Dienstag, 13. Dezember 2016

Allo Darlin', London, 10.12.16


Konzert: Allo Darlin' (mit Night Flowers)
Ort: Moth-Club, London
Datum: 10.12.2016, 15 Uhr Show
Dauer:Allo Darlin' 90 min, Night Flowers knapp 35 min
Zuschauer: rund 300 (ausverkauft)



Als ich Allo Darlin' 2009 oder 2010 zum ersten Mal wahrnahn, war die australisch-englische Band eine sehr nette Indiepop-Gruppe mit vielen guten Liedern. Je mehr Stücke, Platten und Konzerte dazu kamen, desto größer wurde meine Liebe für Elizabeth, Paul, Bill und Michael. Allo Darlin' waren nicht mehr bloß eine von vielen Indiepop-Bands, sie waren DIE Indiepop-Band.

Nach dem wundervollen Debüt Allo Darlin' erschien 2012 der wundervolle Nachfolger Europe und 2014 dessen wundervoller Nachfolger We come from the same place. Das dritte Album war bereits schwierig, weil Sängerin Elizabeth Morris, die der Musik wegen aus Queensland nach England gezogen war, mittlerweile nach Italien gezogen war. Irgendwann in dieser Phase entstand wohl die Idee, Allo Darlin' zu beenden.

Im September eröffnete die Band ihren Fans das Ende: "Dear all, After eight years of playing, laughing, driving, dancing, singing and generally having the time of our lives, we are calling it a day. We will be playing our last show at the Scala in London, December 11th 2016." Ich stand damals in einer Schlange in der Bank und gab meinen Warteplatz auf, um mein Ticket mit dem Handy zu buchen. Ich wollte um nichts in der Welt dieses letzte Chance verpassen, all die großen Hits noch einmal zu hören, Elizabeths Ukulele und den hüpfenden Bill Botting zu sehen.

Die Band hatte nicht damit gerechnet, daß die Scala ausverkauft werden würde. Bei Facebook kommentierten Allo Darlin' immer wieder, es gebe genügend Tickets für alle. Eine Fehleinschätzung, denn das Konzert im 1.000er Club war ruckzuck ausverkauft. Daß die Band und ihr Label FortunaPOP! nicht damit gerechnet hatten, zeigte sich auch daran, daß es eine Weile dauerte, bis zwei Zusatzshows organisiert waren, sie sollten am Samstag im neuen MOTH Club in Hackney stattfinden. Beide. Eine um 20 Uhr und eine am Nachmittag um drei.


Wenn schon, denn schon. Wir waren natürlich zur Kaffeezeit da und wollten auch schon das erste Konzert sehen. 

Der MOTH Club (MOTH steht für Memorable Order Of Tin Heads) war früher ein Club für Südafrika-Veteranen. An den Wänden hängen Rangabzeichen und anderen militärische Erinnerungen, der Club selbst ist zweigeteilt, in eine winzige Bar vorne und einen wundervollen Saal mit Sitzecken am Rand, einer aus goldglitzernd bemalten Decke aus Rundbögen und einer mit Lametta im Hintergrund dekorierten Bühne. Wunderschön!


Die Nachmittags-Show war für uns so attraktiv, weil die fantastischen Night Flowers als Support auftraten. Für Eltern dagegen war das das perfekte Konzert, weil sie ihre Kinder mitbringen konnten. Das nutzen viele, überall standen Mütter und Väter mit teilweise arg jungen Kindern. Ich hatte vorher nie Konzerte besucht, bei denen Kinder gewickelt oder gestillt wurden. Allerdings wäre es schöner gewesen, wenn die Eltern ihren Säuglingen auch Ohrenschutz angezogen hätten. Es war enorm laut und viele der Kleinkinder hatten nichts in den Ohren.

Um 15 Uhr begannen Night Flowers, die ich natürlich auch vom Indietracks Festival kannte, woher auch sonst? Night Flowers kommen aus London und haben bisher nur Singles und EPs veröffentlicht. Die letzte Single Glow in the dark... leuchtet im Dunklen. Die fünf Night Flowers eröffneten das Konzert mit Amy, der B-Seite der neuen Single. Die Band hat zwei Sänger, Keyboarderin Sophia Pettit und Gitarrist Greg Ullyart wechseln sich ab. Ein wenig erinnern Night Flowers an die Pains Of Being Pure At Heart, sie sind live aber weniger krachig als die Pains. Beide Bands verbinden die verträumt-schönen Melodien. 


Das kurze Set war sehr schön, die Einladung an Night Flowers geschmackssicher. Allerdings hatte sie noch einen anderen Hintergrund. Greg vertrat Bill Botting als Bassist, als dessen Frau das erste Kind bekam. Er sei ihr fünftes Mitglied, erklärte Elizabeth Morris später.

