Freitag, 30. Juli 2010

CocoRosie, Wien, 27.07.10

0 Kommentare

Konzert: CocoRosie
Ort: Arena, Wien
Datum: 27.07.2010


Neues aus CocoRosies Faschingskiste
- von Ursula von neulich als ich dachte -

Gestern abend fand mein zweiter Besuch in der Wiener Arena statt, dieses Mal spielten CocoRosie auf, und ein weiteres Mal wurde mein armer kleiner Schirm, der beinahe zu wackelig ist, um einen Regentropfen abzuhalten, als gemeingefährliche Waffe beschlagnahmt.

CocoRosie sind bekanntlich ein skurriles amerikanisches Geschwisterpaar, das sich abenteuerlich kleidet und seltsame Musik macht. Ein aufgeschlosseneres Publikum als Menschen, die für einen solchen Auftritt bezahlen, kann man sich also kaum vorstellen, dennoch strapazierte der Auftritt von Vorband Crazy Bitch in a Cave auch die Nerven dieser geduldigen Leute: Ein als Frau gekleideter Mann in Schlabberklamotten und mit Papierstücken beklebten Pumps, der zum Laptop operettenhafte Gesänge ausstieß, die wirkten, als seien sie gerade eben spontan ausgedacht worden, dazu ein Pärchen von Backgroundsängern/-tänzern, die Choreographien im Stil von Fred vom Jupiter ablieferten. In der offiziellen Single-Variante klingt das Ganze immer noch nicht angenehm, aber um einiges besser als live, und so wurde die Zeit, wie so häufig bei Vorbands, recht lang.

Irgendwann war dann die Zeit doch für die Casady-Schwestern gekommen, und sie betraten die Bühne mit Drummer Bolsa, Pianist Gael und Beatboxer Tez, den ich bereits von der letzten Tournee kannte. Außer meiner Kenntnis des Beatboxers hält sich mein Wissen über CocoRosie aber extrem in Grenzen, und die Setliste des gestrigen Auftritts war eher etwas für Hardcore-Experten: Von den ersten beiden Alben wurde nur der Song K-Hole gespielt, Hits wie Terrible Angels, By Your Side oder Good Friday fehlten dagegen. Neben den Liedern der aktuellen CD Grey Oceans lag das Augenmerk auf ungewöhnlichen Versionen (ein Cover von Kevin Lyttle (Turn Me On), ein nur als Single erschienener Song (God Has A Voice, She Speaks Through Me) und Happy Eyez von der EP Coconuts, Plenty of Junk Food sowie eine neue Variante von Rainbowarriors) und unveröffentlichten Titeln (Fatherhood, Tranny Power).

CocoRosie sind aber nicht nur für ihre Musik bekannt, und auch die Outfits der beiden Damen sorgten mal wieder für einen erinnerungswürdigen Abend: Zunächst trug Sierra ein wallendes, durchaus schönes Abendkleid, Bianca dagegen kombinierte Bermudashorts mit einer Art Charivari-Gürtel und einer Küchenschürze mit Herzen. Oben herum trug sie ein bauchfreies Tanktop mit einem Nietengeschirr, dazu übereinander eine Langhaarperücke, eine Haube aus etwas, das wie Dämmaterial aussah und eine Schirmmütze mit der Aufschrift NYPD.

Einen umjubelten Kurz-Soloauftritt von Tez in der Mitte des Sets nutzte Sierra für einen Kostümwechsel, aus der vermutlich hinter der Bühne stehenden Faschingskiste zog sie nun einen hellblau-weiß gemusterten Catsuit, zu dem sie eine Art weißes Brustgeschirr und einen aus weißen Kordeln bestehenden Hut (oder doch eher eine Perücke?) trug. Bianca blieb weitestgehend gleich, legte aber Schürze und Mütze ab. Für die Zugaben legte sie dann aber noch einen goldenen Gesichtsvorhang an.

Während des Auftritts erschien Sierra insgesamt gelöster, wirbelte über die Bühne, spielte Harfe und sang, zu Tranny Power lieferte sie gar eine Kasatschok-artige Tanzeinlage ab. Bianca machte einen etwas weniger glücklichen Eindruck, wenn sie nicht sang, spielte sie die am rechten Bühnenrand liegenden Kinderinstrumente oder auch eine Klarinette (sowie etwas aus silbernen Kugeln, bei dem ich nicht weiß, wie es heißt). Ihre Interaktionen mit Schwester, Band und Publikum beschränkte sie aber auf ein Minimum.

Wie schon bei Jónsi zeigte sich das Wiener Publikum überaus begeistert, begrüßte diverse Gesangseinsätze mit Szenenapplaus und forderte eine Zugabe mehr ein, als auf der Setliste stand.

Setlist CocoRosie, Arena, Wien:

01: R.I.P. Burn Face
02: Undertaker
03: Black Rainbow
04: Fatherhood
05: The Moon Asked The Crow
06: Lemonade
07: K-Hole
08: --- Tez (Solo) ---
09: Hopscotch
10: God Has A Voice, She Speaks Through Me
11: Grey Oceans
12: Happy Eyez
13: Turn Me On
14: Promise
15: Fairy Paradise

16: Werewolf (Z)
17: Tranny Power (Z)
18: ? (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- CocoRosie, Paris, 27.09.07
- CocoRosie, Paris, 10.04.07



Donnerstag, 29. Juli 2010

The Smittens & Allo Darlin', Köln, 28.07.10

2 Kommentare


Konzert: The Smittens & Allo Darlin'
Ort: AStA Café, Köln
Datum: 28.07.2010
Zuschauer: ca. 60
Dauer: The Smittens 40 min, Allo Darlin' 45 min


The Smittens sind mir erstmals auf dem wundervollen WeePOP! Label begegnet, auf dem sie mindestens eine Single bzw. EP veröffentlicht hatten. Bei WeePOP! findet man solch herrliche Indiepop-Bands wie Little My, Mexican Kids At Home oder The Just Joans. Auch Allo Darlin' haben bereits auf diesem Label veröffentlicht, das wusste ich allerdings nicht mehr, dazu aber später mehr.

Als vor einiger Zeit die Nachricht kam, daß beide Bands gemeinsam in der Sauren-Gurken-Zeit in Köln spielen würden, konnte ich mein Glück nicht fassen, solche Bands sieht man eigentlich nur beim Indietracks-Festival. Also ein Pflichttermin!

Als wir am AStA Café ankamen, waren da außer den Bands und einigen AStA-Menschen* kaum Leute. Aber das war ja nicht weiter verwunderlich.

Das AStA Café hat den Charme einer häßlichen Schul-Aula. In dem gefliesten Raum stehen einige kunstvoll verzierte Säulen (Rosina Wachtmeister Schule), die stilsicher mit Kaugummis verziert waren. Da es keine Bühne gab, war alles auf dem Boden aufgebaut. Die Smittens, die beginnen sollten, brauchten Schlagzeug, Keyboard und drei Mikros. Mittlerweile hatten sich gut 40 Zuschauer eingefunden. Obwohl einige offensichtlich wegen der Bands da waren, waren die deutlich in der Minderheit. Wegen der ebenerdigen Bühne, hielt das Publikum einen deutlichen Sicherheitsabstand zu den Musikern, was Sängerin Dana verwundert zur Kenntnis nahm: "Steht ihr hier in Köln immer so weit weg?"

