Samstag, 3. August 2013

Dark Rooms, Paris, 01.08.13


Konzert: Dark Rooms
Ort: L'International, Paris (und Wohnzimmer in Bagnolet 23.07.2013)
Datum: 01.08.2013
Zuschauer: etwa 50
Konzertdauer: ungefähr 40 Minuten



Neue, spannende Bands für sich zu entdecken gehört mit zum Schönsten, was einem als Konzertblogger und Musikfan passieren kann. Nicht selten kommt es vor, daß man beispielsweise bei gut besetzten Festivals eine einem bis dato unbekannte Gruppe hört und postiv überrascht ist. Eher rar gesät sind jedoch die Fälle, in denen man geradezu überwältigt wird und auf Anhieb weiß, eine neue Lieblingsband erlebt zu haben. Letzteres geschah beim Wohnzimmerkonzert der texanischen Dark Rooms.



Zusammen mit etwa 50 anderen Gästen war ich Ende Juli im Proberaum (der gleichzeitig als normales Wohnzimmer fungiert) des Pariser Labels Midnight Special Records, in dem eine tolle Homeshow veranstaltet wurde. Musikalische Gäste waren die charmante Französin Cléa Vincent (Foto oben, die französische Chansons auf einem Piano klimperte), die äußerst temperamentvolle Amerikanerin Michelle Blades und eben Dark Rooms aus Texas.



Dark Rooms spielten in der Mitte des Abends zwischen den beiden anderen Acts. Eigentlich ein Quartett, aber auf dieser Europa Tour nur ein Duo, bestehend aus dem Chef des Projekts, Daniel Hart (Geige, Gitarre, Gesang) und seiner attraktiven Lebensgefährtin Rachael Ballard (Keyboard, elektrisches Schlagzeug, Backgroundgesang).



Die beiden zauberten einen Wahnsinnssound ins Wohnzimmer, der mich so wegfegte, daß ich beschloß, mir ihre Debüt CD zuzulegen und auch zum Clubkonzert am 1. August im International zu kommen.



Am ersten Tage des Augustes stand ich dann auch pünktlich um 22 Uhr im im Oberkampf Viertel gelegenen International und freute mich schon auf den neuerlichen Auftritt von Dark Rooms. Michelle Blades hatte vorher wahnsinnig eingeheizt und schwitzend und hechelnd standen ungefähr 50 Zuschauer im stickigen Kellergewölbe und sahen und hörten Daniel und Rachael zu.



Die beiden Sympathen fegten trotz der unangenehmen Schwüle durch ihr fetziges und abwechslungsreiches Set. Daniel spielte anfangs Geige, Rachal Schlagzeug. Beim Anhören der Lieder kamen einem trotz der Eigenständigkeit und Originalität schnell Assoziationen zu anderen hervorragenden Künstlern und Bands in den Sinn. Ich dachte an Owen Pallett, Andrew Bird, Patrick Wolf, Patrick Watson, James Blake, Other Lives, aber auch Radiohead, deren alter Titel Pyramid Song am Ende von Daniel solo gekonnt gecovert wurde. Das virtuose, oft geloopte Geigespiel von Daniel Hart war aber auch einfach zu klasse, noch eindrucksvoller kam jedoch seine hohe Falsettstimme rüber. Sie erinerte mich an Jonathan Meiburg von Shearwater, manchmal sogar fast an Jimmy Somervile. Was für ein Goldkehlchen! Rachael sang auch ab und zu, allerdings meistens im Background, nie als Leadsängerin.



Gegen Ende tauschte Hart seine Geige gegen eine E-Gitarre und nun wurden die besten Songs ausgepackt. The Shadow That Looms O'er My Heart und Keep It Inside im Doppelpack, das hatte Sprengkraft, verband cinematographische Epik mit Folk, Indierock und Dreampop.



The Shadow That Looms O'er My Heart war stärker als jeder von Bloggern abgefeierte Song von Other Lives. Der Ballon stieg hier höher und höher, bis er irgendwann im Weltall umherschwirrte. Das war unbestritten Bombast, aber in ungemein geschmackssicherer Form, enthusiasmierend, traumhaft luftig, episch. Ein Killersong!


Keep It Inside hatte elektronische Einsprengsel, eine spacige Note und einen tanzbaren Rhythmus. Verbunden mit dem klasglaren, hohen Gesang von Daniel Hart war der Titel einfach unwiderstehlich. Er erinnerte ein wenig an Yeasayer und Radiohead hatte eine Melodie, die sich schnell in die Gehörmuschel fraß. Ich war hin und weg, bewegte mich schwitzend im Takt des anziehenden Sounds, bis ich irgendwann völlig außer Atem war und förmlich zerlief.



Zum Runterkommen spielte Daniel dann noch wie oben bereits erwähnt das Radiohead Cover, bevor wir uns alle der Bar zuwendeten. Es ist Sommer in Paris, Konzerte sind schweißtreibend, leider schlecht besucht, aber wie man gesehen hat, unbedingt lohnswert!

Ganz ganz tolle Band! Unbedingt entdecken!

Setlist:

01: Give Up Give In
02: Beyond The Lens
03: Dans Le Noir
04: Achilles Heart
05: The Shadow That Looms O'er My Heart
06: Keep It Inside
07: Pyramid Song (Radiohead Cover)


 

Konzerttagebuch © 2010

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