Montag, 16. August 2010

Laura Marling, Haldern-Festival, 13.08.10

Konzert: Laura Marling
Ort: Spiegeltent des Haldern Pop Festivals, Rees-Haldern
Datum: 13.08.2010
Zuschauer: knallvolles Zelt
Konzertdauer: etwa 50 Minuten


Die junge Engländerin Laura Marling entwickelt sich immer mehr zur Diva. Den langwierigen Soundcheck in Haldern übernimmt ein stark tätowierter Glatzkopf für sie und sie erscheint eine Viertel Stunde später auf der Bühne obwohl ihre zahlreichen männlichen Bandmitglieder, darunter Marcus Mumford (ihr Lover?) schont längst bereit stehen. Ob ihr Majorlabel EMI das wohl so will? Professionell wirkt es ja, wenn man nicht mehr selbst Hand anlegt und hinterher nicht den Kabelsalat aufräumt, aber schöner finde ich es, wenn die jeweiligen Künstler den Aufbau-und Abbau persönlich erledigen. Na ja, vielleicht sollte ich nicht jede Kleinigkeit überinterpretieren. Dass mit der professionellen Vermarktung durch ihr Label EMI weiß ich aber aus eigener Erfahrung. In Paris kam ich vor ein paar Monaten in den Genuß, Laura Marling bei einer geheimen Videosession der Seite le-hiboo.com zu treffen und wurde hinterher von einem ihrer Labelmenschen darüber belehrt, daß man bei EMI das Recht am Bild der Sängerin genauestens überwache. Ich solle bitte meine Fotos zuerst der zuständigen Person zuschicken, die mir dann die Veröffentlichung von ein paar Schüssen genehmigen würde. Von 20 Bildern erlaubte man mir nur ganze 3 bei Flickr öffentlich hochzuladen! (eines davon habe ich hier eingestellt, Laura mit Gitarre und Trenchcoat auf einer Wiese, irgendwie sehr lässig) Die Karriere von Laura Marling ist also perfekt durchgeplant, damit es was wird mit dem kommerziellen Erfolg an dem sie schon in ihrem jungen Alter mit enormen Fleiß, Ehrgeiz und Talent arbeitet. Als Wunderkind wird sie in der Presse oft dargestellt, als unglaublich reif für ihr Alter und nicht zuletzt als Nachfolgerin von Joni Mitchell. Kein Wunder, daß da viel Druck auf ihren schmalen Schultern lastet. Bisher geht sie damit sehr gut um, ist immer höflich, wohlerzogen und nett. Allerdings stets auch auf vornehme Weise reserviert und distanziert. Heute in Haldern war das nicht anders. Man merkte, daß sich Laura bemühte, Kommunikation zu betreiben, einen Draht zum Publikum herzustellen (prägnantes Beispiel: die Mitpfeifszene bei einem Lied) und offen zu sein. Richtig an sie ran ließ sie aber keinen (nein, nein, nicht das Ranlassen was ihr Lustmolche meint!). Man merkte immer, daß es eine Barriere zwischen ihr und den Fans gab, egal wie nett und charmant sie auch lächelte. Aber in dieser Hinsicht gilt wie überhaupt in Bezug auf Laura Marling: Gebt dem Mädchen Zeit, sich menschlisch und musikalisch zu entwickeln! Ja, sie ist sehr talentiert, stimmlich gut und enorm charmant, aber die neue Königin der Folkmusik ist sie noch nicht. Ich selbst hatte mich vor ein paar Jahren, als ich sie zum ersten Male in Paris gesehen habe, dazu hinreißen lassen, überaus schwämerisch und unter Verwendung von zahlreichen Superlativen über sie zu berichten. Vieles davon kann ich auch heute noch so unterschreiben, bin aber inzwischen sachlicher und weiß, daß gerade in der Folkmusik kein Star vom Himmel fällt. Gutes Songwriting braucht Reife, Zeit und Erfahrung und griffige Songs schreibt man nicht mal so nebenbei. Dabei hat Laura ja in diesen Bereichen tasächlich schon Großartiges geleistet. Ghosts, My Manic and I und Alas I Cannot Swim, bereits auf dem ersten Album gab es einige Sternstunden zu feiern. Mit dem Neuling I Speak Because I Can tue ich mich allerdings schwerer. Lediglich das schon früh zur Setlist gehörende Blackberry Stone und die Single Hope In The Air überzeugen mich hunderprozentig, einige ander Titel verblassen hingegen ein wenig. Und der Instrumentierung beim heutigen Konzert war es mir oftmals zu viel (besonders orchestral: Alas I Cannot Swim, das mir besser in reduzierter Version gefällt). So hatte der Gig für mich dann auch konsequenzerweise die besten Momente, wenn die Blondine ganz alleine sang und Gitarre spielte. Da wurde es dann richtig intim und heimelig im Zelt und mir wurde wieder bewußt, warum ich Laura Marling von Beginn an so vergöttert habe. In diesen kostbaren Momenten stellte die Folkeuse dann auch wirklich einen Draht zum (sehr angetanen) Publikum her und band es auch in der bereits oben erwähnten Mitpfeifszene zum Song Night Terror mit ein. Eine kesse Besucherin fragte hinterher, ob das Haldern-Publikum den Preis für die beste Partizipation gewonnen hätte (Laura hatte vorher davon berichtet, daß sie auch in anderen Städten die Leute mitpfeifen lässt), wurde aber schlagfertig und schmunzelnd mit den Worten beschieden: " You were good, but Sydney won, you have to work a litte bit on it" (den genauen Wortlaut erinnere ich nicht mehr, aber in der Sache dürfte es hinkommen).

In Anspielung auf diesen Spruch könnte es für mich als Fazit lauten: " You were good, but Alela Diane, Nina Nastasia or Mia Doi Todd won, you still have to work a bit on it, Laura Marling"...

Setlist Laura Marling Haldern Pop Festival 2010:

01: Devils Spoke
02: Rambling Man
03: Ghosts
04: My Manic And I
05: Blackberry Stone
06: Don't Ask Me Why (Laura solo)
07: Night Terror (solo)
08: Goodbye England (solo)
09: Alpha Swallows
10: Hope In The Air
11: Alas I Cannot Swim
12: I Speak Because I Can





1 Kommentare :

E. hat gesagt…

beste abschlussworte ever! sehr gut den faden aufgenommen, den dir die von mir mißachtete junge künstlerin zuwarf. klasse! und richtig!

 

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