Sonntag, 12. April 2009

Monster, Marie-Flore, u.a., Paris, 11.04.09


Konzert: Soirée Les Boutiques Sonores. Mit: Monster, ReDeYe, Please Don't Blame Mexico, Marie-Flore

Ort: Le Divan Du Monde, Paris

Datum: 11.04.2009

Zuschauer: mittlere Auslastung
Konzertdauer: pro Künstler gut 30 Minuten



Die Konzertabende der Vermarktungsagentur Les Boutiques Sonores sind erstklassig!

Das hatte ich ja vor ein paar Wochen schon einmal geschildert, als u.a. The Konki Duet und My Girlfriend Is Better Than Yours auftraten, aber man hat das Gefühl, daß das Programm stetig besser und vielfältiger wird. Les Boutiques Sonores kümmern sich hauptsächlich um französische Indie-Bands, die auf kleinen Labels veröffentlichen, schauen aber auch über den Tellerrand hinaus. So unterstützen sie zum Beispiel u.a. auch die aufstrebenden Amerikaner Chairlift, den Banjospieler Matt Bauer, die Folksirene Marissa Nadler und die junge Kalifornierin Alexandra Johnstone, die mit ihrem Projekt unter dem Moniker Monster firmiert. Erst neulich hatte ich hier auf dem Konzerttagebuch von ihrem außergewöhnlichen Talent und ihrer sensationellen Stimme geschwärmt und da die ganze Welt meinen Bericht aus dem Pariser Pop In gelesen hat, steht einer internationalen Karriere von Monster nichts mehr im Wege. Ha, schön wär's!

Leider bedarf es doch noch größerer Vermarktungsanstrengungen um auch den letzten Schlafmützen klarzumachen, daß Alexandra Johnstone der absolute Knüller ist! Lediglich 10 (!) Leutchen fanden sich zu ihrem letzten Konzert in Bordeaux ein, weil der Mensch, der sich um die Promo kümmern sollte, gefaulenzt hat. Da sieht man mal, wie hart das Leben für junge Indie Bands ist! Die vier jungen Menschen sind mit dem Kleinbus 600 Kilometer nach Bordeaux hin- und 600 Kilometer wieder zurückgefahren. Macht 1200 Kilometer Strecke für 10 Gäste! Arghh! Klar, daß Alexandra und ihre drei Jungs frustriert waren. Aber sie werden ihr Publikum schon finden, davon bin ich überzeugt!

Alexandra und ihre Begleitband waren der letzte Act des heutigen Abends, mit dem ich dann auch ausnahmsweise beginnen will, damit zumindest bei unseren deutschen Lesern die Frau nicht schon wieder zu kurz kommt!

Es war schon fast 23 Uhr, als die Frau aus Los Angeles, die auch schon zusammen mit Eleni Mandell gespielt hat, in den Ring geschickt wurde. Die Blondine sah heute einfach entzückend aus. Sie trug ein braunes Kleid, bläuliche Strumpfhosen und flache, schwarze Sandalen. Geschminkt war sie wie schon das letzte Mal nur sehr dezent, was hervorragend zu ihrer natürlichen Persönlichkeit passt. Sie verkörpert die Folk-Sängerin wie man sie sich vorstellt: Natürlich, auf herbe Weise schön, schüchtern, zerbrechlich, aber mit einer subtilen Wut im Bauch, die durch die Lieder zum Ausdruck kommt. Auf mich wirkte sie fast wie eine junge Joni Mitchell oder auch Nico. Mysteriös und faszinierend! Ich frage mich bei solchen zierlichen und in sich gekehrten Mädchen wie sie wohl so ticken. Wenn man aufmerksam zuhört,, kann man aus den Texten der Songs Rückschlüsse auf die Persönlichkeit ziehen, obwohl man vorsichtig sein muß, da nicht jede Geschichte zwansläufig authentisch ist.

Opener war heute Golden Cloaked, nicht wie noch neulich im Pop In No One Home. Wunderbar festzustellen, daß bei Monster die Setlist variiert wird, nicht wie bei Oasis, die jeden Abend "the same shit" spielen. Golden Cloaked hat eine leicht bluesige Note und ist ohne Zwiefel eines der besten Stücke auf dem Debütalbum von Monster, die stilistisch ansonsten genau zwischen Folk und Indierock liegt. Vieles erinnert an das Album You Are Free von Cat Power, aber Monster gefällt mir jetzt schon fast besser als Chan Marshall. Sie hat die Formel gefunden, wie man mich weichkocht und willenlos macht. Wie ein Bessener stand ich da und schaute gebannt auf die Mimik und das reduzierte Gitarrenspiel von Alexandra und fragte mich, warum die anderen Leute im Saal sich bei einem solchen Talent mit Kumpels an der Bar über Fußball unterhalten können. Wahrscheinlich haben sie einfach das Album noch nicht, sind noch nicht in der Materie drin, so wie ich es bin. Oder einfach taub. Oder ignorant und gefühllos. Eines von beidem.

Ich persönlich scherte mich jetzt nicht mehr darum, war in den Bann dieser brüchigen Stimme gezogen, die von der Band aufs Beste getragen wurde. Fast alle Lieder sind vordergründig schleppend, haben aber eine unglaubliche innere Wucht und eine Melancholie, der ich hoffnungslos ausgeliefert bin.


