Donnerstag, 24. Oktober 2013

The Thermals, Köln, 23.10.13


Konzert: The Thermals
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 23.10.2013
Dauer: gut 65 min
Zuschauer: ca. 400 



Mensch-Lieblingsband-Beziehungen sind etwas schrecklich Kompliziertes, kaum eine funktioniert langfristig. Das mag daran liegen. daß das Fan-Band-Konstrukt enorm instabil ist und durch viel zu viele Einflüsse gestört werden kann. Da ist zum einen der Punkt, an dem die Platten der Gruppe schlechter werden. Irgendwann danach funktioniert das Schönreden nicht mehr, die Liebe geht vor die Hunde. Da einen die wenigsten Künstler mit einem schwachen Album erobern und dann immer stärkere nachlegen, verläuft dieser Liebesverfall fast schon gesetzmäßig gleich: große Liebe, alte Liebe, keine Liebe. Altern in Würde funktioniert bei diesen Beziehungen nur auf einem Wege: die Band muß sich rechtzeitig auflösen und der Chance beraubt werden, mies zu werden. Acht von zehn* meiner Lieblinge haben das so gehandhabt - well done!



Dummerweise spielt in meiner Musikwahrnehmung das Konzert aber die mit Abstand wichtigste Rolle. Das Dilemma liegt auf der Hand... Bands, die es nicht mehr gibt, spielen selten live. Ideal wäre also eine Gruppe, die keine schlechten Alben veröffentlicht, ihren Stil nicht ändert, oft tourt und deren Konzerte trotz gleichen Stils nie langweilig werden, sodaß der Junkie in mir auch mal zwei pro Tour ohne Reibungsverluste gucken könnte.


Daß die Thermals diese Band werden könnten, hatte ich vor sieben Jahren noch nicht geahnt. Da hatte ich sie erstmals gesehen - wie heute im Gebäude 9. Und wie damals bauten die Musiker aus Portland selbst auf. In der kargen Indieszene Starallüren zu besitzen, ist hochgradig irre; das Wasser von Helfern hinstellen und die Kabel am Boden festkleben zu lassen, hat aber nichts mit Aufgeblasenheit zu tun. Die Thermals machen es trotzdem schön selbst. Auch musikalisch hat sich nicht furchtbar viel in den letzten Jahren geändert. Irgendwann kamen in meiner Wahrnehmung ein, zwei Balladen ins Repertoire (und Lieder, die länger als drei Minuten lang sind), die Grundrichtung blieb aber gleich: lo-fi Garagenrock, knackig kurze, ungemein melodiöse Stücke, die live schön laut und schnell ohne Pausen gespielt werden. Weniger als 20 Lieder spielen die Thermals nie bei Clubshows. 20 sind rund eine Stunde Spielzeit, das passt.



Ich habe vor keiner meiner neun Thermals-Shows seit meinem ersten Angst gehabt, enttäuscht zu werden. Angst davor, daß sie jetzt den Bluesrock für sich entdeckt hätten, mit Geigerin oder ohne Lust aufträten. Angst habe ich regelmäßig nur, daß es irgendwann vorbei sein könnte, daß die Säle leerer werden, die Meute weiterzieht. Das wäre unsinnig, weil die Amerikaner kein schleches Lied haben und nie schlechte Konzerte spielen. Aber hip sind sie ja nicht, die Thermals. Bei der früh angesetzten Vorgruppe Volley (den Namen werde ich nicht mehr vergessen, den hat der Sänger zigmal wiederholt - bestes Lied Wanna wanna, bei dem die Zweitstimme der Keyboarderin toll war und mich an die Vaselines erinnerte) war das Gebäude 9 noch ziemlich leer. Auch in der Umbaupause sah es nicht unbedingt nach vollem Hause aus. Als Hutch, Kathy und Westin um Viertel vor zehn auftraten, war der Raum fast voll. Puh!


In der folgenden Stunde gab es zwei kleinere Pausen, in denen Sänger Hutch Roadieaufgaben wahrnehmen musste, einmal wechselte er ein Kabel aus. Ansonsten gab es das gewohnte Bild, ein Riesenhit nach dem anderen, keine Ansagen. Wundervoll! Was sie spielen, ist dabei im Prinzip egal, Trotzdem habe ich natürlich Lieblinge. St. Rosa zum Beispiel, No culture icons, It's trivia oder Back to gray, eine der drei Zugaben. 

Es hat wieder unendlich viel Spaß gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendwer das Gebäude 9 verlassen hat mit dem Gedanken "war nett, habe ich aber jetzt mal gesehen, brauche ich nicht noch mal." Oben auf der Bühne schien das Konzert ähnlich anzukommen: die Band wirkte enorm gut gelaunt (gelangweilt habe ich die drei auch noch nie erlebt).

Die Thermals und ich, da ist kein Ende in Sicht! Mit denen will ich alt werden!

Setlist The Thermals, Gebäude 9, Köln:

01: You will find me
02: Returning to the fold
03: Born to kill
04: You will be free
05: I might need you to kill
06: An ear for baby
07: How we know
08: Faces stay with me
09: The howl of the wind
10: It's trivia
11: Brace and break
12: No culture icons
13: Our love survives
14: Where I stand

15: The sunset
16: I don't believe you
17: St. Rosa and the swallows
18: A pillar of salt
19: Now we can see
20: Here's your future

21: Back to gray (Z)
22: The sword by my side (Z)
23: Overgrown, overblown! (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- The Thermals, Rüsselsheim, 13.07.13
- The Thermals, Dortmund, 30.07.11
- The Thermals, Frankfurt, 15.04.11
- The Thermals, Köln, 03.04.11
- The Thermals, Bochum, 23.10.09
- The Thermals, Haldern, 15.08.09
- The Thermals, Berlin, 08.08.09
- The Thermals, Rüsselsheim, 21.07.07
- The Thermals, Köln, 19.12.06
- The Thermals, Paris, 02.12.06

* spontane Schätzung



 


3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

100% Zustimmung. Die Band hat einfach seltenes Ausnahmetalent und lebt Musik. Ich habe nach dem Konzert nur grinsende Gesichter gesehen. Euphorie!

Claudia hat gesagt…

Grandiose Einleitung! Hoffe The Thermals werden dich wirklich nie enttäuschen :-)!!

E. hat gesagt…

deine eingangsworte fordern widerspruch. ideal wäre eine band, die von mir aus keine schlechten alben veröffentlicht, dabei vor allem innovativ bleibt, also auch ihren stil verändern kann und die konzerte spielt, die diesen prozess widerspiegeln. yo la tengo sind ein gutes beispiel dafür.
the thermals glänzen auf einer anderen eben. die hast du korrekt beschrieben. ;-)

 

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