Es lag sicher ausschließlich an der fehlenden Höhe, Grund zum Fremdeln gab es nämlich keinen. So fröhlich und offen die Musik der Band ist, so sympathisch wirken auch deren Mitglieder. Alle lächelten und machten (und hatten wohl auch) Spaß bei ihrem ersten Konzert in Deutschland.

Neben Dana gehören Sänger und Keyboarder Max Andrucki, Gitarrist Colin Clary, Schlagzeugerin Holly Chagnon und Bassist David Zacharis zu den Smittens. Die Band hat ihre Wurzeln in Vermont (Heimat von Wäldern und köstlichem Eis) und spielt wundervollen Twee-Pop und erinnerten mich live an Pastels oder Vaselines. Besonders die tiefe Stimme von Max, die toll zu Danas Gesang passt, gefiel mir ausgezeichnet. Als dritter Sänger trat von Zeit zu Zeit Colin auf, dessen Frisur mich ein wenig an Crusty den Clown erinnerte. Leider kann ich das nicht belegen, meine Kamera verweigerte mit dem ersten Ton des Konzerts ihren Dienst.

Die Smittens haben bereits eine stolze Sammlung CDs und Singles veröffentlicht. Die meisten Stücke des Abends stammten von denen. Sie spielten aber auch einiges Neue, zum Beispiel das fabelhafte 360°, ein fröhliches Lied über den Tod. Angeblich. Dazu hüpften alle Bandmitglieder, deren Instrumente das zuließen - wundervoll!

A propos Sterben: in Paris am Vorabend (Bericht einige cm weiter unten!) hatte eine Besucherin am Bühnenrand gestanden und aufgeregt um Aufmerksamkeit gebeten. Sie sprach Dana dann während des Konzerts an, ob sie kurz das Mikro benutzen dürfe, ihr Freund habe ihr nämlich einen Heiratsantrag gemacht, das wolle sie allen sagen. Das hatte die Band noch nicht erlebt. "Und was passiert heute? Stirbt jemand?"

Das passierte nicht. Aber einen kleinen Blitz als Warnschuß hätte ich mir für die Leute an der Theke gewünscht, die lustige Polka-Rhythmen erzeugten, indem sie Flaschenöffner auf die Arbeitsplatte aufschlugen. Ich verstehe das auch nach all den Konzerten nicht, was man davon hat, in einem Konzertsaal zu stehen, wenn einem der Kram vorne keinen Spaß macht. Und wenn schon, dann muß man doch nicht anderen die Freude verderben. Idioten.

Nach einer Zugabe und 40 Minuten endete Teil eins des Abends leider. Sie waren toll, die Smittens, und ich hoffe, sie kommen irgendwann wieder!

Setlist The Smittens, AStA Café, Köln:


01: Year of lake
02: One hundred roses
03: You're so cute
04: 11:11
05: 360° (neu)
06: Summer sunshine
07: Typing texting (neu)
08: Gumdrops
09: Deep blue sea
10: Gin and platonic
11: Sapphire
12: C'mon (when the grass grows tall and green)

13: Half the heartbeat (Z)

Im gleichen Stil ging es nach einer kurzen Pause weiter. Auch Allo Darlin' aus London (die Bandmitglieder stammen aber ursprünglich aus Australien und Kent) könnte im großen Indie-Lexikon als beispielhafter Vertreter der Gattung Indie-Pop genannt werden. Einprägsame Melodien, Boy/Girl-Gesang, viele Rasseln, Ukulele und eine Melodica, also alles, was das Popherz sich wünscht.

Allo Darlin' haben im Juni ihr erstes Album veröffentlicht. Von dem stammte auch ein Großteil der gespielten Stücke, allesamt Gute-Laune-Lieder. Davon ließen sich die Smittens sofort inspirieren, vor der Bühne zu den Klängen ihrer Schwestern und Brüder im Geiste zu tanzen, und das machten sie dann während des ganzen Konzerts. Obwohl es toll war, obwohl es spannend war (sie spielten
When you were still mine zum ersten Mal), beschäftigten sich meine Gedanken plötzlich nur noch mit Vor- und Nachteilen europäischer Städte für Auslandssemester. Damit habe ich mich lange nicht mehr befasst. Da aber der Physikstudent vor mir seinen Kumpels darüber ein lautes Referat hielt ("Brüssel ist besser wegen der französischen Mentalität, Rom aber auch ok..."). Der Europaexperte, der kurz vorher schon einen großen Auftritt hatte, als Allo Darlin' Stephen Hawking alleine für ihn spielten ("a song about physics"), nahm die Rolle des Flaschenöffners von vorher ein.

Nun denn... auch das Konzert war Engländer war trotzdem großartig! Dreaming ist sicher aktuell eines meiner Lieblingslieder, aber auch der Rest überzeugte mich vollkommen. Wie bei guten Bands üblich, mochte ich vieles live viel lieber als auf Platte, auch die eher unauffälligen Titel, die sich sonst hinter Stars wie Dreaming oder dem Polaroid song verstecken.

Ein herrliches Konzert mit zwei hervorragenden Bands, welch ein Glück, die an einem Abend sehen zu können!

Setlist Allo Darlin', AStA Café, Köln:

01: If loneliness was art
02: Stephen Hawking
03: Dreaming
04: When you were still mine (neu)
05: Silver dollars
06: Kiss your lips
07: Heartbeat chilli
08: The Polaroid song
09: My heart is a drummer

10: Henry Rollins don't dance! (Z)

* AStA ist der Allgemeine Studenten-Ausschuß einer Hochschule, also die studentische Vertretung. Da aber der Begriff "Student" sexistisch und menschenverachtend ist, heißen ASten Allgemeine Studierenden- bzw. StudentInnen-Ausschüsse. Da wir hier nicht menschenverachtend sein wollen, bemühen wir uns ja auch stets um geschlechtsneutrale Sprache. Wenn ich hier von einem Musiker rede, will ich damit nicht das jahrtausendlange männliche Unterdrücken von Mitmenschinnen manifestieren, dann meine ich wirklich Musiker im Sinne von "ein Mann, der Musik macht". Ansonsten bemühe ich mich um zeitgemäße Formulierungen.

-> Christina: Auf der Rückfahrt lief Status Quo im Radio!