Ob Alexandra wohl privat genau so traurig ist, wie ihre Lieder klingen? Sie wirkt trotz ihres jungen Alters so reif, als hätte sie schon viel erlebt, darunter auch einige unangenehme, schwer zu verarbeitende Dinge. Hach, ich sollte aufhören, hier den Psychologen zu spielen und Ferndiagnosen über den Gemütszustand von Folksängerinnen lieber unterlassen! Und dennoch: Woher kommt dieses Tief Schwarze im Sound? - "Who Is sorry know, who is sorry for it?", fragt sie beispielsweise in Shoes Of A Slave und es klingt wie eine Anklage. Die Musik wird im Laufe des Stückes schwerer, psychedelischer, bedrohlicher. Ein schaurig schöner Schocker, mit dem sie Wirkungstreffer bei mir erzielt. Auch die noch unveröffentlichten Stücke, die nicht auf dem Debütalbum drauf sind, gefallen mir bereits ausgezeichnet. Einmal singt die Kalifornierin fasst wie Jane Birkin, so hoch, so sinnlich. Traumhaft!

"You look so young, just hanging out the car ", trällert Alexandra auf Charlatan, einem Titel, der gewohnt schleppend beginnt, aber mehrere Runden zieht, die im Laufe der Zeit immer lauter und dynamischer werden. Am Ende wird ganz schon gerockt und das rüttelt so einige im Divan Du Monde mal so richtig auf. Inzwischen sind sowieso viele hellhörig geworden und kriegen so langsam spitz, daß Monster saugut ist!

Toll, daß freut mich natürlich, auch wenn es eine Sache zu kritisieren gibt: Das zweite Album ist noch nicht erschienen und nach den Hörproben bin ich sowas von scharf auf dieses Werk!


Scharf bin ich natürlich auch darauf, daß die Pariserin Marie-Flore, die heute als Erste ins Rennen ging, mal zumindest eine EP herausbringt. Bisher gab es lediglich eine Vinylsingle mit den Hits Empty Walls und Half Past Three. Seit diesem Release ist aber schon wieder einige Zeit ins Land gegangen und die hübsche Brünette mit der wundervollen Stimme hat fleißig an neuen Songs gearbeitet, die sie heute häppchenweise zum Besten gab. Einen dieser Neulinge kann man schon auf ihrer MysPace Seite genießen und zwar While You Were There. Ein für ihre Verhältnisse erstaunlich rockiges Stück mit melodisch-melancholischen Gitarren. Schon jetzt gehört dieser Kracher zu einem meiner Lieblingslieder von Marie-Flore. Die junge Frau, die genau wie Monster immer wieder mit Cat Power verglichen wird, hat zudem auch die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gesucht. Mit dem französischen Sänger Gaspard Royant hat sie ein wirklich schönes Lied aufgenommen. Yours heißt die an Hazlewood/Sinatra erinnernde Ballade und dank der vorzüglichen Arbeit des Fotografen und Filmers Rod können wir im Internet auch eine sehr charmante Session auf dem Rücksitz ihres Twingos genießen (hier bei Le Hiboo.com findet man den Seelentröster). Natürlich gab es den Song heute auch im Divan Du Monde und Gaspard Royant leistete Marie-Flore für fünf Minuten Gesellschaft. Dann war sie wieder alleine und trug abgesehen von Half Past Three ausschließlich neues, sehr vielversprechendes Material vor. Zum Finale bat sie aber völlig überaschend eine Freundin auf die Bühne und trug mit der Blondine (sie hieß France und firmiert unter dem Namen Owlle) zwei tolle Stücke, Love Is All That Will Remember und Who You Love The Most vor. Sie kennten sich erst seit ca. 3 Tagen und die beiden Lieder hätten sie auch erst vor circa. 3 Tagen geschrieben, ulkte Marie-Flore, aber davon merkte man wirklich nichts. Die Mädels harmonierten nämlich wirklich hervorragend und ergänzten sich stimmlich nahezu perfekt.

Es war also erneut eine große Freude, Marie- Flore live zu erleben und man darf gespannt sein, mit wem sie in Zukunft noch so zusammenarbeitet. Ich sehe jedenfalls viel Potential!

Setlist Marie-Flore, Le Divan Du Monde 2009:

01: Trapdoor
02: Made Of Sticks
03: Night Disorder
04: While You Were There
05: Yours, Duo mit Gaspard Royant
06: Ride This Horse
07: Half Past Three
08: When I Was Young
09: Love Is All That Will Remember (mit Owlle)
10: Who You Love The Most (mit Owlle)



Setlist Monster, Le Divan Du Monde, Paris:

01: Golden Cloaked
02: Shoes Of A Slave
03: Pink Sky
04: Famouse Horseman
05: Following So Long
06: Charlatan
07: Down To The Shore
08: No One Home
09: Old French Clothes

Links:

- Mehr Fotos von Marie-Flore hier
- Mehr Fotos von Monster (Alexandra Johnstone und Band) hier
- Video: Sincere Blues von Monster im blutigen Clip. Das gruselte es einen fast!
- Marie- Flore: Gleich vier tolle intime Videos mit spontanen Sessions von Le Hiboo.com
- Reizende Session mit Marie-Flore für Le Cargo. Made Of Sticks und Empty Walls draußen auf der Couch. Es war sicherlich noch richtig kalt im Februar. Brrhh!; Streets live aus der Flèche d'or, super Tonqualität.
- Just for fun: Marie Flore und Le Prince Miiaou zusammen im Zug auf der Reise nach England. Zwei tolle Girls im Doppelpack!

Anmerkung: Die anderen beiden gestarteten Acts, Redeye und Please Don't Blame Mexico werde ich gesondert betrachten.





 

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