Mittwoch, 4. März 2015

Amanda Palmer, Heidelberg, 14.10.08


Konzert: Amanda Palmer mit Danger Ensemble, 
    Lyndon Chester, Zoë Keating 
Support: Jason Webley und Zoë Keating
Ort:  Karlstorbahnhof Heidelberg
Datum: 14. Oktober 2008
Zuschauer: etwa 500



Ich bekenne: Amanda Palmer ist meine Heldin - ganz unumschränkte Herrscherin auf meinem persönlichen Olymp (naja, es gibt auch noch einen persönlichen Helden, aber das tut hier nichts zur Sache, zumal sich beide kürzlich künstlerisch fanden - aber das ist eine andere Geschichte.)

Daß sie bei den ganz wenigen Terminen zu ihrem erstens Soloalbum Who killed Amanda Palmer in Deutschland ausgerechnet in Heidelberg Station machte... Unglaublich... Und tatsächlich erwies sich der Abend ist so euphorisierend wie als Kind der Weihnachtsabend. 



Aber eins nach dem anderen!

Die Veranstalter hatten Beginn 21 Uhr, Einlass ab 20 Uhr verbreitet. Als wir 20:30 Uhr ankamen, spielte aber schon eine laute Band (Battle Circus aus Auckland in Neuseeland), der Saal war  gefüllt und das Publikum bester Stimmung. Mal was anderes, als ewig darauf zu warten, daß endlich die Show beginnt. Darauf, daß man auf Amanda trotzdem noch eine ganze Weile warten sollte, war ich als fleißige Blogleserin mental vorbereitet. Gespannt wartete ich darauf, den einmaligen Jason Webley life zu erleben und ich wußte auch schon aus Berichten anderer Konzerte, dass Zo
ë Keating sich nicht darauf beschränkt, Amanda zu begleiten, sondern als Support solo ihr Cello in ganz eigener Manier traktiert.

Die Band, die bei unserem Eintreffen aufspielte, war insofern nicht ganz die Klasse Band, auf die ich mich eingestellt hatte, wobei sie mich unter anderen Umständen sicher hätten auf ihre Seiten ziehen können. Gute, starke Stimmen und frisch aufgespielt, aber insgesamt mehr gegen- als miteinander. Die Abstimmung der Instrumente gab mir nicht die Chance, die Stücke wirklich zu hören. Es spricht für die freundliche Stimmung im Publikum, daß die Band trotzdem ordentlich gefeiert wurde.




Wir mußten dann auch gar nicht lang auf meinen ersten Star warten. Es wurde kurz umgebaut und dabei noch einige Mätzchen mit dem Publikum angestellt. Schon stand - freundlich angesagt und vom Publikum begrüßt  auf Amandas "Gedenkfeier" - Jason Webley mit seinem Akkordeon auf der Bühne und nutzte seine halbe Stunde um mit dem Publikum ordentlich abzufeiern.  Gemeinsam wurde gesungen und geschunkelt (getreu dem Motto Dance While the Sky Crashes Down) und wer noch nicht benommen genug vom Alkohol war, bekam als Kur zwölf Drehungen um die eigene Achse verordnet... Eine andere Rezensentin fand den passenden kurzen Satz Cabaret around a gypsy campfire might describe him adequately... Wir sangen zusammen das Trinklied

When the glass is full,
Drink up! Drink up!
This maybe the last time
We see this cup.
If God wanted us sober,
He'd knock the glass over,
So while it is full we drink up!

Jadade, jadada.......

A toast to Mary,
A girl I once loved,
Oh Lord, why do things have to die?
If drinking beer,
Could bring her back here,
I'd drink the damn place dry,
Yes, I'd drink the damn place dry!


Danach wurde es mit Zo
ë Keating eher ruhig und abgespact. Mit ihrem elektronisch verstärkten und abgenommenen Cello baute sie verschiedene Loops zusammen und wieder auseinander und alle lauschten ganz andächtig und klatschten hinterher als wären sie traurig, daß es schon vorbei sein sollte, dabei war doch abzusehen, daß nun der Höhepunkt kommen würde. Doch zunächst erschienen zu elektronisch verstärkter Geige und Cello die vier Gestalten des Danger Ensembles auf der Bühne. Ich kann es sicher nicht angemessen in Worte fassen aber youtube gibt jedem die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von Amandas "Auferstehung" zu machen. Was für ein Auftakt!