Mittwoch, 28. Juli 2010

Allo Darlin' & The Smittens, Paris, 27.07.10

5 Kommentare

Konzert: Allo Darlin' & The Smittens
Ort: L'International, Paris
Datum: 27.07.10
Zuschauer: viele!
Konzertdauer: jeweils um die vierzig Minuten


Das International wie es singt und lacht, könnte es in diesen Tagen in Abwandlung eines auf Mainz bezogenen Karnevalsspruchs treffend heißen. In dem Pariser Gratisclub reihen sich nämlich im Moment herzerfrischende Twee-und Indiepop Bands wie Perlen auf einer Kette. Kürzlich Hold Your Horses! oder die auch sehr erquickenden El Gran Chufle, gestern Ödland aus Lyon und heute mit den Smittens und Allo Darlin' zwei anglosächsische Bands, die für allerbeste Laune sorgten. Da fragt man sich, wozu man eigentlich die unpersönlichen Massenfestivals des Sommers braucht, bei denen immer die Lautesten und nicht die Charmantesten groß auftrumpfen. Zugegeben, bei Freiluftveranstaltungen ist es etwas sonniger und erfrischender als in einem stickigen Club, aber man kann ja zur Not hinterher sein T-Shirt wechseln. Geschwitzt wurde in der Tat heute im International, so sehr sogar, daß man glaubte, gerade eine Dusche genommen zu haben. Der Schweiß tropfte aus allen Poren und die Unterhose klebte wie Kaugummi an der Jeans. Eklig, aber für die Begutachtung der tollen Bands des heutigen Abends waren diese Unannehmlichkeiten allemal in Kauf zu nehmen. Was waren die charmant und euphorisierend, diese Allo Darlin'! Dauergrinsen von der ersten bis zur letzten Minute war angesagt, denn die quitschfidele Sängerin und Ukulelespielerin Elizabeth Morris versprühte soviel natürlichen Charme und unbändige Freude am Musizieren, daß die Sonne im Herzen aufging. Schon einmal eine headbangende Ukulelespielerin gesehen? Nein? Dann müsst ihr unbedingt zu einem Konzert von Allo Darlin' gehen, denn bei denen gibt es sowas! Auch der schnauzbärtige Bassist bekam sein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht und die gute Laune übertrug sich auch postwendend auf das hibbelig umhertanzende Publikum. Es sprühte Funken vor lauter Spielfreude! Und dies obwohl die Band aufgrund des Tourstresses kaum ein Auge zugetan hatte. Da fragt man sich, wie hyperaktiv die sind, wenn sie ausgeschlafen haben!? Vielleicht war es der Pastis, den sie getrunken haben, der sie so aufstachelte, wenngleich man ihnen von französischer Seite her sagte, daß dies ein Gesöff für alte, Boule spielende Männer in Südfrankreich sei. Egal, wenn es der Stimmung zuträglich ist!

Schon erstaunlich, ich kenne im Vorfeld keinen einzigen Song der Band und mir gefällt jeder einzelne auf Anhieb! So was nennt man dann wohl einen Homerun! Die internationale Musikpresse ist auch angetan. Überall preist man die Frische und die Catchyness der Band und Pitchfork und Drowned in Sound sind nicht die Einzigen, die (vollkommen zu Recht) schwärmen. Das Debütalbum ist im Juni bei Fortuna Pop erschienen und ich musste den Silberling nach dem Konzert unbeding haben. Den Merch teilten sich Allo Darling übrigens mit ihren Freunden von The Smittens, die sogar mehr CDs und ein entzückendes Tourposter anzubieten hatten. Auch die Smittens (aus Burlington, Vermont, USA) kamen frisch und unverbraucht rüber, gefielen mit ihrem (im positiven Sinne) amateurhaften Auftreten und dem garagigen Surfpop, kamen aber nicht ganz an die Perfomance von Allo Darlin' heran. Dennoch: diese beiden Bands im Doppelpack sind der Hammer! Unbedingt live ansehen, sie kommen jetzt nach Deutschland!

Setlist The Smittens, International, Paris:

01: Your My Heart
02: Summer Sunshine
03: You Are So Cute
04: Gumdrops
05: 360 °
06: 11:11
07: Sapphire
08: C'mon! (When The Grass Grows Tall And Green)
09: Gin & Platonic
10: Polipop
11: Year Of Lake
12: Gentlefication Now! (The Lalala Song)

Ausgewählte Konzerttermine von Allo Darlin' (meistens mit den Smittens):

28.07.2010: Asta-Café, Köln
29.07.2010: Astra-Stube, Hamburg
30.07.2010: Ostpol, Dresden
danach Konzerte in Schweden
07.08.2010: Winston Kingdom, Amsterdam
05.09.2010: Wasserturm, Berlin
09.09.2010: End Of The Road Festival, Dorset, England


- Artverwandtes: The Tender Trap (die Sängerin von Allo Darlin' macht bei dieser Band auch mit) , nachzulesen bei Bloggergroßmeister Eike vom Klienicum. , klick!
- mehr Fotos von Allo Darlin', klick!



Dienstag, 27. Juli 2010

Mia Doi Todd & Ödland, Paris, 26.07.10

4 Kommentare

Konzert: Mia Doi Todd & Ödland

Ort: L'International, Paris,
Datum: 26.07.10
Zuschauer: bestimmt 300
Konzertdauer: jeweils gut eine Stunde


Zum ersten Mal seit langer Zeit feierte ich meinen Geburtstag (ich bin 28 geworden!) in Paris und das hatte einen speziellen Grund: zusammen mit zwei Freuden habe ich im Club International ein Konzert ausgerichtet. Mon Petit Club heißt unser Veranstaltungs-Projekt und bisher läuft es wie geschmiert. Nachdem wir im Mai bei unserem ersten Gig bereits volle Hütte vermelden konnten, toppten wir heute trotz stickiger Temperaturen und Sommerferien die Zuschauerzahlen noch einmal locker. Das International platzte aus allen Nähten! Zu meiner Freude ließen sich viele Freunde und Bekannte blicken, die schon oft zu meinen Oliver Peel Sessions gekommen waren. Auch Promis wurden gesichtet. Die Kanadierin Coeur de Pirate, der in Frankreich ungemein erfolgreiche Engländer Charlie Winston (Hit: Like A Hobo), Saul Williams, Kultfilmer Vincent Moon, Schauspielerin Lizie Brochéré (auf dem ersten Foto), alle waren sie gekommen, um an dem Fest teilzuhaben. Die französische Girlgroup Ödland (na ja fast Girlgroup, drei Mädchen, ein Junge und der ist natürlich der Boss) bezauberte mit hochcharmantem und originellem Kammerpop, der mit unzähligen Spielzeuginstrumenten und Geige vorgetragen wurde. Allein schon die in ein blütenweißes Hochzeitskleid gehüllte Sängerin Alizée war optisch eine Augenweide. Oder wie es ein (mir nicht bekanntes) deutsches Mädchen im Publikum ausdrückte: "Die ist voll schön, ey". Voll schön waren auch die kuriosen Stücke, die man stilistisch nur schwierig in eine Schublade stecken konnte. Sprechgesang auf französisch und englisch (unglaublich niedlich der starke Akzent!), vielfältiger Einsatz von Geräuschen, die mit den Toys erzeugt wurden, Ukulele und Geige im Wechsel und ein Vintagekeyboard, das aus der Tiefe kam. Ein paar Tags bei last fm kommen mit den Begriffen Neofolk, Experimental und Avant-Garde begrifflich zur Hilfe, können aber dem Leser nur schwerlich vermitteln, was die verblüfften Zuschauer im International haben. Das war mehr als nur Musik, das war ein Theaterstück, ein modernes Märchen, eine traumverwunschene Inszenierung ersten Ranges! Ganz zu schweigen von den bizarren Texten: von Vintage Porno war irgendwann einmal die Rede, was immer das auch sein soll! Ein Fest für alle Sinne, betörend, verstörend, romantisch, infantil, märchenhaft, von einer anderen, schöneren Welt!

