallett, Dresden, 17.06.14
Owen Pallett, Paris, 11.12.12
Owen Pallett, Düsseldorf, 26.05.12
Owen Pallett, Eindhoven, 11.11.11
Owen Pallett, Köln, 23.06.11
Owen Pallett, Paris, 22.02.11
Owen Pallett, Eindhoven, 18.02.11
Owen Pallett, Paris, 01.06.10
Owen Pallett, Barcelona, 28.05.10
Owen Pallett, Frankfurt, 15.03.10
Final Fantasy, Haldern, 14.08.09


 

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