Es folgte Amanda in gewohnt radikal expressiver Weise (trotz Gipsfuß aufgrund einer kleinen rechts-links-Schwäche im Straßenverkehr in Irland) an ihrem Keyboard, begleitet meist von Geige und Cello mit den Songs ihrer Soloplatte, einigen Dresden Dolls Liedern und Covern. Unvergeßlich dabei insbesondere Guitar Hero wegen der unglaublichen performance, Coin operated boy mit den Burschen als Kiss for Cash im Publikum, ein todtrauriges Blake Says (It's still Cold in Alaska...) und ebenso nachdenklich Strength through music wo eine Liste der Toten des Shootings an der Virginia High verlesen wurde. Diese Lieder werde ich wohl nicht mehr ohne die eindringlichen Bilder des Danger Ensembles vor meinem inneren Auge hören können.
 

Unbeschwert heiter, fast albern, wurde es u.a. bei Rihannas Umbrella-Song und mein privater Höhepunkt war eine absolut souverän und auf den Punkt stimmig präsentierte Seeräuber Jenny. Abgerundet wurde der Spaß durch eine Fragestunde: Amanda beantwortete Fragen, die zuvor am Merchandisestand in ein Urne eingeworfen werden konnten.



Es wurde um Zugaben gekämpft und sie wurden Runde um Runde gewährt und glücklich mitgesungen zu Bon Jovis Living on a prayer und schließlich eine Ukulele-Premiere: Radioheads Creep als dritte und allerallerletzte Zugabenrunde.

Setlist:
01: Astronaut
02: Ampersand
03: Blake Says
04: Bad Habit
05: Mrs O
06: Strength Through Music
07: Guitar Hero
08: Seeräuber-Jenny (Dreigroschenoper)
09: Coin-Operated Boy
10: Have to drive
11: Zwischenspiel
12: Half Jack
13: Umbrella (Rihanna - Cover

14: Ein Stuhl in der Hölle (Einstürzende Neubauten) Z
15: Livin' on a Prayer (Bon Jovi) Z

16: Another Year Z
17: Girl Anachronism Z

18: Creep (Radiohead) Z

(Alle links führen zu Konzertmitschnitten des Abends in Heidelberg) 

Im Anschluß gab es noch Autogramme und Fotos mit Fan-Stunde. Amanda sah ein bißchen abgekämpft aus, sagte aber später in ihrem Blog: Everybody is in a generally blessed-out mood because our show in Heidelberg was magic... the best one of the tour. Beat London. We were high.


Das Mysterium, warum es eigentlich einen Heidelbergstop gab, klärte sich auch noch wie folgt (ich zitiere aus ihrem Blog, aber sie sprach darüber auch während des Konzerts):


   I briefly lived in Heidelberg when I was 22. I'd just graduated from college and had been offered a scholarship to Heidelberg University. I didn't want to go to school really, but they were offering me free money. And I was not ready to get a job. And I sort of loved germany. I decided to accept it and go. I spent the summer in Harvard Square, street performing. I fell in love with Jonah.  That was not handy. I left him in September and installed myself at a little student dorm in Heidelberg, waiting for classes to start. About 5 days after my arrival, I decided I'd made a huge mistake. I didn't want to go to grad school. I didn't want to live in Heidelberg. I wanted to go home, continue being in love, start my life as a musician. I wondered if I was just afraid, or menstrual, or blinded by naïve feelings. And I was firmly entrenched in a new plan. The people who had given me my scholorship had gone out of their way to hook me up with an apartment, money, insurance, a bank account... 

   I sat at Café Journal for several hours a day, scribbling in my blank black book, trying to decide what to do. I tried to tune into my gut. My gut changed it's mind every few hours. I hated my own guts. I finally just took the plunge. I took a deep breath and I left, having only lived there for about three weeks. I am glad.

Und wie froh wir erst sind, daß Du uns in Heidelberg so einen Abend geschenkt hast!



Weiterführende links zur Minitour 2008

Bericht aus Heidelberg
Fotos aus Heidelberg

Fotos aus Berlin
Fotos aus Dublin


 

Konzerttagebuch © 2010

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