Die Kalifornierin Mia Doi Todd schließlich begeisterte mit ihrem teilweise brasilianisch angehauchtem souligen Folk und sie widmete mir sogar den neuen Titel Rising Tide (vom demnächst erscheinenden Album Magic Ocean Ship) Ich war sehr gerührt, zumal es sich bei der betörenden Ballade um einen meiner Lieblinsglieder im umfangreichen Repertoire der Folkeuse handelt. Mia bedankte sich auf der Bühne gleich mehrfach bei mir, aber meine beiden Kollegen Vincent und Camille hatten mindestens genauso großten Anteil am Gelingen des Abends, der zumindest für mich unvergesslich bleiben wird. Wahnsinn, wie lange und ausgiebig Mia spielte (14 Lieder, darunter 5 Zugaben!), ein schönes Lied reihte sich an das Nächste und am Ende wollte sie das begeistere Publikum fast gar nicht mehr gehen lassen. Auch zur Zeit selten live performte Songs wurden uns gegönnt, allen voran My Room Is White, ein Klassiker zu dem es auch einen Videoclip gibt. Insgesamt: ein voller Erfolg! Danke an Alle! Merci tout le monde! Thanks everybody!

Aftershow: Zufriedene Gesichter bei allen Beteiligten. Die Zuschauer plaudern schweißgebadet noch vor dem International und rauchen, bis die Lunge fetzt. Die Mädels (und der eine Junge) von Ödland räumen ihren ganzen Kram (unzählige Spielzeuge mit denen man Musikmachen kann, Wahnsinn!) in Boxen und verstauen alles in einem Transporter. Sie posieren sogar noch für ein Gruppenfoto für mich. Diese Band ist wahrlich ein schöner Anblick! Die Lyoner werden ihren Weg gehen, dessen bin ich mir sicher. Und wir können dann immer sagen, daß wir sie als allererste nach Paris geholt haben. Haha! Ich traue denen alles zu, sogar einen Auftritt im Olympia. Wenn Ödland eine Aktie wäre, würde ich wie blöd kaufen. Aber das sind sie natürlich nicht, sondern herzliche Menschen aus Fleisch und Blut, die sich auf ein Gläschen Champagner auch noch in die enge und stickige Kabine des International locken lassen. Mia Doi Todd, die vorher mit ihren Freuden Saul Williams und Vincent Moon geplaudert hat, gesellt sich hinzu. Welche Frau könnte schon ein Glas Champagner abschlagen? Eben! Was schon wesentlich ungewöhnlicher ist: Mia Doi Todd hat eine Pittbull-Mischung zu Hause in Kalifornien! Hilfe! Dabei wollten wir sie doch so gerne besuchen kommen. Jetzt nehmen wir wohl lieber ein Hotel, was? Sie ist mir ans Herz gewachsen und so Gott will, kommt sie im November nach Paris zurück. Was für ein Talent!

Setlist Ödland, Soirée Mon Petit Club # 2 @ International, Paris:

01: The Queen Of Hearts
02: The Caterpillar
03: La Chanson Du Parasite
04: Sextilis Fugitif
05: Sur Les Murs De Ma Chambre
06: Hype
07: Oiseau
08: The Well
09: Introduction à 31 Egarements
10: Train

11: Twinkle Twinkle
12: Drink Me

Setlist Mia Doi Todd, Soirée Mon Petit Club # 2 @ International, Paris:

01: Paraty
02: Summer Lover
03: Under The Sun
04: Skipping Stones
05: La Havanna
06: River Of Life
07: Rising Tide
08:
Open Your Heart
09: My Baby Lives In Paris

10: Sleepless Nights
11: In The End
12: My Room Is White
13: What If We Do?
14: Autumn



Video by Rockerparis (merci!): Mia Doi Todd- My Baby Lives In Paris






Montag, 26. Juli 2010

The Pains Of Being Pure At Heart, Latitude, 18.07.10

0 Kommentare

Konzert: The Pains Of Being Pure At Heart
Ort: Latitude-Festival
Datum: 18.07.2010
Zuschauer: einige hundert auf der im Wald liegenden Sunrise Stage
Dauer: 37 min


Kaum ein Konzert hat mich 2009 so sehr begeistert wie der Kölner Auftritt einer der Neuentdeckungen des Jahres, der Pains Of Being Pure At Heart. Über die fabelhaften Melodien der Songs der ersten EP und der folgenden Platte muß man nicht streiten. Die Amerikaner haben treffsicher einen Hit nach dem anderen geschrieben, obwohl die Band blutjung ist. Live wurde dies selbst im Luxor so gut umgesetzt, daß hinterher alle Besucher einig waren, ein herausragendes Konzert gesehen zu haben.

Im Gegensatz zur anderen 2009 plötzlich aufgetauchten Gruppe, von der alle (zu recht) schwärmten, The xx, machten sich The Pains Of Being Pure At Heart danach rar in Deutschland. Sie spielten 2009 nur noch einmal in Leipzig, aber auch auf der aktuellen Europatour sind keine Termine bei uns eingeplant. Wie froh war ich da, daß in einer der späten Bestätigungsrunden des Latitude auch die tween Amerikaner noch angekündigt wurden.

The Pains Of Being Pure At Heart spielten auf der im Wald gelegenen Sunrise Bühne, einer K
ombination aus zwei Zelten (Bühne, dann zwei Meter dahinter das Zuschauerzelt) mitten im Wald. Die Roadies, die zwischen den Bands aktiv wurden, lagerten die Bühnentechnik dann auch einfach auf dem weichen Waldboden, das bot sich schließlich an.

Den Aufbau und Soundcheck oben machte die Band selbst. Sängerin, nein besser Keyboarderin Peggy (dazu später mehr) machte das mit umhängender Jutetasche, Indiepop bis zur Perfektion!

Ohne noch einmal zu verschwinden, begannen die Amerikaner ihr Konzert. Daß das nicht lange dauern würde, war vorher schon klar, daher war keine Zeit für Schnickschnack wie ein dramatischer Auftritt.

Es begann mit Stücken der Debütplatte und der EP Higher than the stars. Die
Melodien, vor allem diese Gitarren hatten mich sofort wieder. Was schreibt diese Band für wundervolle Popsongs!