Night Flowers waren ein perfekter Auftakt unseres Adieu Darlin' Wochenendes. Einzig schade war, daß Wahnsinns-Lieder wie Embers fast ein wenig untergingen, weil danach noch so viel Brillantes folgen sollte.

Setlist Night Flowers, Moth Club, London:

01: Amy
02: Single beds
03: Hey love (neu)
04: Sleep
05: Glow in the dark
06: Embers
07: Sitting pretty
08: Cruel wind

Die kommenden anderthalb Stunden sollten ein Lehrstück werden, wie man sich als Band stilvoll von seinen Fans verabschiedet.


Um vier Uhr kamen die vier Musiker auf die Bühne. Sie trugen T-Shirts mit "Allo" (Paul), "Darlin'" (Michael), Herzchen (Elizabeth) und "you" (Bill).

Wie emotional die Frontfrau war, merkte man ihr bei jeder Ansage und auch beim Singen an. Da war von Lachen bis Kloß im Hals alles vertreten. Dazu die ein wenig absurde Situation, daß die rechte Hälfte des Saals wie eine Krabbelgruppe aussah, es war besonders!



Allo Darlin' begannen mit If loneliness was art und dem Polaroid song vom ersten Album. Elizabeth bat schnell darum, daß wir mitsingen, nötig war das nicht. Auch bei dem nachfolgenden Kings and Queens, das vom schrecklich unaufmerksamen Publikum bei einem Konzert auf Tour mit den Wave Pictures in New Haven handelt (welche andere Band könnte so Lieder schreiben?), nicht. 


Ich bin kein riesiger Freund von mitfilmenden Konzertbesuchern. Von Capricornia erhoffe ich mir einen Mitschnitt! 300 Zuschauer und vier Musiker herrlich laut, es war wunderschön! Capricornia handelt von der Hochzeit von Elizabeths Schwester in Australien, zu der Allo Darlin' als Hochzeitsband "gebucht" waren. Es habe ein sehr langes Feuerwerk gegeben ("mein Vater liebt Feuerwerk!") und eine ganze Menge Coversongs von Allo Darlin'.

Den Text zu Woody Allen musste Elizabeth aus einer CD vom FortunaPOP!-Stand nehmen, um ihn wieder zu lernen. Die Band war (muß man leider jetzt sagen) natürlich viel zu stilvoll, um eine 0815-Setlist zu spielen, es fanden sich viele Perlen im anderthalbstündigen Programm.

Einer der kleineren Songs war Angela vom dritten Album, toll! Einer der großen Hits ist dagegen Dreaming, das erste Lied der ersten Platte. "Bill wird das singen. Es könnte sein, daß er dieses Stück jetzt zum letzten Mal singt! Bitte zeigt Bill, wie es Euch gefällt, wenn er singt!" Also gab es lauten Jubel, sobald der Gesangspart des Bassisten einsetzte. Bill grinste unter seinem Schnorres breiter und breiter! Danach kam sofort Silver Dollars, ein anderer Live-Knüller. Beim nachfolgenden Europe war ein Gastgeiger (Dan) auf der Bühne.

Und es ging auf dem Niveau weiter. Nur Hits, keine Füller. Die letzten drei Songs zum Beispiel: erst die erste Single Henry Rollins don't dance, dann My heart is a drummer und zum Abschluß die letzte Single Hymn on the 45, die doch noch auf Vinyl bei FortunaPOP! erschienen war. Dazu spielte Emma Cooper Saxophon, allerdings nicht die Emma Cooper, die unter Künstlername Emma Kupa später mit ihrer The Hayman Kupa Band auftreten sollte.

Nach kurzer Pause kam Elizabeth zurück und sang Tallulah alleine an der Ukulele. Die anderen drei kamen gut gelaunt zurück und spielten gemeinsam Kiss your lips.

Ach, es war ein fantastischer Nachmittag! Ich hatte vorher gedacht, daß es vielleicht keine Top-Idee ist, die gleiche Band zweimal am Tag zu sehen. Um 17:30 Uhr hielt ich es für die beste Idee meines Lebens!

Setlist Allo Darlin', MOTH Club, London:

01: If loneliness was art
02: The Polaroid song
03: Kings and Queens
04: Capricornia
05: Woody Allen
06: Angela
07: Crickets in the rain
08: Wonderland
09: Dreaming
10: Silver Dollars
11: Europe
12: Let's go swimming
13: My heart is a drummer
14: Henry Rollins don't dance
15: Hymn on the 45

16: Tallulah (Elizabeth solo) (Z)
17: Kiss your lips (Z)


Links:


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- Allo Darlin', Paris, 25.02.11
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