Donnerstag, 23. April 2009

Loney Dear, Paris, 22.04.09


Konzert: Loney Dear (Marie Modiano)

Ort: Le Point Éphémère, Paris
Datum: 22.04.2009
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: Marie Modiano: 47 Minuten, Loney Dear 85 Minuten



"Schreib mir mal eine E-Mail, vielleicht kann ich Dir das Album auf Vinyl besorgen".

Emil Svanängen alias Loney Dear ist immer noch so zugänglich und nett wie eh und je. Ich hatte ihm erzählt, daß ich vor ein paar Wochen sein letztes Album im großen Plattenladen Fnac gekauft hatte, zu meiner Bestürzung aber in der Box keine CD auffand. Das Ding war leer! Sachen gibt's! "Zum Glück bin ich heutzutage für so etwas nicht mehr verantwortlich, da ich meine CDs nicht mehr selber bastele wir vorher", alberte Emil noch ein wenig rum und versicherte mir, daß er mir helfen werde, falls die Herrschaften in der Fnac mir Probleme machen werden (das erinnert mich dran, daß ich endlich mal den beschriebenen Mißstand reklamieren muß!).

Ein lieber Kerl, dieser knuffige Schwede mit dem runden Gesicht und dem kleinen Bäuchlein. Dabei ist sein Tag heute eigentlich ziemlich mies gelaufen. Diebe haben in Brüssel seine Tasche mit wichtigen Utensilien, darunter auch Dokumente gestohlen. In dieser Tasche hatte er Sachen dabei, die ihm lieb und teuer waren. Das Teil war zu einer Art Markenzeichen für den Schweden geworden und ein skandinavisches Musikmagazin hat sogar eine ganze Story dazu geschrieben. Das Tourleben kann so hart sein! Wenn dann noch die Müdigkeit von den Reisestrapazen dazu kommt, dann muß man als Künstler ganz schön die Zähne zusammenbeißen!

Aber Loney Dear wäre nicht Loney Dear, wenn er nicht trotzdem sein Allerbestes geben würde! Nie habe ich den Nordländer lustlos oder gar demotiviert erlebt, immer hat er seine Seele in jede einzelne Zeile reingelegt und den Zuschauern ein wunderbares und denkwürdiges Spektakel geboten. Dafür lieben ihn die Zuschauer auf der ganzen Welt und diese Liebe hat er sich wahrlich verdient, weil er soviel zurückgibt...

Auch Marie Modiano, die Tochter des berühmten Schriftstellers Patrick Modiano hatte sich ins Zeug gelegt und mit ihrer Begleitband, darunter ihr Lebensgefährte und Gitarrist Peter von Poehl schon einmal für recht gute Stimmung gesorgt. Sie spielte größtenteils am Piano Songs von ihrem 2008er Werk Outland, aber auch vereinzelt Stücke von ihrem 2006er Debüt I'm Not A Rose. Sie hat eine schöne Stimme und die Instrumentierung, vor allem die melodischen Gitarrenparts die Peter beisteuerte, waren gelungen. Fans des in Frankreich sehr erfolgreichen Peter von Poehl sei also auch Marie Modiano empfohlen.

Dann wurde ziemlich lange umgebaut und auch noch ein Soundcheck absolviert, weil Loney Dear vorher wohl nicht dazu gekommen war. Das war etwas zäh, aber schon nach wenigen Sekunden des Openers I Was Only Going Out war die Magie da. Emil jaulte aus voller Kehle und seine Stimme ging mir wie so oft durch Mark und Bein! Dazu dann noch die typischen nanana-singalongs und man war im Nu in der verträumten Welt von Loney, Dear angekommen. Eine Welt, in der man entspannen kann, mit roten Bäckchen und glänzenden Augen andächtig auf die Bühne schaut und sich wie auf einer Wolke fühlt. Vieleicht sind die Texte von Emil nicht so gut wie die von Bonnie Prince Billy, aber kaum ein Songer/Songwriter versteht es so gekonnt, einen Draht zum Publikum herzustellen, die Leute zu fesseln und manchmal auch mit ins Geschehen einzubeziehen wie er. Man merkt einfach, daß er mit Spaß bei der Sache ist, das Set nicht nur runterleiert und immer bemüht ist, das letzte Quentchen Emotion aus jedem einzelnen Lied rauszuholen. Dirk von Plattenvorgericht über den ich zum ersten Mal von dem Künstler erfahren hatte (Danke, Dirk!), hat es einmal so ausgedrückt: "immer der aktuelle Titel von Loney Dear ist gerade der größte kleine Popsong der Welt". Da stimme ich zu, gerade, wenn es um die Livedarbietung von Schmachtfetzen wie Harsh Words, The Meter Marks O.k. und Carrying A Stone geht.