Allerdings störte mich etwas anderes, und irgendwann gelang es mir nicht mehr, das
zu verdrängen. Peggys Gesang ist zwar auf Platte toll, live traf sie aber viel zu viele Töne nicht so, wie es sein sollte. Es leierte manchmal, wie früher Musikkassetten, die im Auto zuviel Hitze abbekommen hatten. Leider galt das auch für Sänger Kip, zwar nicht in gleichem Maße, aber auch er hatte zunehmend Probleme, punktgenau zu singen. Leider war der Ton so gut abgemischt, daß man den Gesang glasklar vernahm, hier hätte schlechter Sound dem Gesamterlebnis gut getan. Sicherlich kann jeder einmal einen schlechten Tag haben. Daher - und vor allem weil die Liveleistung vom Gesang abgesehen hervorragend war, hinterlässt der Katzengesang nur einen faden Beigeschmack, versaut mir die Band aber noch nicht nachhaltig.

Pluspunkte brachten nämlich auch die mir neuen Lieder
Heaven's gonna happen now und vor allem The heart in your heartbreak, die nicht schlechter als das bisherige Material sind! Und das Bedauern von Kip, Belle & Sebastian verpasst zu haben. Und - und da leuchtete mein Herz, das Bekenntnis: "music is all the bad poetry you need!"

Setlist The Pains Of Being Pure At Heart, Latitude-Festival:

01: This love is fucking right!
02: 103
03: Young adult friction
04: Say no to love
05: Heaven's gonna happen now (neu)
06: A teenager in love
07: Come saturday
08: The heart in your heartbreak (neu)
09: Stay alive
10: Everything with you

Links:

-
The Pains Of Being Pure At Heart, Köln, 04.06.09
- The Pains Of Being Pure At Heart, Paris, 27.05.09



Hold Your Horses!, Paris, 25.07.10

0 Kommentare

Konzert: Hold Your Horses!

Ort: L'International, Paris
Datum: 25.07.10
Zuschauer. circa 150
Konzertdauer: 50 Minuten oder so


Fans von Fanfarlo, Arcade Fire und Modest Mouse aufgepasst! In Frankreich gibt es eine junge Band, die die besten Elemente genannter Bands zu einer unverschämt frischen und wahnsinnig charmanten Mischung anrührt. Hold Your Horses! heißen die Sympathen und ihr klasse Videoclip zur Single 70 Million läuft sogar bei MTV rauf und runter.



Wunderbarstpop zum Niederknien, melodiös, cathchy, euphorisierend und wie geschaffen die ganze Welt im Sturm zu erobern! Wir in Frankreich haben zur Zeit noch das Privileg, die mehrköpfige Band mit der quitschvergnügt lächelnden Schlagzeugerin und Sängerin gratis zu erleben, aber spätestens wenn sie ihr Debütalbum raushauen, wird kein Stein mehr auf dem anderen bleiben und Indiepop made in France neu definiert werden. Toy Fight waren die französische Popband des Musikjahres 2009, Hold You Horses!, die mit Trompete und Geige auf die Fans losgehen, werden es 2010 oder spätestens 2011 werden!

Ihr gestriges Konzert im Pariser International war wie zu erwarten extrem toll und wenn diese Franzosen nicht auch in deutschen Indiekreisen bekannt werden, fress ich 'nen Besen.

Ganz dufte!!!

Setlist Hold Your Horses!, International, Paris:

01: My Two Steps
02: Patience, While Of Tantrums Of Waterfalls Break To The..
03: We Dear Are A Desert
04: Every Moment
05: 70 Million
06: Tonight, We Captures Feelings And Flies In...
07: Shoolder Blades
08: Timbaland
09: To The South
10: Strutter
11: Boston Tea Party

12: Cigarettes & Lies


Jónsi, Wien, 24.07.10

2 Kommentare
Konzert: Jónsi
Ort: Arena Wien
Datum: 24.07.2010
Dauer: 90 min


Jónsi, der Großstadtindianer
von Ursula von neulich als ich dachte

Gestern Abend lernten wir Bereiche von Wien kennen, die Touristen sonst eher selten erforschen: Zwischen Lagerverkaufshallen, fleischverarbeitenden Betrieben und Autobahnauffahrten suchten wir zunächst verzweifelt, doch schließlich erfolgreich die Arena, den Auftrittsort von Sigur Rós-Sänger Jónsi. Unter einer
"Arena" hatten wir uns einen größeren Veranstaltungsort vorgestellt, als tatsächlich vorhanden war. Die Halle machte einen Eindruck, den man wohlwollend als alternativ, weniger positiv nur als heruntergekommen bezeichnen kann. Das Personal war durchwegs tätowiert, beschlagnahmte meinen Miniknirps aber als potenzielle Schlagwaffe, und das Publikum war ebenfalls seltsam: Mehrere unserer Mitgäste hatten Federschmuck im Haar, wie man ihn von Kinderfesten kannte. War so etwas etwa gerade Mode in Wien??

Es blieb noch etwas Zeit zum Nachdenken, denn zunächst trat als Vorband die junge Salzburgerin Mel auf. Die sehr emotionalen, ruhigen Lieder hinterließen leider keinen bleibenden Eindruck, irgendwie klang alles gleich. Und so kam ich nach dem Konzert, als ich versuchte, meinen gemeingefährlichen Schirm zurück zu
bekommen, in die peinliche Lage, dass mit ein netter Mensch vom Merchandise-Stand eine beschädigte Mel-CD schenken wollte und ich dankend ablehnen musste ...

Aber kommen wir endlich zum Hauptact. Jónsi ist
zurzeit mit seiner ersten Soloplatte unterwegs, und statt den Sigur Rós-Kollegen hat er eine andere Band dabei, die unter anderem seinen Lebensgefährten Alex Somers beinhaltet. Zunächst betrat er die Bühne jedoch nur mit dem Schlagzeuger Thorvaldur Thór Thorvaldsson, der ihm beim ersten Lied Stars in still water allein mit dem Geigenbogen am Xylophon zur Akustikgitarre begleitete. Und spätestens, als beim zweiten Lied Hengilás die anderen Bandmitglieder die Bühne betraten, wurde die Bedeutung der seltsamen Federmode einiger Publikumsmitglieder klar: Die Band trug nämlich eine Art Phantasieuniformen, deren Hauptmerkmale Fransen und eben Federn waren. Insidern war das offensichtlich bereits bekannt gewesen.

Die geschmückten Bandmitglieder tauschten bei praktisch jedem Lied die reichlich vorhandenen Instrumente - lustig wurde das, als alle bereits ihre neuen Plätze für das Lied New piano song eingenommen hatten und offenbar plötzlich einem von ihnen auffiel, dass man Animal Arithmetic vergessen hatte: Es kam zu einem hektischen Kurzmeeting am Keyboard und dann zu einem weiteren Platz- und Instrumentetausch.

Die Livedarbietung des Soloalbums war durchweg großartig. Band und Publikum waren gleichermaßen begeistert, und Jónsi schaffte es mit einem Sologesamtwerk, das auf CD nur 40 Minuten umfasst, eine Spieldauer von 90 Minuten zu erreichen. Am (aller)besten kamen dabei die schnellen Lieder wie Go do, Boy lilikoi und Animal
arithmetic an. Hinter der Band liefen auf einer Videoleinwand dazu passende Projektionen von zum Beispiel fliegenden Schmetterlingen oder einem dunklen Wald mit Glühwürmchen.

