Sonntag, 8. Februar 2015

John Kameel Farah, Karlsruhe, 07.02.15


Konzert:  John Kameel Farah
Ort: Kellerhalle in Karlsruhe
Datum: 7. Februar 2015
Dauer: etwa 105 min
Zuschauer: etwa 40



John Kameel Farah wurde als Komponist und Konzertpianist an der Universität Toronto geformt und lebt und arbeitet seit einiger Zeit schon sowohl in Berlin als auch in Toronto. Zur Zeit widmet er eine stille Zeit in Deutschland dafür, Musik für die Peggy Baker Dance Company zu schreiben. Umso überraschender kam für mich die Einladung in die Kellerhalle für ein informelles und intimes Konzert. Ich bin ja große Freundin von Genre-übergreifender Musik und war schon sehr traurig, dass sich dieses Jahr für mich kein Besuch beim Cross-linx-Festival kommende Woche einrichten lässt. Aber mit dem Konzert von John Kameel Farah fiel mir ein Abend in den Schoß, der auch dort bestens hineingepaßt hätte:

Neo- oder Post-Classical Music – so lauten aktuell die Zauberworte, wenn sich Musiker nicht recht entscheiden mögen zwischen Komposition und Improvisation, Akustik und Electronics, Ambient und Minimal Techno, sondern lieber die Grenzen zwischen den Genres auflösen.

(c) Horst Kistner
Allen hier genannten Zuschreibungen wurde das Konzert gerecht. Das erste Stück im Set Introitus nahm Musik barocker Prägung auf, verwirkte dabei orientalische Harmonik, um dann zum ganz großen Gestus auszuholen (á la Rachmaninov). Ohne Pause folgte Mercurial - ebenfalls vom aktuellen Album. Das jagte durch Synkopen, war jazziger und nahm den Rhythmus vom Computer zum Flügelklang herzu. Richtig groovig wurde es mit fetten Bässen unterfüttert. Auch als es zwischendurch ruhiger wurde,  blieb es rhythmisch interessant und mitreißend bis es fast unerwartet in einem finalen Lauf abbrach.

Die ersten beiden Stücke waren ohne Pause dargeboten worden. Aber vor der Fantasia von William Byrd erläuterte uns John, dass er diesen englischen Komponisten sehr verehrt und sich für seine eigene Musik immer wieder von dessen Stücken anregen lässt. Er tat das in bestem Deutsch...


Distances ist wie Filmmusik zu Interstellar. Man hörte zu Beginn förmlich die Leere des Raums. Und doch so etwas wie Kommunikation aus Entfernungen, die man sich nur vorstellen kann, indem einem gleichzeitig furchtbar schwindlich wird. Es wurden Klanglandschaften geschaffen, zugespitzt, verwoben und verworfen. Am Ende ließen mich die 9 min. Musik etwas atemlos aber auch sehr beeindruckt zurück.


Als letzten Beitrag vor der Pause wählte John ein technisch sehr anspruchsvolles Stück von Ravel, das wohl zu seinen liebsten gehört. In seiner Darbietung wurde uns auch beim sehen und hören klar, dass Ondine ein ganz schönes Fingerbrecher-Stück ist, aber ein ganz und gar bezauberndes.

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.

(Goethe - "Der Fischer")


(c) Horst Kistner
Nach 20 min Pause ging es schließlich ohne Ansage einfach weiter. Diesmal mit einer aberwitzigen Improvisation. John meinte anschließend, er sei auf den Namen Bladerunner in Babylon, den er dafür gefunden hat, sehr stolz. Anschließend war es wieder Zeit für zwei Stücken von William Byrd. Eine majestätische Pavane und ein sehr tänzerisches Galliard bereiteten inhaltlich schon die Variationen vor, die er später als Fugal Metamorphosis vorführen würde. Thema mit Variationen ist ja ein wunderbarer Spielraum für alle möglichen Ideen, die mehr oder weniger lose an eine Melodie anknüpfen. So gesehen waren die von ihm darauf verwendeten knapp 5 min im Rahmen des Abends eher kurz und bündig.

(c) Horst Kistner
Für den Schlußpunkt wählte John das Schlußstück des aktuellen Albums Sama'i Point. Das besondere an einem Sama'i ist die vorgegebene Struktur eines 10/8er Taktes. Die Aufteilung 3-2-2-3 klang für mich klar orientalisch-fremd. Es bot aber in der Durchführung ein furioses Finale für den Abend. Auch durch sehr enthusiastischen Applaus konnten wir John nicht zu einer Zugabe bewegen. Ein wahrhaft phantastischer Abend war damit zu Ende und wird uns noch eine Weile in bester Erinnerung bleiben.

Setlist:
01. Introitus (solo piano) & Mercurial (piano with electronics) by JK Farah 
02. Fantasia in G, by William Byrd 
03. Distances (about the planets) by JK Farah 
04. Ondine (from Gaspard de la Nuit) by Maurice Ravel

05. Improvisation "Bladerunner in Babylon" by JK Farah 
06. Pavane & Galliard #10, by William Byrd 
07. Uprising, by JK Farah 
08. Fugal Metamorphosis (on a theme by W. Byrd) by JK Farah 
09. Sama'i Point by JK Farah




1 Kommentare :

Claudia hat gesagt…

Hey, das hört sich wirklich gut an.. Ich würde mir auch gerne mal ein Konzert von John angucken. Ich hoffe es klappt demnächst

 

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