Und Emil hat sich weiterentwickelt, an neuen Sounds gefeilt. Er setzt nun öfter seine wunderschöne rote Gretsch- Gitarre ein und es gibt neben dem Keyboarder sogar noch den Bassisten der ebenfalls ab und zu synthetisch untermalt. Manchmal klang das fast nach Techno oder Indierock, aber letztlich bleibt der Schwede doch seinem Stil, dem anrührenden schwedischen Folk-Pop, treu.

Aber ganz egal ob neue oder alte Sachen gespielt wurden, oder Emil die Akustische oder die Elekrische spielte, die Stimmung im Publikum war immer prima. Das einzige Problem - und das war leider kein kleines - waren die stickigen Temperaturen im Point FMR. Die Luft war zum Schneiden und ich hätte alles für ein wenig frische Luft oder eine kühle Cola gegeben! Das ging auch den anderen Zuschauern ähnlich und eine Besucherin lechzte förmlich nach Wasser. Wasser? Kein Problem! Emil war sofort mit einem Fläschen Sprudel zur Stelle und reichte der Dame gentlemanlike das Getränk. Die Herren im Raume forderten nun plötzlich Bier, aber der Schwede winkte schlagfertig ab. "Soviel Bier trinke ich gar nicht, ich bin doch nicht Bukowski!" Köstlich!

Dennoch: einer Zuschauerin ist es so heiß geworden, daß sie ohnmächtig zusammenklappte! Sofort waren Helfer zur Stelle, aber die Band vorne auf der Bühne war gerade damit beschäftigt, einen Hit zu performen. Einen Moment lang dachte ich, sie würden abbrechen, aber als sie sahen, daß der Frau aufgeholfen wurde, begnügte sich Emil damit, während des Liedes zu sagen: "Hope you are feeling better now!" Mein Tip an die Saalbetreiber: Klimaanlage oder Ventilator anschaffen!

Die bedauernswerte Malaise der jungen Frau hatte aber auch seine gute Seite: Ich konnte nun ein gutes Stück nach vorne rücken und jetzt auch die brünette Keyboarderin und Backvocalistin sehen, die bei einem Song sogar Gitarre spielte. Sie gab ihr Bestes, war aber stimmlich nicht ganz so überzeugend und engagiert wie ihre blonde Vorgängerin, die zur Zeit aus beruflichen Gründen pausieren muß.

Das änderte an der Qualität des Konzertes, das nach gut einer Stunde nach der Performance von Emils Lieblingslied Violent zum ersten Mal unterbrochen wurde, aber nichts! Der Lohn der Mühe: Riesiger Beifall!

Natürlich gab es eine Zugabe und nun spielte man das bereits zuvor einmal heftig geforderte Sinister In A State of Hope, bevor wirklich Schluß zu sein schien. Es gab aber trotzdem noch einen Betthupferl in der Form der wunderbaren Ballade Dear John.

Fazit: Toll wie immer!

Setlist Loney Dear, Point FMR, Paris:

01: I Was Only Going Out (notiert unter dem Begriff Titans)
02: Everything Turns To You
03: Harsh Words
04: Won't You Do
05: Under A Silent Sea
06: The Meter Marks OK
07: Hard Days 1. 2. 3. 4.
08: Airport Surroundings
09: Carrying A Stone
10: I Love You (In With The Arms)
11: Violent

12: Summers
13: Sinister In A State Of Hope

14: Dear John

Pour nos lecteurs français:

L'attachant nounours Emil Svanängen alias Loney Dear est incroyable! Malgré la fatigue et les soucis qu'il a eu ce jour là (son sac très chere a lui , a éte volé à Bruxelles) il a donné avec son groupe un concert fabuleux, plein d'energie, de tendresse et d'amour.

Merci Emil, de nous avoir fait voyagé sur un nuage pendant une heure et demie de pure bonheur! Merci de nous faire rever, rire et pleurer a chaque fois quand tu joues. C'est un énorme plasir de te voir exploser sur scène, de hurler, de faire chanter les gens. Chez toi on peut oublier ses soucis quotidiens et reapprendre d' être heureux comme un enfant. Tes concerts me touchent beaucoupt et ta gentillesse et générosité sont sans parreil dans le business de la musique souvent assez froid.

Reviens vite!

- Mehr Fotos von Loney Dear hier




2 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Schon wieder eine neue Keyboarderin?

Emil werden wir ja (running gag) wieder in Haldern sehen.

Dirk hat gesagt…

Ich freue mich auf Emils Haldern-Hattrick und hoffe, dass es dann auf der Hauptbühne noch ein wenig mehr zu hören gibt als auf deinem Konzert, Oliver.

 

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