Es gab noch eine (von Jónsi mit voller Federkrone dargebotenen) Zugabe, wobei das letzte Lied Grow till tall in einem finale furioso endete, so, wie das, ließ ich mir erklären, Sigur Rós auch immer machen. Dann war aber doch Schluss, die Band kehrte aber noch einmal zurück, um sich gemeinsam vor dem jubelndem Publikum zu verneigen und zu verabschieden - ebenfalls eine Sigur Rós-Tradition. Und das sollten sich andere Bands ruhig auch angewöhnen.

Setlist Jónsi, Arena, Wien:

01: Stars in still water
02: Hengilás
03: Icicle sleeves
04: Kolnidur
05: Tornado
06: Sinking friendships
07: Saint Naive
08: Go Do
09: Boy lilikoi
10: Animal arithmetic
11: New piano song
12: Around us

13: Sticks and stones (Z)
14: Grow till tall (Z)



Cyann, Watine, Lauter, Thos Henley, Klaus, Paris 24.07.10

1 Kommentare

Konzert: Cyann, Watine, Lauter, Thos Henley, Klaus u.a.

Ort: La Loge, Paris
Datum: 24.07.2010
Zuschauer: etwa 60
Konzertdauer: Konzerte von 16-23 Uhr!


Die französische Indielandschaft ist sehr spannend und innovativ, aber in den letzten Jahren fehlte mir eine Sängerin ganz schmerzlich: Cyann, damals Mitglied der formidablen Cyann & Ben, die nach ihrem Ausscheiden unter dem Namen Yeti Lane als männliches Trio weitermachten. Kaum eine Frauenstimme hat mich dermaßen gepackt wie die der zierlichen Pariser Pianistin. Den Song Sweet Beliefs von Cyann & Ben (zu bestaunen auf ihrer MySpace Seite) auf dem sie so sentimental und herzzereißend singt, habe ich hundertfach gehört. Auf dem Weg zur Loge ließ ich ihn 6 mal hintereinander auf meinem Ipod laufen. Noch heute bin ich tief aufgewühlt, wenn ich ihre fragile, unglaublich melancholische Stimme höre. Unzählige Male hat sie mir damit Trost gespendet, mich verzaubert, mir Tränen in die Augen getrieben. Was ist aus Cyann geworden? Fast jeden Tag fragte ich mich das, vor allem als ihre männlichen Kollegen als Yeti Lane ohne sie Konzerte gaben. Vor ein paar Monaten traf ich sie zuläufig. Sie war aufrichtig gerührt, als ich ihr erzählte, daß ich großer Fan von Cyann & Ben gewesen sei. Noch nie habe sie jemand seitdem erkannt und angesprochen, ließ sie mich wissen.

Man kann sich meine freudige Erregung vorstellen, als ich erfuhr, daß Cyann im Rahmen eines von den Boutiques Sonores veranstalteten Mammutkonzertes mit mehr als 15 Künstlern auftreten würde. Mit heißen Ohren trat ich in die Loge ein, in der Cyann schon vor ein paar Sekunden mit ihrem kurzen Set (3 Lieder, wie jeder der heutigen Musiker) begonnen hatte. Ich setzte mich still und leise vor ihr Piano und ließ mich berieseln. Immer noch die gleiche Melancholie und Sanftheit in ihrer Stimme, es war wirklich ein Genuß. In der Pause zwischen zwei Liedern bemerkte mich die Pianistin plötzlich und warf mir einen langen Blick zu. Tausend Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch. Dann begann sie aber auch schon ihren letzten Chanson und nach nur 15 Minuten war Schluß. Dennoch hatte sich mein Kommen gelohnt, denn jede Minuten mit Cyann ist ein Geschenk. Ich hoffe künftig auf mehr. Mehr Konzerte und neues Material, daß dann hoffentlich auf ihrem Debütalbum landen wird. Ich bin und bleibe ihr Fan!

Im Anschluß setzte sich die Französin Watine hinter das Piano, auf dem vorher noch Cyann geklimpert hatte. Die Musikerin wird grundsätzlich unter Elektropop oder sogar Trip Hop verortet, aber heute mit dem deutlich abgespeckteren Instrumentarium klang das Ganze klassischer. Viel Lob hat sie für ihren beiden Alben Dermaphrodite (2006) und B-Side Life (2009) eingeheimst und heute performte sie exklusiv bereits zwei schöne Stücke ihres im Jahre 2011 erscheinenden Albums namens Still Grounds For Love. Darauf darf man sich freuen.

Ohne großen Pausen ging es munter immer weiter im Programm, aber ich verquasselte viel Zeit im Innenhof mit Freuden und Bekannten. Zu Lauter war ich aber wieder zurück. Boris Kohlmayer mit bürgerlichem Namen, war mir auch schon als ehemaliger Gitarrist von Reza ein Begriff. Solo hat er ein beachtliches Album namens The Age Of Reason veröffentlicht und heute coverte er auf fast genial zu nennende Weise You Came To Me von Beach House. Selbst bin ich da aber gar nicht drauf gekommen und so mußte mir der in Paris lebende Engländer Thos Henley auf die Sprünge helfen. Dieser schnappte sich kurze Zeit später eine geliehene Gitarre, zelebrierte seinen Hit Darling You und ein nagelneus Lied, das er im Griechenland- Urlaub geschrieben hatte. Le Vin Rouge de La Jeunesse heißt es und ich verfüge sogar über die Lyrics. Bei Interesse bitte melden! Ein weiterer junger Engländer kam direkt im Anschluß. Mit Klaus sollte/wollte ich sogar eine Oliver Peel Session machen, aber wir haben uns letztendlich entschieden im Sommer zu pausieren, weil unsere Bude einfach zu stickig ist und wir Erholung brauchen. Klaus wäre mit seinen hübschen Folksongs aber alles andere als schlecht gewesen...



Sonntag, 25. Juli 2010

Konzertankündigung Nada Surf

0 Kommentare

Konzertankündigung: Nada Surf

Orte: siehe unten
Daten: siehe unten


Die Amerikaner Nada Surf kommen in diesen heißen Sommertagen für ein paar Konzerte nach Deutschland, um die Lieder ihres letzten, aus Coversongs bestehenden Albums If I Had A Hi-Fi live zu performen. In Paris waren sie kürzlich schon und von Freunden, die dabei waren, hörte man viel Lob. Zweimal hintereinander haben sie in der Maroquinerie für Stimmung gesorgt und mein Freund Michael hat mir netterweise auch die Setlist mitgebracht. Merci! Also hingehen zu den Konzerten!

Setlist Nada Surf, La Maroquinerie, Paris:

01: Hi-Speed Soul
02: Happy Kid
03: Weight
04: Love Goes On
05: Whose Authority
06: Killians Red
07: What Is A Secret
08: Enjoy The Silence
09: Electrocution
10: Blizzard'77
11: 80 Windows
12: Ice On The Wing
13: Love And Anger
14: Blonde On Blonde
15: Firecracker
16: Yer Head
17: See These Bones

18: Evolution
19: Popular
20: Always Love
21: Blankest Year

Konzerttermine Nada Surf: (ohne Gewähr)

26. Juli 2010: Colos Saal, Aschaffenburg
27. Juli 2010: Der Hirsch, Nürnberg
28.07.2010: Backstage, München
29. Juli 2010: BeatPol, Dresden
30. Juli 2010: Ostfriesland, Grossefehn
31. Juli 2010: Parvis de l'Hôtel de Ville, Paris




Samstag, 24. Juli 2010

Tokyo Police Club, Latitude, 16.07.10

0 Kommentare

Konzert: Tokyo Police Club
Ort: Latitude Festival
Datum: 16.07.2010
Zuschauer: vielleicht 1.000
Dauer: 35 min


Vor lauter sehenswerter Bands hatte ich unmittelbar vor dem Festival vergessen, daß ja auch Tokyo Police Club auftreten würden. Als ich irgendwann Freitag nachmittags anhand des Programmbuchs meinen Tagesplan machte, entdeckte ich die Kanadier zu meiner großen Freude wieder.

Und genau das war auch das Motto: ein mögliches Wiederentdecken, denn in den gut zwei Jahren, seit ich Tokyo Police Club zuletzt gesehen hatte, habe ich nicht furchtbar oft Musik der Band gehört. Aus den Augen, aus dem Sinn, vollkommen unverdient, aber wer nicht live präsent ist, fällt eben auch leichter bei mir hinten runter.

Freudig angespannt aber auch sehr schlecht vorbereitet, ging ich dann also in den Auftritt der Band, der der vorletzte meines ersten Latitude-Tages sein sollte. Vorher hatte Luna Belle sich auf der Sunrise Stage ausgetobt, sehr zur Freude der vielen Kinder im Publikum. Die blieben dann auch für Tokyo Police Club und pogten, was das Zeug hält (und mit Kindern meine ich Kinder, nicht etwa 20jährige!).

Das Konzert begann mit viel Unbekanntem, denn ich kannte Champ, das zweite Album der Band, bis da noch nicht. Da aber der Großteil der gespielten Lieder von der neuen Platte stammte, gab es viel zu entdecken.

Allerdings blieben die ganz großen Entdeckungen erst einmal aus. Mit Abstand am besten zogen nämlich mit Nature of the experiment, Tessallate und Your English is good drei alte Lieder. Auch wenn jetzt im Nachhinein, nach einigen Hördurchgängen die Platte bei mir mehr und mehr gewinnt, empfand ich die neuen Stücke live wenig aufregend. Es fehlten mir die hymnischen Qualitäten der alten Hits, die aber trotzdem schrullig genug sind, einen besonderen Charme zu versprühen. Favourite colour ist ein gutes Beispiel dafür. Live fand ich das Stück eine Ecke flacher als alle Songs von den Veröffentlichungen vorher.

Bambi, in das ich mich langsam reinhöre, war live vollkommen langweilig. Richtig überzeugt hatte mich eigentlich nur End of a spark.

Tokyo Police Club haben sicher sehr bewußt einen Schritt in Richtung weniger versponnen, also radiotauglich. Kein Wunder, daß sie mit Owl City auf Tour gehen sollten. Dafür muß man dann eben in Kauf nehmen, daß die Wildheit der ersten Konzerte dabei auf der Strecke bleibt. Wenn ich dann zum nächsten TPC Konzert gehe (das werde ich sicher), werde ich mit anderer Erwartungshaltung kommen, dann werde ich es mehr genießen, die Band mag ich nämlich immer noch sehr.

Setlist Tokyo Police Club, Latitude Festival:

01: Not sick (neu)
02: Nature of the experiment
03: Favourite colour (neu)
04: End of a spark (neu)
05: Bambi (neu)
06: Gone (neu)
07: Citizens of tomorrow
08: Tessellate
09: Breakneck speed (neu)
10: Boots of danger (Wait up) (neu)
11: Your English is good

Links:

- aus unserem Archiv:
- Tokyo Police Club, Brüssel, 05.06.08
- Tokyo Police Club, Frankfurt, 25.06.07
- Tokyo Police Club, Köln, 25.02.07
- Tokyo Police Club, Köln, 25.02.07
- Tokyo Police Club, Paris, 16.02.07
- Tokyo Police Club, Paris, 16.02.07



Freitag, 23. Juli 2010

Dum Dum Girls, Paris, 23.07.10

0 Kommentare

Konzert: Dum Dum Girls (Angil & The Hiddentracks & Carp)

Ort: La Plage du Glaz'Art,Paris
Datum: 23.07.10
Zuschauer: 250-300
Konzertdauer: 40 Minuten


Gestern die Vivian Girls im Nouveau Casino, heute die Dum Dum Girls am Strand des Glaz'Art, da konnte man natürlich prima Vergleiche anstellen. Welche 60ies Pop infizierte Girlgroup war besser? Klarer Fall: Die Vivian Girls! Stilistisch sind die beiden Mädchenbands wirklich ähnlich und auch die Einflüsse scheinen die Gleichen zu sein, aber die Dum Dum Girls zeigten abgesehen von der charismatischen Sängerin und Gitarristin Dee Dee einen ziemlich pommadigen Auftritt. Die rothaarige Bassistin schien sich regelrecht zu langweilen und machte nicht gerade den Eindruck, heute abend gerne auf einer Bühne vor einem künstlich aufgeschütteten Strand in Paris zu stehen. Auch die vom Zuschauer aus links agierende Gitarristin mit dem stylishen schwarzen Pagenkopf wirkte desinteressiert und mehr auf die perfekte Pose bedacht als auf das Übermitteln von ungestümer Lebens-und Spielfreude. Zugegeben ihr Anblick war entzückend, aber reichen erotische Spitzenstrümpfe wirklich aus , um den gleichgültigen Gesichstausdruck zu überspielen? Zum Glück gab es die dynamische Frontlady Dee Dee, die mit Schmackes in ihre Saiten griff und sang wie dereinst Kate Jackson von den Long Blondes. Hinzu die rote Lippen und die schwarzen Haare, bei ihr stimmte auch (aber eben nicht nur) die Optik. Neben der "Chefin" machte auch die asiatische Drummerin mit ihrem energiegeladenen Spiel einen guten Eindruck, wenngleich auch ihr nie ein einziges Lächeln über die Lippen kam.

Die gespielten Songs hatten recht hohen Wiedererkennungswert. Obwohl ich die Dum Dum Girls vorher erst einmal live gesehen und das Debütalbum nicht allzu oft gehört habe, waren mir die zuckersüßen Refrains von Songs wie Bhang Bhang oder Jail La La auf Anhieb bekannt. Ein paar Mädchen im Publikum (von denen es recht viele gab, die Dum Dum Girls scheinen vor allem bei Frauen anzukommen, warum auch immer) hüpften wild rum, der Rest hielt sich eher vornehm zurück. Nach gut einer halben Stunde hatten die vier Girls dann auch all ihre Lieder abgespult und es gab lediglich noch ein kurze Zugabe. Insgesamt kein schlechtes Konzert, aber ich werde den Verdacht nicht los, daß sich das Interesse an dieser Girlgroup sehr schnell abnutzen wird. In ein paar Jahren kräht eh kein (gallischer) Hahn mehr nach denen!

Anmerkung: Fotos sind Archivaufnahmen vom Point FMR, die aktuellen Pics kommen noch.

Setlist Dum Dum Girls, Plage de Glaz'Art, Paris:

01: Play With Fire
02: Hey Sis
03: Catholicked
04: I Will Be
05: Oh Mein M
06: Yours Alone
07: Bhang, Bhang, I'm A Burnout
08: Jail La La
09: Baby Don't Go
10: It Only Takes One Night
11: Everybody's Out
12: Rest Of Our Lives

Aus unserem Archiv:

- Dum Dum Girls, Primavera Festival, 28.05.2010
- Dum Dum Girls, Paris, 20.05.10



Vivian Girls & El Boy Die, Paris, 22.07.10

1 Kommentare

Konzert: Vivian Girls & El Boy Die

Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 22.07.10
Zuschauer: nicht ausverkauft
Konzertdauer: Vivian Girls 45 Minuten, El Boy Die etwas kürzer



Junge, hübsche, stark tätowierte Frauen, was gibt es eigentlich Schöneres auf der Welt? Ich meine mal abgesehen von meiner Katze und meiner untätowierten Gattin (in dieser Reihenfolge, ha!)? Muss man nicht lange überlegen, gell?, natürlich sind diese Integraltattoo-Miezen scharf wie Rettich und an Schönheit kaum zu überbieten, zumal wenn sie wie die Vivian Girls noch dazu ungemein flotte und berauschende Musik machen. Donnerwetter, war das ein duftes Konzert! 45 Minuten Vollgas, catchy Melodien und packende, ungemein euphorisierende Gitarrenriffs im Überfluß plus ein vom 60 ies Pop infizierter Gesang, dieser Gig hatte wirklich alle Zutaten eines fantastischen Konzertabends! Die Vivian Girls waren toll, toll, toll!!!

Morgen noch etwas mehr spätpubertierende, testosterongeschwängerte Lobhudelei und auch ein paar Sätze zur guten Vorgruppe El Boy Die, die durch eine CD-Besprechung der Bloggergötter vom Klienicum (Gründer Eike scheint dort nicht mehr die einzige Granate zu sein, die Rede ist immer von "wir") kürzlich den Ritterschlag erhielten. (klick!)

So mal eine Nacht drüber geschlafen und inzwischen nüchtern. Der Rausch, den mir die Vivian Girls mit ihrem packenden Konzert bereitet haben, war allerdings von der ganz feinen Art. Diese Ungestümheit, diese jugendliche Frische, dieses girliehafte Selbstbewußtsein, hach, das war schon höchstgradig charmant! Ich muss noch die ganze Zeit daran denken, wie die niedliche BassistinKickball Katy ihre tollen roten Haare geschüttelt hat und Lebensfreude pur versprühte. Ich konnte mich kaum an ihr sattsehen, oder wie der Engländer/Amerikaner es ausdrückt: "I had a crush on her! "Aber auch die gleich vor mir spielende Sängerin Cassie Ramone hatte was. Deutlich magerer und androgyner als ihre Bassistenkollegin, aber ähnlich stark tätowiert (dieses Tattoo mit der Katze: süß!) sang sie die kaum verständlichen Tetxe auf das Wundervollste. Traumhaft unschuldig und zartschmelzend ihre Stimme, perfekt abgerundet durch den Backgroundgesang von Katy. Sie wirkte recht schüchtern und in sich gekehrt udn so war es die aufgeweckte Katy Goodman, die für die wenigen Ansagen zuständig war. "How do you guys doing?, oder thanks for coming out tonight", die üblichen artigen Allgemeinplätze, allerdings mit einem aufrichtigen Lächeln aufgesagt. Die Franzosen im Publikum verstanden sowieso schon wieder nix und so kam es zu dem lustigen Ergebnis, daß auf die Frage: "Who is in love her in the audiece?" keine Antwort kam und die Katy folgerte: "Oh nobody is in love with anybody here, that's quite sad." Aber diese kurzen Kontaktaufnahmen waren eh nur Verschnaufpausen in einem flüssig und mit viel Pep vorgetragenen Set, das auch mit zwei neuen Titel aufwarten konnte. Wobei für mich persönlich sowieso jedes Lied Neuland war, denn ich hatte mich bisher überhaupt nicht in das Repertoire der Mädels aus Brooklyn eingearbeitet. Zwei Alben stehen zu Buche, Vivian Girls (2008) und Everything Goes Wrong (2009).

Ich glaube keiner im Publikum hat sich auch nur eine Minute gelangweilt und falls doch jemand die Perfomance doof fand, so wurde er nah knappen 45 Minuten und einer einzigen Zugabe erlöst. Für mich häte es allerdings durchaus noch Nachschlag geben dürfen. Das Ganze noch einmal hätte ich am liebsten Hereingerufen, als das Power Trio die Bühne verließ, aber die Grazien mussten weiter zum Midi Festival nach Hyères in Südfrankreich...

Setlist Vivian Girls, Nouveau Casino, Paris, klick!

Vor den Vivian Girls durfte ein französisches Power Duo namens El Boy Die zeigen, was sie so drauf haben. Sie am Schlagzeug, er an der Elektrischen. Also genau wie bei den White Stripes oder Joe Gideon & The Shark. Zweierformationen dieser Art sind bekannt dafür, live genau auf den Punkt zu spielen und die ungefiltertste Form von Rock'n Roll zu bieten, die man sich vorstellen kann. Man denke in diesem Zusammenhang auch an die Black Keys oder die Blood Red Shoes, die ebenfalls für ihre explosiven Shows geliebt und gelobt werden. El Boy Die stellen hinsichtlich der Explosivität und Rohheit keine Ausnahme dar. Ihr pechschwarzer grungeinfizierter Sound war 100 % zuckerfrei, knochentrocken und diabolisch noisig. Nach oft schleppendem Beginn steigerten sich die Songs in einen hypnotischen Rausch aus verzerrten Gitarren und peitschenden Drums und wirbelten mich ordentlich durch. An den Gesichtern der Zuschauer war abzulesen, daß der weitestgehend melodienfreie Stil von El Boy Die nicht unbedingt jedermans Sache war, aber zumindest ich verbrachte eine spannungsgeladene halbe Stunde, die liedtechnisch mit Stücken von How The Way Is Long und dem Neuling The Black Hawk Ladies & Tambourins bestritten wurde. Auf jeden Fall eine Band, die man als alter Fan von Nirvana im Auge behalten sollte!




 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates